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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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wer wir waren, da überzogen hektische rote Flecken
     sein Gesicht und der Schweiß trat ihm aus allen Poren, dass er ein
     Spitzentaschentuch hervorziehen musste und sich damit über das
     Gesicht fuhr.
    Der Inquisitor bemerkte dies
     wohl und lächelte dünn. »Keine Sorge, mein Freund«,
     fuhr er fort. »Ich möchte dir nur ein paar Fragen stellen.«
    »Gerne beantworten wir
     diese, Ihr Brüder vom Orden des heiligen Dominicus«, kam da
     eine Stimme aus einer links neben der Tür eingelassenen Wandnische.
     Eine Frauenstimme.
    Erschrocken fuhr ich herum
     und erblickte dort, an einem fein geschnitzten Lesepult stehend, eine sehr
     junge Frau, fast noch ein Mädchen. Ihr Gesicht war schmal und fein,
     ihre Augen glänzten dunkel wie Opale und ihr langes, schwarzes,
     lockiges Haar ließ sich nur widerwillig von einer golddurchwirkten
     Spitzenhaube bändigen. Sie trug ein langes, gegürtetes blaues
     Gewand aus edlem Florentiner Tuch, das ihr vom schlanken Hals bis zu den Füßen
     reichte. Ein schlichtes und doch würdevolles Kleid, das jedem Edelfräulein
     angemessen gewesen wäre, wäre da nicht dieser gelbe Flicken
     mitten auf der Brust gewesen, der die dünne blaue Wolle verunstaltete
     wie eine Wunde. Nun war es an mir, zu erbleichen und vor Angst zu zittern,
     denn es kam mir vor, als hätte mich diese junge Frau, die uns
     furchtlos anblickte, hinterrücks überfallen. Oh, ich Narr! Ich
     suchte den Mörder eines Mönches - und fand doch, wo ich auch
     hinblickte, bloß Frauen, die meine Sinne betörten und meinen
     Geist verwirrten. »Das ist Lea, meine Tochter«, murmelte der jüdische
     Geldwechsler und ich konnte sehen, wie unangenehm es ihm war, dass wir
     ihrer ansichtig wurden.
    Wir verneigten uns, das Lächeln
     auf Meister Philippes Zügen wurde eine Spur milder.
    »Was hat unseren so
     tragisch verstorbenen Bruder Heinrich von Lübeck in dieses Haus geführt?«,
     fragte der Inquisitor dann unvermittelt. Er machte sich nicht die Mühe
     nachzufragen, ob jener unbekannte Dominikaner überhaupt der unglückselige
     Mönch aus Deutschland gewesen war.
    Und richtig, Nechenja ben
     Isaak schluckte und nickte. »Er wollte, er kam zu mir, der Mönch
     suchte …« Der Geldwechsler brach seine unruhige Rede ab,
     sammelte sich und hub dann von vorne an. »Heinrich von Lübeck
     wollte von mir wissen, zu welchen Bedingungen er Geld von mir haben könne.«
     Er schwitzte wieder so stark, dass er zum Taschentuch greifen musste.
    Da, zu meiner großen
     Enttäuschung und meinem fast ebenso großen Schrecken, nickte
     Meister Philippe kurz und sagte: »Nechenja ben Isaak, wir wollen uns
     zurückziehen und unter vier Augen darüber sprechen.«   
    Einen Moment später
     waren die beiden durch die Tür verschwunden. Ich blieb ratlos zurück,
     gedemütigt wie ein Novize — und allein mit Lea.
    Scham ließ mein Gesicht
     glühen, auch wenn ich mir sagte, dass mir dies recht geschehe und mir
     eine Lehre sein sollte. Hatte ich nicht vor Meister Philippe von meinen
     Abenteuern geschwiegen? Hatte ich ihm so nicht gezeigt, dass es Gründe
     gab, mir nicht in allen Dingen zu vertrauen? Jetzt bekam ich die Rechnung
     dafür präsentiert. Der Inquisitor machte mir deutlich, dass er
     nicht gewillt war, sein Wissen mit mir zu teilen.                  
    Während mir diese
     Gedanken durch den Kopf schössen, bebte allerdings auch eine Art
     freudiger Schrecken in mir. Mir war sehr wohl bewusst, dass die junge Jüdin
     in der Bibliothek zurückgeblieben war und mich aufmerksam musterte.
    Doch was sollte ich nun tun?
     Wie lange mochte es dauern, bis Meister Philippe und der Geldwechsler zurückkehrten?
     Welche Worte sollte ich an Lea richten? Sollte ich sie befragen? Oder war
     es nicht vielmehr unschicklich, überhaupt ein Wort an sie zu richten?
     War es nicht gar schon eine Sünde, in ihrer Gegenwart auszuharren?
     Wenn man bedenkt, dass mich meine Mutter wahrscheinlich direkt nach meiner
     Geburt an jenem Abtritt ausgesetzt hatte, kann man wohl mit Fug und Recht
     behaupten, dass ich bis zu jenem Nachmittag im Haus in der Rue de la
     Juiverie noch nie in meinem Leben mit einer Frau allein war. Selbst an
     jenem Tag auf dem Grand Pont, da mich die Frau des Reeders angesprochen
     hatte, war zwar glücklicherweise niemand dabei gewesen, der uns
     kannte, doch waren Dutzende, vielleicht Hunderte Menschen an uns
     vorbeigegangen. Nun aber war ich allein. Mein Hals war wie zugeschnürt,
     ich

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