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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Er war allerdings nicht mehr kräftig genug, noch etwas zu
     sagen. Andere krümmten sich vor Schmerzen, doch waren ihre Sinne
     schon so weit geschwunden, dass sie meiner nicht mehr gewahrten. Wieder
     andere lagen schrecklich still danieder.
    Da erhob sich am anderen Ende
     des Dormitoriums eine Gestalt, die Scherben eines großen
     Wasserkruges in der Hand. Ich griff zum Schürhaken, doch dann ließ
     ich ihn wieder sinken, denn ich erkannte den Mann, der als Einziger noch
     gehen konnte zwischen all den Sterbenden.
    Es war Nicolas Garmel, der
     Bader, der Diener der Inquisition, der ehemalige Ketzer.
    »So hat Euch der
     Folterknecht endlich freigegeben, Bruder Ranulf?«, begrüßte
     er mich. »Ich hätte Euch schon vor Tagen die Kerkertüre
     aufgesperrt, allein dieser Mann ließ mich nicht einmal in die Nähe
     der Verliese kommen. Erst dann, als er selbst die Beulen im Leibe spürte,
     packte ihn die Furcht. Ich riet ihm, Euch freizugeben, auf dass seine
     Seele leichter sein möge.«
    »Was ist geschehen,
     Herr Garmel?«, fragte ich. »GOTT straft die Christenheit!«,
     sagte da der Bader und fasste sich an den Kopf. Er war müde, ein
     wilder Bart wucherte in seinem Gesicht, seine Haare waren fettig, seine
     Haut war schrundig und grau. »Es gibt kein Heil mehr, nirgends.«
    » Extra ecclesiam nulla salus« antwortete ich darauf. Da lachte
     er wie irre. »Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil, wie wahr
     Ihr doch sprecht, Bruder Ranulf. Doch wie sieht es denn innerhalb der
     Kirche aus? Seht Euch doch um!« Er wies auf die sterbenden Mönche
     im Dormitorium. »Ich bin allein«, flüsterte der Bader
     dann und sah aus, als wäre er den Tränen nahe. »Ihr wisst,
     warum ich oft genug hier gewesen bin im Kloster Saint-Martin-des-Champs.
    Der Inquisitor ließ
     mich auch vor einigen Tagen rufen. Ich sollte den jüdischen
     Geldwechsler wieder zu Sinnen bringen, doch die Folter war zu schwer
     gewesen. Als ich kam, stand ich schon vor einem Toten.
    Als ich wieder gehen wollte,
     da brach ein Bruder des Klosters mit Beulen in den Leisten zusammen. Wir
     brachten ihn in die Krankenstube. Dann aber sank ein zweiter Mönch
     danieder, dann ein dritter. Welche Schande, Bruder Ranulf: Als dies
     geschah, da flohen die meisten anderen.«
    Ich starrte ihn ungläubig
     an. »Die Mönche flohen aus dem Kloster?«, fragte ich und
     schüttelte den Kopf.
    »Das glaubt Ihr nicht,
     Bruder Ranulf? Oh, Ihr seid glücklich gewesen in Eurem Kerker, glaubt
     mir! Denn in Paris, da verlassen Kinder ihre Eltern und Eltern ihre
     Kinder. Die Frau verlässt ihren Mann, zeigen sich bei ihm die Male
     der Seuche; und der Mann verlässt seine Frau. Ärzte fliehen ihre
     Kranken, Apotheker rennen davon. Und ja, Priester weichen, als sei der
     Teufel hinter ihnen her. Wenn wir denn sterben müssen, wollen wir
     doch zuvor beichten.
    Aber da ist niemand mehr, der
     sich der armen Seelen annimmt. Wer ein Mann GOTTES ist, der ist geflohen
     oder tot. Der Bischof von Paris selbst ist aus der Stadt entwichen, wohin,
     das weiß man nicht.«
    »So schlimm ist es?«,
     murmelte ich. »Ja, so schlimm«, sagte Nicolas Garmel.
    »Wohl drei Dutzend Mönche
     flohen allein aus Saint-Martin-des-Champs. Diese Narren! Denn wohin mögen
     sie wohl laufen? Überall lauert doch die Seuche. Nirgends ist man
     mehr gefeit. So blieben denn nur einige Brüder und ich zurück,
     um die Kranken zu pflegen — und einer der beiden Folterknechte.
     Jener, der mir verbot, Euch zu befreien.
    Es dauerte nur wenige Tage,
     da war ich der einzige Mann, der sich noch auf den Beinen halten konnte.
     Ich pflegte die Mönche mit meiner ganzen Kunst. Der Garten hier ist
     doch reich an Heilkräutern! Das Wasser ist klar! Die Luft ist rein!
     Und doch sterben mir die Brüder unter den Händen. Ich kann
     nichts tun, rein gar nichts. Nicht einmal ihre schrecklichen Schmerzen
     vermag ich zu lindern. Ich bin so müde.«
    »Ich werde Euch helfen,
     Herr Garmel«, sagte ich und wollte mich sofort an die Arbeit
     begeben. Doch er gebot mir mit einer Geste Einhalt, dann schüttelte
     er erschöpft das Haupt. In jenem Augenblick sah ich, dass der Bader
     das Katharerkreuz an einer kleinen silbernen Kette um den Hals trug: das
     Kreuz, das im Kreis stand. Er bemerkte meinen Blick und lächelte
     schwach. »Ja, Bruder, ich bin wieder zum Ketzer geworden. Verzeiht
     mir, doch der Inquisition und der Kirche mag ich nicht mehr vertrauen.«
    »Tut, was Ihr tun müsst«,
    

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