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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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der Boss bekommt einen zusätzlichen Anteil.«
    »In Ordnung. Wer ist dieser Mann?«
    Signor Kristatos hob seine Hand zu dem Stumpen in seinem Mund. Er ließ sie dort und sprach hinter vorgehaltener Hand: »Man nennt ihn ‚Die Taube‘, Enrico Colombo. Er ist der Besitzer dieses Restaurants. Darum habe ich Sie hergebracht, damit Sie ihn sehen. Es ist der fette Mann, der mit der Blondine zusammensitzt. Am Tisch bei der
cassa
. Sie stammt aus Wien. Ihr Name ist Lisl Baum. Eine Edelprostituierte.«
    »Tatsächlich?«, fragte Bond nachdenklich. Er musste nicht hinsehen. Er hatte die Frau bemerkt, sobald sie sich an den Tisch gesetzt hatte. Jeder Mann im Restaurant musste sie bemerkt haben. Sie hatte die fröhliche und entgegenkommende Art, die für Wienerinnen angeblich typisch war und die doch so wenige von ihnen besaßen. Sie strahlte etwas Lebhaftes und Charmantes aus, das ihre Ecke des Raums erhellte. Sie trug ihr aschblondes Haar in einem wilden Bob, hatte eine freche Stupsnase, einen breiten lachenden Mund und ein schwarzes Samtband um den Hals. James Bond wusste, dass sie ihn im Laufe des Abends gelegentlich angesehen hatte. Ihr Begleiter schien der typische reiche, fröhliche Lebemann zu sein, den sie sich gerne eine Zeit lang als Liebhaber hielt. Er würde dafür sorgen, dass sie sich amüsierte. Er würde großzügig sein. Und keine Seite würde es hinterher bedauern. Alles in allem gefiel der Mann Bond irgendwie. Er mochte lebenslustige, herzliche Menschen. Da er, Bond, die Frau ohnehin nicht haben konnte, war er zufrieden gewesen, sie in guten Händen zu sehen. Aber nun? Bond warf ihnen einen Seitenblick zu. Das Paar lachte über etwas. Der Mann tätschelte ihre Wange, erhob sich und ging durch die Tür, auf der UFFICIO stand. Dies war also der Mann, der die große Pipeline nach England leitete. Der Mann, auf dessen Kopf M hunderttausend Pfund ausgesetzt hatte. Der Mann, den Bond für Kristatos umbringen sollte. Dann musste er wohl langsam mal in die Gänge kommen. Bond starrte die Frau durch den Raum hinweg unhöflich an. Als sie ihren Kopf hob und ihn ansah, lächelte er ihr zu. Ihr Blick glitt an ihm vorbei, aber da war ein flüchtig angedeutetes Lächeln, wie zu sich selbst. Und als sie eine Zigarette aus einem Etui nahm, sie anzündete und den Rauch direkt zur Decke hinauf blies, stellte sie damit ihren Hals und das Profil zur Schau, und Bond wusste, dass diese Geste für ihn gedacht war.
    Bald würden die Gäste hereinströmen, die bis eben noch im Kino gewesen waren. Der
maître d’hôtel
überwachte das Abräumen und neuerliche Eindecken der unbesetzten Tische. Es war das übliche Rascheln der Servietten und das Klirren der Gläser und des Bestecks zu hören. Flüchtig nahm Bond wahr, wie der leere Stuhl an seinem Tisch an einen anderen für sechs Personen gestellt wurde. Er begann, Kristatos genaue Fragen zu stellen – über Enrico Colombos persönliche Gewohnheiten, wo er wohnte, die Adresse seiner Firma in Mailand, welche anderen geschäftlichen Interessen er hatte. Dabei bemerkte er nicht, wie der leere Stuhl von seinem neuen Tisch an den nächsten wanderte, und dann noch einen weiter, bis er schließlich in der Tür mit der Aufschrift UFFICIO verschwand. Es gab keinen Grund, warum es ihm hätte auffallen sollen.
    Nachdem der Stuhl in sein Büro gebracht worden war, scheuchte Enrico Colombo den
maître d’hôtel
mit einer Handbewegung davon und verschloss die Tür hinter ihm. Dann ging er zu dem Stuhl, löste das Sitzkissen und legte es auf seinen Schreibtisch. Er öffnete den Reißverschluss an einer Seite des Kissens und zog ein Aufnahmegerät von Grundig heraus. Er stellte es ab, spulte das Band zurück, holte es heraus und steckte es in ein Abspielgerät. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, zündete sich eine Zigarette an und lauschte. Dabei passte er gelegentlich Lautstärke und Geschwindigkeit an oder wiederholte Passagen. Am Ende, als Bonds blecherne Stimme »Tatsächlich?« sagte und ein langes Schweigen, durchsetzt mit den Hintergrundgeräuschen des Restaurants, folgte, schaltete Enrico Colombo das Gerät ab. Eine ganze Minute starrte er darauf. Sein Gesichtsausdruck war hoch konzentriert, verriet aber nichts. Dann schaute er daran vorbei ins Nichts und flüsterte: »Dieser Mistkerl.« Langsam kam er auf die Beine, ging zur Tür und schloss sie auf. Er warf noch einen letzten Blick auf das Grundig-Gerät, wiederholte »Dieser Mistkerl« noch einmal lauter, ging hinaus und

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