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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Gelehrtensprache bediente):
    »Magister illustrissime, sum Petrus Sioracus, filius tui amici, et hic est frater meus, Samsonus Sioracus.
1
«
    Kaum hatte ich dies gesagt, sprang er so wendig auf, wie ich es bei seinem Alter nicht für möglich gehalten hätte: der Apothekermeisterkam mir entgegen und umarmte mich stürmisch, dann Samson, dann wieder mich. Er hieß uns willkommen in einem Schwall von Worten, die ein Gemisch aus Latein, Okzitanisch, Katalanisch und gar auch Französisch war.
    Was sein Äußeres betraf, hatte Meister Sanche wenig Grund, sich zu rühmen, da er von Angesicht recht häßlich war, die vorquellenden Augen standen nicht waagerecht und schielten auch etwas nach innen, die lange Nase war krumm, im Mund sah man die schlecht gereihten Zähne. Auch die Statur war eher kläglich: die eine Schulter höher als die andere, die Brust eingefallen, die Beine krumm, der Steiß auswölbend. Doch obwohl er einen ergrauten langen Bart trug und schon in den Fünfzigern war, wirkte er ungemein lebhaft, war immerzu in Bewegung, trat von einem Bein auf das andere, der Blick war scharf wie ein Dolch, die Zunge geübt, das Hirn von schneller Auffassung. Zweimal Witwer und die großen Kinder, ausgenommen die zwei jüngsten, bereits aus dem Hause, hatte er im Frühling des vergangenen Jahres ein drittes Mal geheiratet – so erklärte er sich gleich mit den ersten Worten und stellte mir seine Frau Rachel vor, die neben ihm saß und hochschwanger war. In Latein verkündete er, daß sie ihm noch an diesem Abend einen Sohn schenken werde, die Wehen hätten schon eingesetzt.
    »Holla, Balsa!« rief er einem seiner Bediensteten zu, »hilf dem Diener dieser edlen Herren die Pferde absatteln und führe sie in den Stall.« Dann nahm er mich beim Arm. »Mein Neffe«, fuhr er fort, »dies ist meine Tochter Typhème, sie ist sehr schön, doch verliebt Euch ja nicht in sie, da sie dem ehrwürdigen Doktor Saporta zur Ehe versprochen ist, und der wird Euer Lehrer sein.«
    Ich grüßte Typhème, die in der Tat bildschön war. Sie hatte glänzende Augen, einen warmen Teint und die üppige Haarpracht einer Sarazenin.
    »Und dies ist mein Sohn Luc. Er ist volljährig und ist aus eigenem Antrieb zum reformierten Glauben übergetreten. Ich selbst gehöre der verrotteten römischen Religion an, deren unendlich viele Mißbräuche ich wohl oder übel billige«, sagte er haspelnd und leise auf Latein.
    Mir blieb bei so seltsamem Glaubensgeständnis der Mund offen. Gleichwohl begrüßte ich Luc, der so häßlich war wieseine Schwester schön. Aber seine Augen waren so ausdrucksvoll wie die seines Vaters, und wenn er allein war, konnte er gewiß ebenso viel und ebenso schnell in ebenso vielen Sprachen reden.
    »Luc ist fünfzehn Jahre alt«, fuhr Meister Sanche fort, »und dies ist sein Lehrer, den ich bei mir beherberge, da er an Wissen so reich ist wie arm an Münze.
Hic est Johannus Fogacerus, in medicina baccalaureus et procurator studiosorum.
1 « Er wies auf den Genannten.
    Ich grüßte die zwiefach große Person, groß von Wuchs und groß den Titeln nach. Denn in meinen Augen war es kein Geringes, sich Bakkalaureus der Medizin nennen zu können und überdies in den Versammlungen der königlichen Professoren und Doktoren Sachwalter der Studenten zu sein.
    »Messieurs de Siorac, Euer ergebener Diener«, sprach Jean Fogacer bei ausholender Geste, mit der er sich über sich und uns lustig zu machen schien.
    Seine Kleidung war schwarz und ein bißchen verschlissen, doch hoher Wuchs und Schlankheit gaben ihm Eleganz, noch verstärkt durch die Anmut seiner Gebärden und eine außergewöhnliche Physiognomie: er hatte sehr schöne Zähne und fleischige rote Lippen, auf die eine Adlernase herabschoß; die Augen waren haselnußbraun, die Brauen schwarz, wie mit dem Pinsel nach den Schläfen hin gezogen, was ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit jenem Bilde gab, das wir uns vom Satan machen. Doch wenn überhaupt, war er ein recht guter Teufel, denn er lächelte oft und lachte noch viel öfter, was er jetzt etliche Male tat, während Meister Sanche uns seine Familie vorstellte und uns kundtat, daß seine Frau ihm noch an diesem Abend einen Sohn gebären werde. Auch ich fand es freilich erstaunlich, daß Meister Sanche sich über das Geschlecht des Kindes so im gewissen war, noch ehe es den Schoß der Mutter verlassen hatte.
    »Meine Neffen«, sprach Meister Sanche (und nie mehr sollte er uns anders nennen), »Ihr werdet hundemüde sein vom langen

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