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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Ritt. Holla, Fontanette! neugierige Trine! zeig den edlen jungen Herren ihre Zimmer, anstatt sie anzugaffen!«
    Mich bekümmerte es zunächst, daß der Herr Apotheker fürSamson und mich getrennte Zimmer bereithielt, so sehr waren wir es gewohnt, im selben Bett zu schlafen; doch als ich dem liebreizenden Kammermädchen die Treppe hinauf folgte und gewahr wurde, wie ungern sich mein Auge von ihrem schönen Rücken löste, fand ich die Zimmerordnung nicht mehr so übel.
    »Hier werdet Ihr logieren, Moussu«, sagte Fontanette zu Samson mit einem charmanten Lächeln. »Wünschet Ihr meine Hilfe beim Stiefelausziehen?«
    »Das besorgt mein Diener«, sagte Samson schroff, ohne das Mädchen anzuschauen. Er hatte es eilig, allein zu sein, stieß jäh die Tür hinter sich zu, und ich hörte ihn schwer auf sein Bett sinken, die unterbrochenen Träume fortzuspinnen.
    »Dies nun ist Euer Zimmer, Moussu«, sagte Fontanette, sehr betrübt über Samsons barsche Worte, und wagte nicht, ihre Dienste auch mir anzubieten.
    »Tritt ein«, sagte ich zu ihr, setzte mich aufs Bett und bedachte sie mit einem Lächeln. »Ich würde deine Hilfe gern annehmen, sofern du …«
    »Von Herzen, Moussu«, sagte das Mädchen und kniete anmutigst zu meinen Füßen nieder, was mir den Blick auf ihr Mieder eröffnete, das nur lose geschnürt war. »Ihr gefallt mir besser als Euer Herr Bruder, auch wenn er hübscher ist. Ihr seid nicht so eingebildet.«
    »Aber Samson ist nicht eingebildet«, wehrte ich ab, den Blick auf ihrem Busen, der wogend auf und nieder ging, als sie an meinem Stiefel wuchtete. »Samson hat schlimmen Liebeskummer, einer Dame wegen. Das macht ihn so unleidlich.«
    »Die Dame weist ihn schnöde ab?« fragte Fontanette neugierig.
    »Das nicht, aber sie ist weit fort und reitet durch die Welt.«
    »Das ist freilich ein Riesenjammer, wenn man nur den Wind umarmen kann! Und Ihr, Moussu, habt Ihr auch Liebeskummer um ein junges Mädchen von daheim?«
    Ich musterte sie halb lachend, halb gerührt. Hübsch fand ich sie, so schmuck und unter meinem Blick wie Butter schmelzend.
    »Das kann ich noch nicht sagen, Fontanette. Ich kenne dich zuwenig.«
    »Ha, Moussu, Ihr macht Euch über mich lustig!« sagte sie errötend. »Ihr werdet einst Baron sein und wollt Euch in ein Kammermädchen verlieben!«
    »Ich werde nie Baron sein, Fontanette, denn ich bin Zweitgeborener. Ich muß studieren.«
    »Und werdet eines Tages ein großer Gelehrter sein, Moussu, wie Meister Sanche und Bakkalaureus Fogacer.« Sie erhob sich. »Ich aber bin unwissender als die Ziege im Stall.«
    »Das schert mich nicht«, sagte ich, legte ihr meine Hände auf die Hüften und küßte sie auf die frischen Wangen.
    »Ha, Moussu, Ihr habt es eilig!« Sie machte sich frei. »Wenn Ihr mich heute küßt, was werdet Ihr dann morgen tun?«
    Ich lachte herzlich über ihre naive Keßheit, sie aber sagte:
    »Gestattet, Moussu, daß ich mich empfehle. Ich habe unten meinen Dienst zu tun.«
    Oje! das erste Mahl in Meister Sanches Haus! Eine magere Kost! Schmächtig wenig! Gewiß, in meinem heimatlichen Mespech regierte strenge hugenottische Sparsamkeit, da war kein Schlemmen wie auf den katholischen Adelssitzen, wo so viel gutes schönes Fleisch vergeudet ward, daß der Hausdiener, selbst bis obenhin satt, fast alles den Hunden zum Fraß vorwarf. Solch tadelnswerter Verschwendung wenig zugetan, waren mein Vater und Sauveterre freilich auch keine Knauser. Suppe und Braten, Brot und Wein, Milch und Butter, das gab es bei uns reichlich, für Herrschaft und Gesinde. Und wen zwischen den Mahlzeiten großer Hunger befiel, der konnte sich bei der dicken Maligou in ihrer Spülkammer eine Zwiebel, einen Kanten Brot, einen Napf Milch oder eine Handvoll Nüsse erbetteln. »Keine falsche Sparsamkeit!« pflegte mein Vater zu sagen. »Knickern wir nicht zu Panzens Last, hohler Bauch die Arbeit haßt. Selbst ein Gaul den Pflug nicht zieht, wenn man ihn nicht mit Hafer versieht.«
    Bei diesem ersten Essen an Meister Sanches Tafel (und wir so hungrig von der langen Reise!) wurde uns ein Salat vorgesetzt und ein ganz kleiner Braten, von dem jeder ein Scheibchen faßte. Kein Nachtisch. Von Butter nicht die Spur, weder auf dem Tisch noch am Braten, die Küche war ganz auf Öl gestellt. Listigerweise gab’s einen recht sauren Wein, damit wenig getrunken würde: Fontanette kreiste um die Tafel mit zwei Krügen, im einen Wasser, davon sie zuerst einschenkte, und im anderen der Wein, die Becher aufzufüllen.

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