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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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war niemand. Und selbst, als ich all
     meinen Mut zusammengenommen hatte und den Gang entlangschlich, welcher zu
     den Zellen des Priors, Meister Philippes und anderer hochgestellter Brüder
     führte, war meine Beherztheit umsonst, denn auch hier war es dunkel
     und still.
    So spukte ich denn im Kloster
     herum, als wäre ich selbst eine verlorene Seele, bis es Zeit wurde für
     die Nocturnes. Unauffällig reihte ich mich in die Kette der Mönche
     ein und schritt in die Kirche - mit Augenlidern und Beinen schwer wie Blei
     vor Müdigkeit, doch um nichts weiser als zuvor.
    *
    Am nächsten Morgen nahm
     mich Meister Philippe nach dem Mahl beiseite und lud mich ein, mit ihm im
     Kreuzgang zu wandeln. Langsam schritten wir um das Geviert. Licht fiel in
     den Hof, der Brunnen leuchtete, zwischen den Säulen, welche den
     Kreuzgang trugen, glänzte die Luft wie goldene Schleier. Doch es war
     noch kühl zu dieser frühen Stunde und fröstelnd verkroch
     ich mich in meiner Kutte, schlug die Kapuze hoch und schlang meine Arme
     ineinander. Der Inquisitor lächelte mich nachsichtig an. »Verzeih
     mir, mein junger Bruder«, hub er an, »du hast den langen,
     beschwerlichen Weg von den deutschen Landen bis nach Paris unternommen.
     Und hier bist du nun, statt an der Universität zu studieren, von
     morgens bis abends auf den Beinen, um einen finsteren Sünder zu
     jagen. Ich war etwas gedankenlos in meinem Eifer, das Böse zur
     Strecke zu bringen. Nicolas Garmel hat Heinrich von Lübeck
     aufgebahrt, heute Abend wollen wir ihn in geweihter Erde bestatten als Märtyrer
     seines Glaubens. Zuvor jedoch möchte ich vom Bader wissen, ob ihm,
     der den Toten entkleidet und gewaschen hat, vielleicht noch etwas
     aufgefallen sein mag.« Er deutete auf mich. »Du jedoch ruhst
     dich aus. Erstens schickt es sich nicht für einen jungen Mönch,
     das Fleisch zu betrachten, nicht einmal das eines toten Mitbruders. Und
     zweitens sollst du einen Tag haben, um zu Kräften zu kommen. Die Jagd
     nach dem Unhold wird länger dauern, als der Prior und ich zunächst
     gedacht hatten. Du wirst wohl noch viele Tage mit mir durch Paris
     streifen, bevor du endlich die Universität betreten darfst. Also
     nutze diesen Tag, um Seele und Leib zu sammeln.«
    Ich hätte ihm gerne
     widersprochen, denn längst hatte mich die Neugier gepackt. Die Jagd
     nach dem Sünder schien mir weit spannender und GOTT gefälliger
     zu sein als das Studium uralter Folianten - auch wenn ich über eine
     solche Aussage vor ein paar Tagen noch heftig gelacht hätte. Doch am
     Tonfall des Inquisitors erkannte ich, dass mein Flehen nichts nützen
     würde. Ich verneigte mich deshalb demütig und murmelte
     Dankesworte.
    Doch wo eine Sünde ist,
     da sind die anderen nicht weit. Nicht nur hatte ich mich im Geiste längst
     mit der Sünde der Wollust befleckt, auch Falschheit und Hochmut bemächtigten
     sich nun meiner. Ich dachte gar nicht daran, der Anweisung von Meister
     Philippe Folge zu leisten. Warum, so sagte ich mir, sollte ich im Kloster
     ausharren, wenn irgendwo auf den Straßen von Paris ein Mann
     herumlief, dessen Seele verdammt war? War nicht auch Faulheit eine der
     Todsünden? Würde ER es gerne sehen, dass ich untätig herumsäße,
     während der ältere Inquisitor die beschwerlichen Untersuchungen
     allein auf sich nahm?
    So redete ich mir selbst Mut
     zu - wie jeder Narr, der bereit ist, sehenden Auges in sein Unglück
     zu rennen.
    Ich wartete, ins Gebet
     versunken, in der Kirche, bis ich sicher war, dass Philippe de Touloubre
     das Kloster verlassen hatte. Viele meiner Mitbrüder beugten im
     Skriptorium oder in der Bibliothek ihre Häupter über heiligen
     Schriften und hatten keinen Blick für das, was außerhalb der
     Mauern ihrer Räume geschah. Ein paar ältere Mönche und die
     Novizen harkten den Kies im Kreuzgang und arbeiteten im Kräutergarten
     oder in der Küche.
    Doch wir Dominikaner beschränken
     uns ja nicht auf das klösterliche Leben. Brüder, denen GOTT in
     besonderem Maße die Gabe der Rede geschenkt hat, gehen hinaus in die
     Welt und predigen SEIN Wort zu den Menschen, wie Jesus es einst getan hat.
     So gingen auch im Kloster an der Rue Saint-Jacques einige Brüder,
     manche allein, andere in kleinen Gruppen, auf die Straße und
     strebten dort verschiedenen Kirchen und Plätzen zu, an denen sie SEIN
     Wort verkünden wollten.
    Ich nahm all meinen Mut
     zusammen, hüllte mich tief in meine Kapuze — und schritt dann
     mit der

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