In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
nichtsdestoweniger einer der drei Hugenottenführer von Nîmes, die – ohne Wissen der anderenHäupter der Gemeinschaft – während der Nacht dann jene Meuchelei betreiben sollten, deren Zeuge ich wurde.
»Moussu, nun habt Ihr in diesem Pavée einen Todfeind. Höchste Zeit, daß wir die Stadt verlassen«, sagte Miroul.
»Nicht bevor wir Monsieur de Chambrun gesehen haben.«
»Wozu wollt Ihr ihn sehen?«
»Damit er weiß, daß ich wirklich Hugenotte bin, und es den anderen kundtut; vor allem aber, damit er diesen schändlichen Exzessen Einhalt gebietet.«
»Ha, Moussu, Ihr wollt immer alles zum Guten wenden.«
Hier verstummte er, in seinem bäuerlichen Feingefühl beschämt darüber, daß er mir Vorhaltungen gemacht.
Pfarrer Chambrun, der – ganz anders als Monsieur de Gasc – sehr menschlich und zugänglich war, befragte mich sehr genau und mochte gern eingestehen, daß ich in den Dingen des reformierten Glaubens trefflich Bescheid wußte und ehrlich in meinem Sinnen und Tun war, obschon er mich wegen der Marienmedaille unumwunden tadelte: sie brächte mich in den »Ge ruch von Götzendienerei«. Ich hätte das meiner sterbenden Mutter gegebene Wort der wahren Religion opfern sollen, meinte er. Nachdem wir eine Weile disputiert, ohne daß ich ihn oder er mich hätte überzeugen können, gab er mich »meinem Gewissen anheim«, was offenbar ein Lieblingsausdruck unserer Pfarrer war, hatte doch auch Monsieur de Gasc ihn auf mich angewandt. Als ich indes auf die augenblicklichen Exzesse zu sprechen kam und wie dringlich es sei, ihnen zu begegnen, hob Monsieur de Chambrun die Arme gen Himmel.
»Ach, Monsieur de Siorac! In Kriegszeiten – und leider haben wir Krieg – unterwerfen sich die Waffen nicht der Toga! Ich habe die ungebärdigsten Anführer vor das Konsistorium zitiert, François Pavée, Hauptmann Bouillargues und Poldo Albenas, doch das schert sie wenig: sie haben die Macht und maßen sich deshalb das Recht an. Sie werden meiner Vorladung respektvoll folgen, jedoch erst, wenn alles vollbracht ist. Dann werden sie alles abstreiten und die von ihnen befohlenen Hinrichtungen anderen zur Last legen. Das Konsistorium kann sich bemühen, das Töten in Grenzen zu halten, mehr nicht. Günstigstenfalls ihm ein Ende setzen.«
Ein schrecklicher Gedanke, daß die Prediger von Nîmes außerstande waren, die Grausamkeiten der Anführer zu zügeln.Mein eigenes Schicksal hing also am seidenen Faden: es stand einzig im Wollen und Können jenes François Pavée, mich umzubringen.
»O ja, Pavée ist der schlimmste«, sagte Monsieur de Chambrun. »Und der eitelste. Ihr habt ihn beleidigt, und er ist nicht der Mann, dies hinzunehmen. Ich werde Hauptmann Bouillargues in einem Brief wissen lassen, wer Ihr seid, und den schändlichen Verdacht, den François Pavée über Euch in die Welt gesetzt hat, ausräumen. Ich werde ihn bitten, Passierscheine für Euch auszustellen, damit Ihr Nîmes verlassen könnt, ehe François Pavée zuschlägt.«
Monsieur de Chambrun tat, wie er versprochen, und unter tausendfachem Dank verließ ich ihn, freilich nicht sonderlich beruhigt, daß ich in meinem Wams nun schon zwei Briefe hatte, die an selbigen Hauptmann gerichtet waren, der in Nîmes aber kaum ausfindig zu machen war: schwache Bollwerke gegen die bewaffneten Trupps meines Feindes.
Meine Sorge war nicht unbegründet, denn kaum hatten wir das Logis von Monsieur de Chambrun verlassen und hundert Schritte getan, sahen wir uns einem Dutzend bewaffneter Männer gegenüber, die ihre Arkebusen auf uns richteten. Obwohl mein Herz wie eine Sturmglocke ging, trat ich mutig auf sie zu und sprach mit lauter Stimme:
»Freunde, was soll das? Ihr legt auf mich an? Warum das? Macht man in Eurer guten Stadt die Leute einfach nieder, ohne ihnen den Grund zu nennen? Seid Ihr gemeine Halsabschneider oder wackere Handwerker, die ihrem reformierten Glauben treu sind?«
So ruhig und gefaßt ich sprach, fürchtete ich dennoch, daß einer mir mit einem Feuerstoß das Wort abschnitte. Zum Glück dachte keiner daran, sie zeigten sich für meine Rede empfänglich, wie Leute aus dem Languedoc es eben sind. Einer trat vor und hob zu sprechen an: es war Jean Vigier!
»Moussu, mögt Ihr auch ein sehr liebenswürdiger Edelmann sein und die Handwerker achten, wir haben von François Pavée Befehl, Euch und Euren Diener auf der Stelle zu töten, da Ihr papistische Spione seid.«
»Aber Jean Vigier! Ich bin weder Spion noch Papist! Ich bin der Sohn eines
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