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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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verzichten, könnte ich vorausreiten, um den Weg zu erkunden. Und was Ihr unterdessen mit anderen besprecht, ist dann nicht meine Angelegenheit.«
    »Hauptmann, versprochen!« sagte ich.
    Da gab Cossolat seinem Pferd die Sporen, und ich kehrte allein zurück zu dem Trupp.
    »Vignogoule, auf ein Wort!« sagte ich, als ich gleichauf mit dem Henker ritt.
    »Moussu, Ihr dürft mich nicht ansprechen«, wehrte er mit seiner schwachen Stimme ab.
    »Ein Wort nur.«
    »Moussu, ich höre nicht«, sagte er.
    »Fünf Dukaten für dich, wenn du der Kleinen, ehe du ihr den Strick um den Hals legst, mit dem Daumen die Gurgel eindrückst. So ist sie auf der Stelle tot, und du hängst die Leiche an den Galgen.«
    »Moussu, das hat der Richter nicht befohlen.«
    »Zehn Dukaten.«
    »Moussu, jeder hat seine Schwächen, und mir bereitet es großes Vergnügen, den Verurteilten langsam ersticken zu sehen.«
    »Zwanzig Dukaten, Schuft!« rief ich, fast außer mir. »Zur Besänftigung deines Gewissens!«
    »Moussu, so häßlich ist meine Seele nicht«, erwiderte Vignogoule mit heuchlerischer Miene. »Ich liebe doch nur mein Handwerk! Im übrigen sind zwanzig Dukaten eine recht kleine Summe, wenn Ihr so große Freundschaft für dieses Mädchen hegt.«
    Aus diesen gemeinen Worten schloß ich, daß Gold hier nicht weiterhülfe: ich mußte den Schuft das Eisen spüren lassen.
    »Schurke, kennst du mich etwa nicht?« fragte ich grimmig.
    »Moussu, wer kennt Euch nicht? Hätte ich Euch nicht um ein Haar ganz aus der Nähe kennengelernt? Man sagt, Ihr scharrt die Toten aus, um sie zu zerstückeln. Auch sollt Ihr es gewesen sein, der Cabassus auf dem Scheiterhaufen erschossen hat.«
    »Ich bin es nicht gewesen. Doch wer immer es war – er hätte ebensogut den Henker erschießen können.«
    »Ha, den Vollstrecker töten ist Kapitalverbrechen!«
    Hierauf ich zwischen den Zähnen zischte:
    »Den Verurteilten töten ist auch kapitales Verbrechen. Und wer letzteres wagt, kann auch ersteres wagen.«
    Vignogoule warf mir einen kurzen Blick zu und senkte sein schweres Lid. In seinem fetten Gesicht sah ich kein Zucken, doch die Zügel in seinen Pranken begannen zu zittern.
    »Kerl, hast du mich verstanden?«
    »Mein edler Moussu«, sprach er mit seiner schwachen Stimme und einem großen Seufzer, »wollet doch bitte auch dies in Betracht ziehen: wenn ich den Daumen auf den Schlundknochen lege und drücke, ist der Tod sofort da. Das ist keine Hinrichtung, sondern gemeines Meucheln, meiner Kunst fremd und ihr sehr zuwider – es entehrt gleichsam meine Kunst.«
    »Und?« Ich schaute grimmig, griff zum Dolch.
    Er wandte den Kopf um, sah die Soldaten weit hinter uns, fuhr mit der feuchten Zunge über die Lippen und sagte:
    »Also fünfundzwanzig Dukaten, keinen weniger.«
    »Abgemacht!« Ich mochte nicht weiter feilschen mit diesem Schuft. »Fünfundzwanzig Dukaten, auf die Hand ausbezahlt. Aber wisse, Henker: Sollte das Mädchen einen langen Tod haben, wirst du ins Jenseits befördert.«
    »Moussu, wie bezahlt, so gehalten!« sagte Vignogoule.
    Und ich zählte ihm das Gold in die Hand, was eine gewisse Zeit dauerte, denn er biß auf jede Münze, wie sein abscheuliches Weib vor ihm getan.
    Erleichtert verließ ich ihn, um wieder neben Fontanette zu reiten.
    »Meine arme Fontanette«, sagte ich leise, »ich habe mit dem Schurken da gefeilscht. Schließe die Augen, wenn er dir die Hand um den Hals legt, und du wirst nicht Zeit haben zu leiden, sondern bist auf der Stelle tot.«
    »Ach, Moussu, ich danke Gott und danke Euch! So nimmt nun mein schlimmer Tod einen milderen Ausgang, und ich weiß auch, daß Ihr vor Dame Rachel mich nicht bezichtigt habt.«
    »Ich werde das böse Weib in Stücke reißen!« rief ich, mit den Zähnen knirschend. »Ihr Gift ist an allem schuld! Wäre sie nicht gewesen, hätte ich dich von deinem bösen Herrn befreit!«
    »Monsieur, sprecht nicht so! Ihr tötet mir sonst das Herz vor Reue! Ich brauche aber festen Mut, um dem Kommenden zu begegnen.« Sie sah mich mit ihren unschuldhaften Augen an und fragte: »Moussu, liebt Ihr mich denn ein klein wenig?«
    »Fontanette, ich liebe dich in großer Freundschaft und Liebe«, sprach ich mit zugeschnürter Kehle, »und kann es mir nicht verzeihen, daß ich auf der Terrasse damals deine Blüte geknickt habe.«
    »Ach, Moussu, schwätzt nicht von der Terrasse und dem Mond. Für mich war es das Paradies. Das Übel kam später. Aber bitte kein Wort mehr von diesen schrecklichen Dingen. Jetzt seid

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