In sündiger Silvesternacht
Angestellten, hinter ihm Joe, der sich die blutende Nase hielt.
Es war vielleicht nicht die beste Lösung, aber zumindest hatte er etwas Druck abgebaut. Leider konnte er in Bezug auf Claire nicht so leicht Ordnung in seine Gefühle bringen. Sie war viel komplizierter. Vermutlich schloss sie ihn jetzt aus ihrem Leben aus.
Deshalb tat er genau das, was sie im Moment garantiert am wenigsten wollte: Er fuhr direkt zu ihrem Haus, um dort auf sie zu warten.
Claire war froh, Malcolm Thatcher in seinem Büro anzutreffen, denn sie war sich nicht sicher, ob ihr Mut sie nicht verlassen würde, wenn sie warten müsste. Sie hatte ihrem zukünftigen Chef etwas mitzuteilen, und das hätte sie auch in die Gegensprechanlage gesprochen, selbst wenn er sich die Nachricht dann von seinem Sicherheitsteam hätte vorspielen lassen müssen.
„Claire.“ Malcolm begrüßte sie im Empfangsbereich. „Ist alles in Ordnung?“
„Haben Sie gesehen, was heute in den Blogs kursiert?“ Als Antwort reichte ihr ein Blick in sein gerötetes Gesicht. „Tja, das ist genau der Grund, weshalb ich hier bin. Können wir uns in Ihrem Büro unterhalten?“
„Selbstverständlich.“
Er führte sie in sein makellos ordentliches Eckbüro und bot ihr einen Platz an. Claire lehnte es ab, sich zu setzen. Sie wollte lieber im Stehen sprechen. „Also gut, ich fange einfach an.“ Sie atmete tief durch. „Eine kluge Frau hat mir mal gesagt, dass ich mich entscheiden und herausfinden muss, was wichtig für mich ist. Das weiß ich schon seit langem sehr genau. Ich will ans Berufungsgericht. Berufungsverfahren waren schon immer meine Leidenschaft.“
„Wir sind natürlich hocherfreut, das zu hören“, setzte Mr Thatcher an, „aber …“
Sie hob einen Finger. „Nein, lassen Sie mich aussprechen. Ich liebe diese Fälle, und ich will in dem Bereich praktizieren. Das würde ich sehr gern hier in dieser Kanzlei tun, aber wenn das nicht möglich ist, werde ich woanders eine Stelle finden. Lassen Sie mich ganz deutlich werden: Mir geht es nicht nur darum, ob Sie mich bitten zu gehen, weil heute früh dieses widerliche Foto aufgetaucht ist. Mir geht es genauso darum, ob Sie mich wegen irgendwelcher anderen Fotos ablehnen. Ich gebe zu, das Bild aus dem Fahrstuhl ist wirklich die Höhe, und ich übernehme dafür die Verantwortung, aber ein Foto davon, wie Ty Coleman und ich uns küssen? Entschuldigen Sie, aber das hat nichts mit meinen Fähigkeiten als Juristin zu tun. Wenn Sie also nicht wollen, dass ich gehe, dann bitten Sie mich auch nicht, in Zukunft nicht mehr in den Medien und im Internet zu aufzutauchen, denn das lässt sich nicht vermeiden, weil ich vorhabe, auch in Zukunft mit Mr Coleman zusammen zu sein. Mehr noch als nach einer Stelle am Berufungsgericht sehne ich mich nach ihm, und ich werde nicht zulassen, dass irgendjemand über mein Verhalten urteilt, den dieses Thema im Grunde nichts angeht.“
Malcolm nickte. „Ich verstehe. Dann wünsche ich Ihnen beiden alles Gute.“
Claire hielt den Atem an, weil sie sich die Enttäuschung über diese deutliche Abfuhr nicht anmerken lassen wollte.
„Natürlich hoffe ich, dass sie sich bei uns wohl genug fühlen, um den Job in unserer Kanzlei zu übernehmen. Denn nur so könnten wir Ihnen zeigen, dass es andere Seiten an uns gibt als unser vielleicht etwas unglücklich vorgetragener Wunsch, Sie möchten sich nicht mehr mit Mr Coleman in der Öffentlichkeit sehen lassen.“
Verwundert schüttelte sie den Kopf. „Verstehe ich Sie richtig? Sie ziehen Ihr Stellenangebot nicht zurück?“
„Ganz im Gegenteil. Gerade eben haben Sie die Charakterzüge gezeigt, die uns von Anfang an so sehr an Ihnen gefallen haben. Sie haben Leidenschaft, und Sie können sehr beharrlich und überzeugend sein.“ Er stand auf und streckte die Hand aus. „Genießen Sie Ihre restliche Zeit bei der Richterin. Der öffentliche Aufruhr wird abebben, Claire, das ist bei solchen Geschichten immer so.“
Er hat recht, dachte sie. Jeder Skandal verblasst mit der Zeit.
Liebe dagegen konnte eine Ewigkeit andauern. So lange wie ein Leben oder eine Beziehung. Dafür musste man sie nur am Leben erhalten.
Genau das wollte sie tun. Nicht eine Sekunde wollte sie noch damit warten, ihr gemeinsames Leben mit Ty zu beginnen.
Diesmal allerdings überlegte sie sich schon auf der Rückfahrt, was sie sagen würde. Sie wollte ihn anrufen und ihn zu sich einladen, und sobald er kam, würde sie ihm alles ganz offen erklären, denn sie war bereit
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