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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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der hinter dir steht, seinen Dolch in den Rücken.«
    Was geflunkert war, denn von Miroul, so verzweifelt ich auch nach ihm Ausschau hielt, war nicht die Spur zu sehen! Doch der Mordbube stutzte, als er den Namen meines Dieners hörte; ohne den Kopf zu wenden und sich zu vergewissern, ob ich die Wahrheit sagte, rief er:
    »Miroul, ist das der Bursche, der ein braunes und ein blaues Auge hat?«
    »Derselbe ist mein Diener.«
    »Ha, Moussu! ich dachte es mir schon: ich kenne ihn, und Euch ebenfalls. Ihr seid der Edelmann, der mich in den Corbières-Bergen gefangennahm, mir aber zu guter Letzt den Strang ersparte!«
    »Espoumel!« rief ich erleichtert. »Bist du es? Was treibst du hier?«
    »Moussu, ich töte Euch nicht mehr, die Ehre verbietet es mir«, sagte Espoumel ein bißchen prahlerisch. Er steckte das Messer in seine Lumpen zurück.
    Inzwischen kam hinter seinem Rücken Miroul dahergerannt, verschwitzt und außer Atem, den Dolch in der Hand.
    »Ha, Moussu! Ihr seid gottlob noch am Leben! Ich mußte einen elenden Lakaien zur Vernunft bringen, der Streit mit mir suchte, weil ich ihn in der Eile gerempelt hatte.«
    »Steck den Dolch weg, Miroul«, sagte ich gutgelaunt und tat ein Gleiches mit meinem Degen. »Dieser Mörder hier ist ein Freund. Espoumel heißt er.«
    Miroul riß seine zwiefarbenen Augen auf. Doch ich ließ ihm nicht Zeit, sich weiter zu wundern. Den Strolch aus den Corbières-Bergen nahm ich beim Arm und führte ihn auf einen Erfrischungstrank in die Küche des Nadelhauses, wo Azaïs uns allen einen großen Becher Wein einschenkte, ehe sie die Thomassine holen ging, die ich bei unserer Unterredung zugegen wünschte. Und in der Tat hätte ich ohne sie nichts klären können.
    Espoumel hatte Mund und Augenmerk nur für seinen Wein, den er in kleinen Schlucken trank, ohne sich zu wundern, daß sein Opfer ihn bewirtete. Ich indes ließ meine Blicke Azaïs folgen. Gar sehr gefiel mir, wie sich ihr Körper wand, der gertenschlank war, gebräunt, lebhaft und frisch. Doch mir fiel die Wirtin der
Zwei Engel
in Toulouse ein, samt den Schwierigkeiten, die ich Franchous wegen mit ihr gehabt, und ich zweifelte nicht, daß mir Gleiches mit der Thomassine widerführe, wenn meine Hände das Kammermädchen in derselben Weise umfingen wie mein Blick. Zudem gewahrte ich, daß auch Mirouls Blick dieser Richtung folgte und in begehrlicher Erwartung auf die Tür geheftet blieb, durch die Azaïs zurückkehren mußte: es stünde dem Herrn wohl schlecht an, seinem Diener den Anteil streitig zu machen, entschied ich.
    Azaïs kehrte zurück, war aber gleich ausgestochen, als auch ihre schöne Herrin erschien: das üppige Haar gelöst über den Schultern, rosig das Antlitz von der Mittagsruhe, dabei ihr aufgeschnürtes Mieder ihre schönen Brüste mehr als zur Hälfte freigab. Ich erzählte ihr, was geschehen war, und mein Bericht verfinsterte ihr Gesicht. Dann fragte ich Espoumel:
    »Wirst du mir nun verraten, wer dir aufgetragen hat, mich umzubringen, und warum?«
    »Das Warum weiß ich nicht«, sagte Espoumel, »doch den Kerl, der mir den Auftrag gab, den kenn ich gut. Ich bin mit ihm aus den Corbières-Bergen geflohen, da wir den Zorn unseres Hauptmanns fürchten mußten, einiger kleiner Diebereien wegen!«
    »Da schau, die Wölfe untereinander! Und was treibt ihr braven Kinder nun in Montpellier?«
    »Mein Kumpan kennt hier eine Hure, von der er sich Unterstützung versprach. Aber die hat ihm die Tür gewiesen, und weil ohne einen gültigen Sol in der Hand, hat mein Kumpan vergangenen Freitag einen Hausierer getötet und ihm den Beutel abgenommen.«
    »Schändlich!«
    »Sehr schändlich und eine Sünde«, versicherte Espoumel, den Kopf von seinem Wein hebend. »Schon weil der Beutel schmächtig und gar bald vertrunken war. Ein Jammer, daß einer für so wenig tötet.«
    »Mein Scholarensäckel ist ebenfalls nicht dick. Warum sollte auch ich dran glauben, Espoumel?«
    »Moussu, das weiß ich nicht, mein Kumpan aber hat mir versichert, Euer Tod würde uns großen Vorteil bringen.«
    »Welchen Vorteil?«
    »Bei meiner Seele, ich weiß es nicht.« Espoumel stierte gierig die Weinflasche an.
    Mehr hätte ich nicht aus ihm herausbekommen, wäre nicht die Thomassine in die Streitbahn eingetreten.
    »Espoumel, wie heißt dein Kumpan?«
    »Herrin, das kann ich nicht sagen.«
    »Aber ja, Espoumel, kannst du. Möchtest du noch von dem Wein?«
    »Herrin, zu Euern Diensten.«
    »Zu deinen, Espoumel.«
    Sie füllte einen großen

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