In tödlicher Gefahr
stellte ihr Glas ab. „Wenn du dir einbildest, ich finanziere ein neues Unternehmen, vergiss es. Die Bank ist geschlossen, Freundchen. Auf Dauer.“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, das Geschäft ist finanziert. Was ich von dir brauche, sind vier- oder fünfhundert Eier, bis der Deal durch ist.“
„Ach ja, wieder einer deiner Deals.“
„Guck nicht so skeptisch. Ich werde echtes Geld machen. Willst du nicht wissen, wie?“
„Also gut, ich gebe zu, ich bin neugierig. Was ist es diesmal? Verkaufst du Tickets für eine Reise zum Mond? Oder hast du irgendwo eine Goldmine entdeckt und suchst Investoren? Also los, Ian, sag’s mir, wer ist das nächste Opfer?“
Er lehnte sich zurück und freute sich auf den Ausdruck in ihrem Gesicht. „Abbie DiAngelo.“
Ihr herablassendes Lächeln schwand. „Irenes Tochter?“
„Kennst du eine andere Abbie DiAngelo?“
„Wo steckt sie?“
„Princeton, New Jersey. Sie besitzt dort ein schickes Restaurant, und es geht ihr ziemlich gut.“ Er schnaubte verächtlich. „Wenn man sie allerdings reden hört, schafft sie es kaum, sich nach der Decke zu strecken.“
„Und die gibt dir Geld, damit du dein eigenes Geschäft aufmachen kannst?“ Liz lachte. „Nun mach mal halblang.“
„Sie wird mir das Geld geben“, sagte Ian mit leiser Stimme, „weil ihr keine andere Wahl bleibt. Ich weiß etwas über Irene, das sie ruinieren kann.“
„Was brabbelst du da?“
Endlich hatte er ihre Aufmerksamkeit. Gut. Jetzt musste er nur noch so überzeugend sein, wie er es bei Abbie gewesen war. „Irene hat unseren Vater umgebracht“, erklärte er ruhig.
Liz’ Miene versteinerte sich. „Wie bitte?“
Er wiederholte fast wortwörtlich, was er auch Abbie erzählt hatte. Und es sei pures Glück gewesen, dass sein alter Freund Earl Kramer Abbies Fernsehinterview gesehen habe.
Liz lauschte mit angespannter Miene und befeuchtete sich gelegentlich mit der Zungenspitze die Lippen. Er sah, dass seine Eröffnung sie hart getroffen hatte. Als er fertig war, senkte sie den Blick ins Glas, das sie mit beiden Händen hielt.
„Warum hast du mir nie was von dem Brief erzählt?“ fragte sie schließlich.
„Ich hatte ihn ganz vergessen“, erwiderte er wahrheitsgemäß. „Als Earl dann anrief, wurde mir klar, dass der Brief den Fall untermauert.“
Doch Liz schüttelte den Kopf. „Tut er nicht. Jeder weiß, dass Dad mit seiner ekelhaften Angewohnheit, im Bett zu rauchen, seinen Tod selbst verschuldet hat. Es ist ein Wunder, dass er das Haus nicht schon früher abgefackelt hat.“
„So ist es nicht gewesen.“
„Woher willst du wissen, dass dein Freund die Geschichte nicht erfunden hat?“
„Weil ich Earl kenne.“
„Und er ist bereit, die Tat zu gestehen?“
„Wenn es so weit kommt, ja. Aber das wird es nicht.“
Mit leerem Ausdruck starrte Liz in die Ferne. „Irene“, sagte sie ruhig, als ob sie mit sich selbst sprechen würde. „Die liebe Irene. Wer hätte das gedacht?“
„Ich. Unter all ihrer Freundlichkeit war diese Frau ein Luder. Das habe ich immer gewusst. Du doch auch, oder?“
Liz drehte spielerisch ihr Glas auf dem Tisch. Er sah, dass sie immer noch skeptisch war. „Du und dein Freund, ihr seid Kriminelle“, sagte sie wie als Antwort auf seine Gedanken. „Irene DiAngelo ist eine ehrbare Frau. Was glaubst du wohl, wem die Bullen glauben, wenn sie die Anschuldigungen bestreitet? Zwei Knackis oder der heiligen Irene?“
„Das ist ja das Schöne, Liz, Irene kann die Anschuldigungen nicht bestreiten. Sie ist
loco
.“
„Was?“
„Die alte Dame fällt langsam auseinander.“ Er machte eine Pause, ehe er die Bombe platzen ließ. „Sie hat Alzheimer.“
Liz goss sich den Rest Mineralwasser ein. „Wie ich sehe, hast du dich nicht verändert. Du hast immer noch die Moral eines Straßenkaters.“
„Und du bist ein wahres Tugendschaf, was?“
„Nein, aber ich würde nie die Krankheit eines Menschen ausnutzen.“
„Nun ja, dann sind wir in dieser Hinsicht wohl verschieden.“
„Du wirst wieder im Gefängnis landen, Ian.“
„Wie kommst du darauf?“
„Und wenn Abbie dich nun anzeigt?“
„Wird sie nicht. Der Brief hat sie richtig erschüttert. Sie wird ihrer Mutter den Albtraum einer Anklage nicht antun wollen. Und ihrem Sohn auch nicht.“
Liz zog die schmalen blonden Brauen hoch. „Sie hat einen Sohn?“
„Er heißt Ben und ist neun. Verstehst du? Für sie steht zu viel auf dem Spiel. Deshalb gibt sie mir das Geld.“
Wieder verfiel Liz
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