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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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antwortete Meister Philippe. »Das Volk mag uns
     Dominikaner nicht. Wenn wir nun zu ihm sprechen und kein Gehör
     finden, dann schadet dies unserem Orden noch mehr. Und sollten wir gar -
     was GOTT verhüten möge - als Handlanger des Prévôts
     gesehen werden, dann wird man uns schließlich allgemein verachten.
     Wir müssen dem Herrn de Lore unmissverständlich klarmachen, dass
     wir predigen, was wir für richtig halten. Andererseits müssen
     wir bis ins Detail mit ihm absprechen, wo und wann wir predigen sollen.
     Ich möchte, dass stets ein paar Sergeanten bereit stehen, wenn einer
     unserer Brüder zum Volk spricht. So viele Scharlatane und sündige
     Propheten, so viele Schwätzer und entlaufene Priester verstecken sich
     inzwischen in den Gassen von Paris, dass wir bedauerlicherweise bei jeder
     Predigt damit rechnen müssen, dass jemand aus der Menge das Wort
     ergreift, um die Gläubigen noch ärger zu verwirren.«
    »Ihr wollt, dass
     Sergeanten unsere Mitbrüder während ihrer Predigten schützen?«,
     fragte der Prior ungläubig.
    »Unterschätzt
     nicht die Unruhe in Paris, Ehrwürdiger Vater«, mahnte der
     Inquisitor. »Ich will nicht, dass einer unserer Mitbrüder von
     einigen irregeleiteten Sündern verprügelt wird, und ich will
     erst recht nicht, dass noch ein Dominikaner stirbt.«
    Bruder Carbonnet wurde blass
     und schwieg für eine lange Zeit. »So weit ist es also schon
     gekommen, HERR«, murmelte er schließlich. Dann seufzte er und
     tat uns noch mit allerlei Zeichen kund, dass seine Seele Qualen litt. Doch
     schließlich nickte er.
    »Gut. Geht zum Grand Châtelet
     und redet mit dem Prévôt. Besprecht mit ihm alle
     Einzelheiten. Erst dann will ich die Brüder hinausschicken. Pax vobiscum.«
    Der Inquisitor verneigte sich
     und eilte hinaus — und wie selbstverständlich nahm er mich mit.
    *
    Draußen auf den Straßen
     war es heiß und stickig. Die Luft brannte in den Lungen, als würde
     sie von tausend Flammen erhitzt. Mir war, als seien dies die Feuer der Hölle,
     und mit einem Mal war mir nicht mehr wohl. Ansonsten hätte dies ein
     Tag wie jeder andere sein können: Mensch und Tier drängten sich
     auf den Gassen, die Leute riefen, schrien und lachten durcheinander, ein
     paar junge Burschen spielten Ball, ungeachtet der Hitze. Ochsen und Esel
     schwitzten weiße Schaumflocken aus und waren zu müde, um Laut
     zu geben. Doch sah man genauer hin, dann fielen einem die Gesichter der
     Menschen auf: Viele, die fremd waren in Paris, sahen sich staunend um. Bei
     manchen blitzte die Angst in ihren Augen auf, bei anderen der Aufruhr. So
     mancher warf uns ein freches Wort hinterher, als wir die Rue Saint-Jacques
     Richtung Fluss entlangschritten. »Paris ist ein Kessel, der Teufel
     schürt das Feuer und braut in den Gassen den Hass zusammen wie einen
     Hexentrank«, murmelte Meister Philippe unvermittelt.
    Ich schlug das Kreuz. »Wie
     meint Ihr das, Herr?«
    »Nun, ich war in den
     letzten Tagen des Öfteren in der Stadt. Ich habe Augen, um zu sehen,
     und Ohren, um zu hören. Die Menschen haben Angst vor der Seuche und
     noch mehr Angst vor den Geschichten, die man allerorten über diese
     Seuche erzählt. Doch wer sich fürchtet, will einen Schuldigen für
     diese Misere sehen. Wer aber glaubst du, Bruder Ranulf, ist dieser
     Schuldige?«
    Ich dachte nach. »Wir
     alle, da wir Sünder sind«, antwortete ich ihm schließlich.
     »GOTT straft uns, auf dass wir in unserem falschen Tun innehalten
     und zu ihm finden.«
    »So kannst du als
     Prediger sprechen und ich werde dich loben dafür«, versetzte
     der Inquisitor. »Doch so denken die meisten Menschen nicht, wenn sie
     allein sind mit ihrer Angst. Sie suchen einen Schuldigen — und sie
     werden niemals glauben, dass sie selbst Schuld auf sich geladen haben.«
    »Und was folgert Ihr
     daraus?«, wollte ich wissen.
    »Mich plagt die gleiche
     Sorge, die auch den Prévôt umtreibt: Die Menge wird sich
     einen Schuldigen suchen. Vielleicht entlädt sich der Zorn gegen die
     Vaganten und all die Fremden, die nun in unseren Mauern weilen. Vielleicht
     gegen den König, den Prévôt und seine Sergeanten.
     Vielleicht aber auch gegen uns Mönche, vor allem uns Dominikaner.«
    Ich erschrak. »Und was
     sollen wir tun?«
    »Predigen«,
     erwiderte der Inquisitor und lächelte. »Und dem Volk den wahren
     Sünder präsentieren. Wir müssen ihn nur noch finden.«
     Den Rest des Weges legten wir rasch und schweigend zurück. Ich
    

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