In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Carajac zu überzeugen, er müsse, falls in einer Biegung die Häscher auftauchten, das sträfliche Bündel schnell über eine Mauer werfen, doch er fürchtete, ein so zartes Organ könne beim Aufprall Schaden nehmen. Vergeblich hielt ich ihm entgegen, der Schaden wäre schlimmer, wenn wir auf der Galeere endeten: sein Wissensdrang war so gewaltig, daß er sich von dem Bündelchen nicht trennen mochte. Da schwor ich mir in meinem Innersten, mich nie mehr mit so halsstarrigen Burschen auf derlei Abenteuer einzulassen.
Gottlob erreichte Carajac mit dem Herzen der Dame (er hielt sich sonst den Weiberröcken fern) sein Zuhause. Ich war um so erleichterter, als ich nun keinen Begleiter mehr hatte und fortan nichts mein Herkommen und Tun hätte verraten können. So meinte ich, allenfalls nächtliche Diebe noch fürchten zu müssen, weshalb ich meine Waffe aus der Scheide zog und mitten auf der Straße schritt.
Der Marsch hatte mich erhitzt. Ich streifte Handschuhe und Maske ab und steckte sie in mein Wams. Das Kurzschwert in der einen und die Laterne in der anderen Hand, ging ich vergnüglichhin, atmete die nächtliche Frische und wähnte mich den Dornen und Schlangen dieser gefahrvollen Unternehmung entkommen. Doch bricht nicht oft aus heiterm Himmel das Gewitter los?
Kaum war ich in die Rue de la Barrelerie eingeschwenkt und meinem Ziel, der Apotheke, nahe, wollte mir scheinen, daß mich lautlos ein Schatten verfolgte, hinter mir im Strahlenkreis meiner Laterne geisternd. Ach, hätte ich sie doch gleich gelöscht und wäre Hals über Kopf nach Hause gerannt! Doch meines Muts gewiß, wollte ich Klarheit haben, machte plötzlich kehrt, rannte zu dem Schatten und richtete mein Licht und die Waffe auf ihn. Ha, Herregott! mir gerann fast das Blut in den Adern: es war die Mangane. Ein Flammenlodern in den Augen, spie ihr Mund schlimmeren Haß, als die Hölle birgt. Sie packte mich bei der Hand und fauchte mit zischender Stimme:
»Wo sind deine Krallen, du Bock? Wo deine tintenschwarzen Augen? Wo dein Hinkefuß? Ha, Verräter! Schäbiger Hund! Hast mich gemein mißbraucht! Ich hätte es merken müssen, als du mich nahmst und ich nicht deine Krallen spürte noch deine Bisse noch das Höllenfeuer in den Eingeweiden! Elender Christ, weiß du nicht, daß der Große Bock die Hexen siebenmal begattet, ehe sie freikommen, zerkrallt, gebissen, ihr Bauch verzehrt von seiner Flamme? Denn sein Same lodert! Deiner aber ist tot!«
»Mangane«, wagte ich zagen Einwand, so sehr schien mir die Hölle aus dieser zischenden Stimme zu sprechen, »es ist kein Trug und Lug gewesen. Du selbst hast dich in mir getäuscht.«
»Und du hast mich nicht aufgeklärt, du Christenhund!«
»Konnte ich nicht, ich wollte dich schleunigst verschwinden sehen, um meinem Tun nachzugehen.«
»Schurkisches Tun!« zischte sie. »Ich habe durch Cabassus’ Fenster alles gesehen. Und morgen gebe ich Bericht!«
»Aber Mangane, wenn du redest, verurteilst du dich selbst zum Scheiterhaufen.«
»Wisse: ich will zum Scheiterhaufen mit aller Gewalt. Deine lästerliche Umarmung hat mich der Umarmung meines heißgeliebten Meisters für immer beraubt. Erst nach meinem Tode, wenn ich aus der Asche auffahre, werde ich Nachtweibchen in der Hölle sein und zu seinen angebeteten Füßen leben, seiner Brunft untertan. Aber wisse auch, daß ich mich für das Schlimme,das du mir zugefügt hast, in diesem Leben räche: ich verknote dir den Senkel, in den Armen eines Weibes sollst du für immer der Kraft beraubt sein!«
»Mir den Senkel verknoten!« sagte ich. Der Schweiß rann mir über die Wangen ob dieser Drohung. »Pah, das bringt nichts ein, ich werde nicht heiraten.«
»Ich verknote den Senkel, wem und wann immer ich will, ob Hochzeitsnacht oder nicht«, sagte sie, mit den Zähnen knirschend. »Ich brauche nur einen Faden zu verknoten und mit einer Silbermünze zu Boden fallen zu lassen. Verschwindet die Münze, hat der Satan sie an sich genommen, und der junge Bursche ist für immer von Kälte gepackt!«
»Mangane!« rief ich, fast ohnmächtig vor Entsetzen und mit zitternden Knien. »All mein Gold soll dir gehören, wenn du das nicht tust!«
»Dein Gold!« rief sie höhnend.
Irre vor Wut und Angst stach ich mit meinem Kurzschwert auf sie ein, doch der Hieb traf ins Leere. Die Mangane war verschwunden, wie verschluckt von der Finsternis, deren Tochter sie war. Ich wäre in Zweifel gewesen, sie überhaupt gesehen zu haben, hätte ich nicht mit hellem Klang eine Münze
Weitere Kostenlose Bücher