In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
nicht um«, sagte ich.
»Dein Wille soll geschehen, Großer Bock«, sprach sie, und ihre Augen, indessen sie das Gitter aufstieß, waren trunken vor Glück bei dem Gedanken, daß ihre Sippe Fortpflanzung erführe.
Doch sie folgte meinem Befehl, und ich kehrte zu den Freunden zurück. In meiner Abwesenheit waren sie gut vorangekommen, hatten den in ein Laken gehüllten Leichnam der Hure gänzlich freigelegt.
»Heiliger Bimbam, wo bleibt da die Gerechtigkeit?« hauchte Merdanson. »Während du Unzucht treibst, müssen wir anderen schuften.«
»Merdanson, spotte nicht, ich wäre lieber tausend Meilen fort gewesen.«
»Wer dein Schreien hörte, hätte es nicht glauben mögen.«
»Hab ich geschrien?«
»Wie ein Dämon.«
Mich überlief ein Schauer, denn ich hatte mich nicht schreien hören und sah nun auch, daß dem Mond jenes übernatürliche Gleißen fehlte, mit dem er der mich so frenetisch reitenden Zauberin das Gesicht erhellt hatte.
»Da du der kleinen Muschel so zugetan bist, daß du es gar mit einer Hexe treibst«, fuhr Merdanson fort, »wirst du jetzt indie Grube steigen und der Hure einen Strick um die Schultern und die Beine legen, damit wir sie raushieven können. Höchste Zeit, daß du was tust.«
Und neuerlich eine derbe Zote, die ich hier besser nicht wiederhole. Merdanson meinte es freilich nicht böse, er war gemein mit dem Mundwerk, nicht im Herzen. So hielt ich den Schnabel und stieg in die Grube, doch mein Fuß rutschte aus, ich fiel längelang hin auf die arme Hure, die sich eiskalt anfühlte. Ha! durchfuhr es mich, nichts ist schlimmer als der Tod! Die Hexe und ihre Höllenwärme waren mir da noch lieber! Voller Ekel erhob ich mich wieder und tat, wie Merdanson mich geheißen, was gar nicht einfach war, weil die Kurtisane ein stattliches, fülliges Weib gewesen und nun in ihrer Totenstarre lag.
Es hätte ihrer vier bedurft, sie aus der Grube zu ziehen. Schwitzend und keuchend schafften wir es zu dritt, weil Carajac den Einfall hatte, das freie Seilende am Eisengitter des nebenan befindlichen Grabmals zu befestigen. Aus einer Decke und zwei langen Stecken hatte Carajac eine Trage gefertigt, auf der wir den Leichnam niederlegten.
Das Waisenkind bereitete weniger Mühe, es war so leicht, daß Carajac es, in eine Decke gewickelt, schultern konnte, indessen Merdanson und ich die Bahre mit der Kurtisane bei wankem Gang und zitternden Armen zu Cabassus’ Behausung schleppten.
Cabassus, das Licht unserer Blendlaterne gewahrend, hatte sein Logis mit den von uns mitgebrachten Kerzen erhellt, auch die fünf Arme eines Kirchenleuchters damit bestückt, den er wohl aus einer Kapelle entwendet hatte. Wir legten den Leichnam der Hure auf die Tischplatte, und ich hielt den Leuchter darüber, während Merdanson mit dem Skalpell den Heftfaden des Lakens, welches die Tote einhüllte, heraustrennte.
»Heiliger Bimbam, war das ein Prachtweib!« sagte er, als das Laken den weißen Leib der Hure freigab. »Freunde, seht diese Schultern, die großen Brüste, die breiten Hüften, die langen Beine, die sie jeden Tag spreizen mußte für ihre Kundschaft. Heiliger Bimbam, wäre sie noch am Leben, ich würde sie nicht mit meinem Skalpell auftun! Eine so schöne junge Frau! Ein Jammer! So gesund und so kernig! Cabassus, weißt du, welche Krankheit ihr das Lebenslicht ausgeblasen hat?«
»Sie ist gestern im Kindbett gestorben, verblutet.«
»Und das Kind?« fragte ich.
»Tot geboren, wofür man Gott, den es nicht gibt, nur danken kann.«
»Also, an welcher Stelle öffnen wir sie?« fragte Merdanson.
»Am Brustkorb«, sagte Carajac. »Ich bin begierig, das Herz zu sehen und die Kanäle, die es mit Flüssigkeit speisen.«
»Nein, fangen wir mit den
genitalia
an«, sagte ich. »Die drei Leichen, die man uns in der Schule seziert hat, waren männlichen Geschlechts, auch der Affe. Nun haben wir hier zum Glück eine Frau – fangen wir also bei dem an, was sie zum Weibe macht.«
»Siorac hat recht«, sagte Merdanson. »Das Herz können wir ja, bevor wir die Frau wieder begraben, heraustrennen und Carajac schenken, damit er daheim in Muße dran arbeite.«
Dies schien Carajac zufriedenzustellen.
»Siorac, leuchte mir, wenn ich zu schneiden beginne«, sagte Merdanson. »Mein Skalpell tut jetzt auf, was dem Manne der Ort der Wollust ist; von da aus will ich dann bis zur Gebärmutter und zu den Eierstöcken alles erkunden.«
Merdanson war jüngst zum Bakkalaureus der Medizin erhoben worden, hoch gelobt von Saporta
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