In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught
diesen Dingern. Ihre Freunde waren im Adressbuch verzeichnet, Stundenplan und Termine im Kalender, ihre Lieblingssongs in der Playlist, Fotos, die sie zum Lächeln brachten - wie das mit Micky Maus -, im Foto-Ordner.
Hester Crimsteins Vorwurf war nicht von der Hand zu weisen. Es gab zwar wirklich keine Hinweise darauf, dass Dan Mercer Gewalt angewandt oder gar irgendjemanden vergewaltigt hatte, außerdem waren seine bisher bekannten Opfer deutlich
jünger als Haley, und ehrlich gesagt konnte man auch die Tatsache, dass seine Exfrau im gleichen Ort wohnte, nicht als Alarmzeichen werten - trotzdem machten Crimsteins Worte über seine Inkompetenz ihm zu schaffen. Besonders, weil er ahnte, dass darin ein Anflug von Wahrheit enthalten war.
Er hätte das prüfen müssen.
»Also«, sagte Stanton, »ich werde jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen, aber das hier ist etwas seltsam. Wie jeder Teenager hat Haley sich eine Menge Songs aus dem Internet heruntergeladen, aber nur bis zu ihrem Verschwinden. Seitdem ist sie auch nicht mehr im Internet gesurft. Na ja, also man sieht jede Seite, die sie sich auf ihrem iPhone angesehen hat, weil das beim Provider auf dem Server gespeichert wurde. Die Liste habt ihr ja schon bekommen, daher wisst ihr das, was ich in ihrem eigenen Browser gefunden habe, bereits. Sie hatte sich ein paar Mal die Website der University of Virginia angeguckt - es hat sie wohl ziemlich mitgenommen, dass die sie nicht genommen haben, oder?«
»Das stimmt.«
»Außerdem hat sie eine Lynn Jalowski gegoogelt, eine Lacrosse-Spielerin aus West Orange, die einen Studienplatz in Virginia gekriegt hat. Wahrscheinlich hat Haley die als ihre große Rivalin angesehen.«
»Ja, das wissen wir alles schon«, sagte Frank.
»Stimmt, der Server - dann wisst ihr auch über die Chats, die SMS und so weiter Bescheid, wobei ich dazusagen muss, dass Haley da weniger aktiv war als viele ihrer Altersgenossinnen. Aber hier ist ein weiteres App, und das konnten wir uns noch nicht ansehen. Es ist für Google Earth. Das kennt ihr doch, oder?«
»Erklär’s ruhig nochmal.«
»Im Prinzip ist das ein eingebautes GPS-Programm.«
Stanton nahm Haleys iPhone und tippte auf ein Bild der Erde. Die Kugel fing an zu rotieren, dann zoomte eine Satellitenkamera herunter, während der Planet immer näher kam - erst die USA, dann die Ostküste, dann New Jersey -, bis sie schließlich etwa hundert Meter von dem Gebäude, in dem sie sich gerade befanden, stoppte. Unter dem Bild stand: »50 W Market Street, Newark, NJ.«
Franks Unterkiefer klappte herunter. »Zeigt das Ding uns jeden Ort an, an dem das iPhone war?«
»Schön wär’s«, sagte Stanton. »Nein. Nur, wenn das Programm läuft. Das tat es bei Haley nicht. Aber man kann jede Adresse oder jeden Ort angeben und sich das Satellitenfoto davon auf der Karte anzeigen lassen. Na ja, ich hab nochmal bei ein paar Fachleuten nachgefragt, wie das genau funktioniert, aber ich glaube, Google Earth läuft direkt auf dem iPhone hier, so dass ihr auf dem Server nichts von der Suche mitgekriegt habt. Leider lässt sich im Verlauf des Browsers auch nicht feststellen, wann diese Suche durchgeführt wurde.«
»Und Haley hat sich auf Google Earth ein paar Orte angeguckt?«
»Genau zwei, seit sie sich dieses App heruntergeladen hat.«
»Und?«
»Der erste war ihr Zuhause. Ich nehme an, dass sie es nach dem Herunterladen mal ausprobiert hat, worauf das Programm ihren aktuellen Standort angezeigt hat. Das zählt also nicht so richtig.«
»Und der zweite?«
Stanton klickte, und der Google-Earth-Globus drehte sich wieder. Sie sahen, wie New Jersey immer weiter herangezoomt wurde. Dann verharrte das Bild in einem Waldgebiet mit einem einzelnen Gebäude in der Mitte.
»Ringwood State Park«, verkündete Stanton. »Das ist ungefähr
sechzig Kilometer von hier. Mitten in den Ramapo Mountains. Das Gebäude da ist das Skyland Manor mitten im Park. Drumherum sind mindestens zwanzig Quadratkilometer Wald.«
Einen Moment lang waren alle still. Frank spürte, wie sein Herz zu rasen anfing. Er sah Walker an. Niemand sagte etwas. Sie wussten, was jetzt passieren musste. Wenn einem so etwas in den Schoß fiel, konnte man gar nicht anders handeln. Der Park war verdammt groß. Frank wusste noch, wie sich da vor ein paar Jahren eine Gruppe Abenteurer über einen Monat versteckt gehalten hatte. Da konnte man zwischen Bäumen und Sträuchern unentdeckt einen kleinen Unterschlupf bauen und jemanden darin
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