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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Am Auffälligsten war jedoch seine Nase: Sie war lang,
     leicht nach rechts gebogen und von Wucherungen entstellt. Sie allein zerstörte
     Ebenmaß und Schönheit seiner Züge.
    Ich zwang mich, nicht auf
     seine entstellende Nase zu starren, als sich der Geldwechsler mit einer
     eleganten Bewegung erhob, die Urkunde zusammenrollte, sich formvollendet
     verbeugte und mich höflich begrüßte.
    »Womit kann ich Euch
     dienen?«, fragte er. Sein Französisch hatte denselben Akzent
     wie das des jungen Mannes, der sich, kaum dass wir eingetreten waren, auch
     schon wieder geräuschlos zurückgezogen hatte. Seine Stimme klang
     hoch und gepresst - eine Folge der Wucherungen, die ihm den Atem nahmen,
     vermutete ich. Zugleich bot er mir mit einer Geste einen Platz an.
    Ich nickte dankend und nahm
     auf einem der hochlehnigen Stühle Platz. Nie zuvor in meinem Leben
     hatte ich auf einem so bequemen Stuhl gesessen, doch bemühte ich
     mich, mir die angenehme Freude, die mich darob erfüllte, nicht
     anmerken zu lassen. Unterwegs hatte ich mir den Kopf zermartert, welche
     Geschichte ich dem Geldwechsler auftischen sollte, um mein Anliegen zu
     verschleiern. Doch schließlich beschloss ich, zu meinen vielen Sünden
     nicht auch noch die der Lüge hinzuzufügen. Außerdem fürchtete
     ich, dass ein Geldwechsler, erfahren in Dingen dieser Welt, mein Lügengespinst
     durchschauen könnte. Also blieb ich bei der Wahrheit. »Mein
     Name ist Ranulf Higden«, hub ich an. »Ich diene dem Inquisitor
     Meister Philippe de Touloubre. Wir untersuchen den Fall unseres so
     tragisch dahingeschiedenen Mitbruders Heinrich von Lübeck. Ihr habt
     davon gehört?«
    Pietro Datini blickte mich
     aufmerksam an, dann nickte er. Kein Wort kam über seine Lippen, seine
     Züge verrieten nichts: weder Interesse, noch Neugier, noch Entsetzen,
     Abscheu, Trauer oder sonst eine Reaktion, die man doch von einem
     Christenmenschen erwarten mochte.
    »Wir haben bei Heinrich
     von Lübeck einen Beutel mit Münzen gefunden. Nun fragen wir uns,
     wo die wohl herkommen mögen.« Dann beschrieb ich dem
     Geldwechsler möglichst genau die alten, doch wenig benutzten Gold-
     und Silberstücke, die der Tote bei sich gehabt hatte.
    »Wir Mönche sind
     arm«, fuhr ich fort. »Heinrich von Lübeck hat dieses Geld
     auch nicht von unserem Orden bekommen, um dafür irgendetwas zu
     kaufen. Wir wissen weder, wie er in den Besitz eines solchen Vermögens
     gelangte, noch, ob und — falls ja — wofür er es hätte
     ausgeben wollen. Da dachte ich mir, dass vielleicht ein so erfahrener und
     angesehener Geldwechsler wie Ihr, Herr Datini, etwas gehört habe.«
    »Was sollte ich denn
     gehört haben?«, fragte mich der Geldwechsler. Doch in seiner
     Stimme lag kein Spott, sondern auf einmal echtes Interesse.
    »Nun«, ich wusste
     nicht recht weiter, sprach jedoch rasch, da Datini meine Ratlosigkeit
     nicht bemerken sollte, »das Geld ist doch euer Geschäft. Hört
     Ihr da keine Gerüchte? Spricht es sich nicht in euren Kreisen herum,
     wenn da jemand Dutzende, vielleicht Hunderte Gold- und Silbermünzen
     hat? Sie vielleicht einzahlen will? Oder damit etwas kaufen möchte?
     Ein Mönch zumal — und noch dazu einer, der erst seit ein paar
     Tagen in Paris weilt?«
    »Wäre Heinrich von
     Lübeck mit so einem Vermögen zu einem Geldwechsler gegangen, ich
     hätte davon gehört. Nicht nur, wenn es sich dabei um einen
     Geldwechsler in Paris handelte, sondern um irgendeinen Geldwechsler im
     Abendland«, antwortete Datini bestimmt. »Es sei denn …«
     Er schien plötzlich nachdenklich zu werden. »Es sei denn was?«,
     hakte ich nach, plötzlich erregt wie ein Jäger, der einen Hirsch
     im Unterholz erspäht.
    »Es sei denn, er hat es
     von einem Juden«, antwortete Datini. Bevor ich empört
     aufspringen konnte, beschwichtigte er mich mit einer Handbewegung. »Verzeiht,
     Bruder, ich weiß, dass es ungehörig ist, einen Dominikaner auch
     nur mit einem Satz in die Nähe eines Juden zu rücken, doch will
     ich es Euch erklären: Geld — große Summen zumindest, wie
     Heinrich von Lübeck sie bei sich getragen hatte - bekommt ihr im
     Abendland von einigen ehrbaren christlichen Geldwechslerhäusern. Von
     angesehenen Häusern in Florenz und in der Lombardei, von den Fuggern
     und Welsern in deutschen Landen, von einigen Herren in Flandern.
    Wir mögen Rivalen sein
     in geschäftlichen Dingen, doch«, und hier lächelte Datini,
     »letztlich gibt es weniger große

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