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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hugenottischen Barons und selbst Hugenotte. Willst du den Beweis?« Ich griff in mein Wams. »Hier ist einBrief, darin Monsieur de Chambrun dem Hauptmann Bouillargues versichert, daß ich, was immer Pavée behaupten mag, der reformierten Kirche angehöre, und ihn bittet, mich aus der Stadt herauszulassen.«
    »Ich kann nicht lesen«, sagte Jean Vigier.
    »Freunde«, rief ich, »wer möchte dieses Schreiben lesen?«
    Doch es war kein Lesekundiger dabei, und ihre Mienen sagten zur Genüge, daß sie mir nicht sehr wohlgesinnt waren. Da änderte ich meine Taktik.
    »Aber was soll der Brief!« sagte ich. »Wichtig ist, daß ich dem Glauben treu bin, was man schon mit geschlossenen Augen erkennt. Ich kann Euch Davids Psalmen singen, vom Anfang bis zum Ende, und mein Diener desgleichen. Auch kann ich Euch, nicht weniger trefflich als Eure Pfarrer, die papistischen Ketzereien aufzählen«, fuhr ich fort, dabei ich mein Wams bis zum Hals zuknöpfte, weil die Kette der Medaille mir die Haut verbrannte. »Die Wahrheit ist, daß François Pavée mich beseitigen will, weil ich ihn im Hause von Monsieur de Montcalm ertappte, wie er da eine gewaltige Menge Diebesgut einsackte, während Ihr, Freunde, schwitzend durch die Straßen liefet. Warum hat mich François Pavée nicht selbst getötet, wenn er mich für eine Spion hielt? Nun, ich will es Euch sagen: Mein Vater ist im Périgord ein mächtiger Hugenottenbaron und auch ein großer Heerführer, er hat bei Ceresole und vor Calais gekämpft. Pavée hat Angst gehabt, mein Vater würde an ihm Rache nehmen. So hat er diese leidige Arbeit Euch übertragen, damit Ihr, meine Freunde, statt seiner an den Galgen kommt!«
    Auch diese Rede hatte nicht die erhoffte Wirkung: es war ebenso schwer, ihnen einen Gedanken ins Hirn zu pflanzen, wie einen dort nistenden wieder zu entfernen. Doch obwohl meine Worte an ihren Schädeln abprallten – ich selbst machte auf sie einen gewinnenden Eindruck.
    »Der Moussu hat ein ehrliches Gesicht«, sagte einer.
    »Er ist sehr jung und von edler Gestalt«, sagte ein anderer.
    »Auch hat er nicht das Gesicht eines Spions«, sagte ein kleiner Glatzkopf.
    »Gemach!« sagte ein langer Hagerer. »Der Moussu wirkt nicht bös, aber er ist nicht aus Nîmes. Was treibt er hier?«
    »Was!« sagte ich, »wer Eure schöne Stadt bewundern kommt, soll gleich ein Spion sein?«
    »Jedenfalls haben wir unseren Befehl«, sagte Jean Vigier und sah mich freundlich aus seinen törichten Äuglein an. »Mit Eurer Erlaubnis, Moussu, wir haben Befehl, Euch umzubringen.«
    »Jean Vigier, wer ist dein Vorgesetzter: François Pavée oder Hauptmann Bouillargues?« fragte ich.
    »Der Hauptmann.«
    »Und was sagst du zu ihm, wenn du ihm die Briefe überbringst, die du, nachdem du mich getötet hast, bei mir finden wirst?«
    »Tja, das ist ein Punkt«, sagte Jean Vigier.
    Er hob seinen Helm und kratzte sich den Schädel.
    »Ich denke, wir lassen den Moussu ohne weiteres Feilschen jetzt über die Klinge springen«, sagte der lange Hagere. »Be denkt nur: er ist nicht aus Nîmes. Auch diskutiert es sich schlecht bei so heißer Sonne, ich schwitze unter meinem Harnisch. Machen wir Schluß mit ihm.«
    »Guter Freund, was die Hitze betrifft, hast du recht«, sagte ich eilig. »Führen wir das Gespräch in der Herberge
Zur Muschel
fort, ich spendiere euch ein paar gute Flaschen, aus Liebe zu Nîmes und zu meinem Leben.«
    Bei diesem Vorschlag, den alle guthießen, legte Jean Vigier die Stirn in Falten:
    »Aber es ist heute verboten, in die Schenke zu gehen.«
    »Nicht aber, mich dorthin zu begleiten, denn da habe ich mein Logis, und ihr könnt mich nicht guten Gewissens laufen lassen, bevor ihr in meinem Falle entschieden habt.«
    »Das ist ein Punkt«, sagte Jean Vigier, doch er schwankte noch.
    »Gehen wir zunächst trinken«, sagte der große Hagere. »Nie dermachen können wir ihn hinterher.«
    Dieser Vorschlag obsiegte, und wir begaben uns in die Herberge
Zur Muschel
, meine Vollstrecker und ich, sie unter ihrem Brustpanzer schwitzend, ich in meinem Wams.
    Damit sie nicht gesehen würden, riet ich, den Hintereingang zu nehmen. Doch vor die Tür gelangt, bekamen wir nicht Einlaß, sosehr wir auch Lärm schlugen. Also hieß ich Miroul, die Fassade hinauf aufs Dach zu klettern und dort durch die Luke, durch welche er herausgekrochen, wieder hineinzukriechen. Dies tat er so flink, daß meinen gefährlichen Gästen vor Staunen der Mund offenblieb.
    »Bei Gott, ich an seiner Stelle würde

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