In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
weiß es von Monsieur de Joyeuse, der mich heute morgen unterrichtet hat.«
»Schlecht für mich? für die Unseren?« fragte ich.
»Für das Königreich.«
Er leerte seinen Becher, dann fuhr er fort:
»Ihr erinnert Euch gewiß noch an unsere Besorgnis, als Philipp II. ein starkes Heer längs unserer Grenzen aufziehen ließ, um die flandrischen Geusen zu strafen, die unseres Glaubens sind. Condé und Coligny forderten damals Katharina von Medici und den König auf, sechstausend Schweizer anzuwerben.Was auch geschah. Doch als Philipps Armee Luxemburg erreichte, sah Katharina von Medici ihr Königreich nicht mehr bedroht, wechselte in gewohnter Weise das Lager und ließ dem Spanier sechstausend Scheffel Getreide zukommen. Begreift Ihr diese Ruchlosigkeit, Pierre? Frankreichs König verproviantierte Truppen, die unsere reformierten Brüder in Flandern massakrieren sollten! Und was noch schlimmer ist: nach dem Abzug des Spaniers hat der König die Schweizer nicht entlassen! Vergeblich forderte Condé ihre Abmusterung. Wißt Ihr, was der Konnetabel schließlich zu ihm sagte? ›Ja, was sollen wir denn tun mit diesen teuer bezahlten Schweizern, wenn wir sie nicht einsetzen?‹ Und gegen wen wohl einsetzen?« Cossolat haute mit der Faust auf den Tisch. »Der Spanier war doch in Flandern!«
Es klopfte, die Wirtin steckte den Kopf herein und fragte, ob auch ich einen Braten und eine Flasche Wein wünsche.
»Aber ja, meine Liebe, doch diesmal werde ich nicht so teuer dafür bezahlen«, sagte ich.
Sie lachte, ebenso Cossolat, doch bei ihm war es eher ein Zähneblecken, er wälzte große Sorgen im Kopf.
»Verstehe ich Euch recht, Cossolat?« fragte ich, als die Wirtin gegangen war. »Da wir die Schweizer nicht mehr als Schild gegen die Spanier brauchen, werden sie in Frankreich zur Speerspitze gegen die Unseren.«
»Ihr habt recht verstanden.«
»Und was hat Condé dagegen unternommen?«
»Er verlangte für sich das Amt des Generalleutnants im Königreich. In dem Fall hätte er die Schweizer kommandiert, und es wäre schwer gewesen, sie gegen die Hugenotten aufzubieten.«
»Aber ging er da nicht einen Schritt zu weit?« fragte ich verwirrt. »Als Hugenotte ein Amt begehren, das ihn zum zweiten Mann nach dem Monarchen machte?«
»Gewiß, aber wie anders entscheiden in solcher Lage? Die Dinge haben ihre Logik. Mißtrauen gegen Mißtrauen.«
»Und wie begegnete der König dem Begehren Condés?«
»Der König tat nichts. Die Königinmutter tat alles. Sie bot gegen Condé ihren Sohn auf, ihren zärtlich umhegten Liebling: den Herzog von Anjou. Und dieses Jüngelchen, das sich aufputzt wie ein Weib, sich mit Duftwässern bestäubt und sein Fleisch mit einem Gäbelchen verzehrt …«
»Oh, letzteres tut auch Monsieur de Joyeuse!« rief ich.
»Aber Monsieur de Joyeuse ist ein Mann … Jedenfalls wagte es der Herzog von Anjou mitten in der Ratsversammlung, sich gewaltig aufzuspielen gegen Condé, mit frechen Antworten warf er ihm vor, ein Amt zu begehren, das dem Bruder des Königs zustehe.«
»Würdet Ihr an seiner Stelle nicht auch so handeln?«
»Aber der Herzog ist ein Jüngelchen!« rief Cossolat. »Ver zeiht , aber er hat mal grad Euer Alter! Und hat noch nie ein Heer geführt! Und vor allem seine unerhörte Dreistigkeit! Er ging auf Condé los und schalt und rüffelte ihn wie einen Domestiken!«
»Gewiß, so darf man einen Prinzen von Geblüt, der Anführer einer so mächtigen Partei wie der unseren ist, nicht behandeln!« rief ich. »Aber was tat Condé?«
»Er hörte sich die üble Schmähung an, grüßte und verließ auf der Stelle den Hof, weil er fürchtete, daselbst umgebracht zu werden.«
»Cossolat, das ist der Krieg«, sagte ich. »Ein Krieg, den keine der beiden Parteien möchte. Und doch werfen sie sich blindlings in diesen Kampf, vor lauter Mißtrauen und Angst.«
Es klopfte wieder, die Wirtin brachte mir mein Mahl und verteilte gleichmäßig an uns beide ihr Lächeln und ihre Blicke, die indes ins Leere fielen.
»Pierre, was werdet Ihr tun, falls die Hugenotten sich unserer Stadt zu bemächtigen versuchen?« fragte Cossolat, als die Wirtin gegangen war.
»Aha! Das also ist der Grund dieser Unterredung, Ihr sollt mir auf den Zahn fühlen! Aber meine Antwort wißt Ihr bereits! So wie mein Vater ehemals den Degen nicht gezogen hat gegen seinen König, werde ich es auch nicht tun, es sei denn …«
»Es sei denn …?«
»Es sei denn, die papistischen Eiferer wollen ein Blutbad anrichten wie in
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