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In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück

Titel: In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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nett zu mir sind. Ich meine, ich finde das schön, aber ich habe es gar nicht verdient. Sie wissen schon – weil ich Sie immer Idiot genannt habe und so. Und im Grunde kennen wir uns ja auch gar nicht.«
    »Ich finde schon.« Jetzt war er ganz ernst und setzte sich zurück auf meine Bettkante. Vorsichtig streichelte er über meine Tropfhand. »Ich hatte gleich so ein Gefühl von Verantwortung, als ich dich das erste Mal gesehen habe. Ich dachte, dieses Mädchen braucht dringend einen Freund.«
    Leider schossen mir die Tränen in die Augen, als er das sagte.
    Der Apotheker tat so, als bemerke er es nicht. »Also, wie sieht’s aus? Sind wir Freunde?«
    Mehr als ein Nicken brachte ich nicht zustande. Der Apotheker merkte gar nicht, wie aufgewühlt ich war. Er lächelte nur zufrieden und schleppte seine nassen Handtücher zur Tür. Mit tränenblinden Augen sah ich ihm nach. Freundschaft war ein sehr sensibles Thema bei mir. Mein Leben lang hatte ich mich nach einer besten Freundin gesehnt, aber niemals eine gehabt. Mimi sagte zwar immer, sie sei meine beste Freundin, und meine Mutter behauptete das auch gern. Aber die beiden konnten sagen, was sie wollten, sie blieben meine Schwester und meine Mutter, und das war nicht dasselbe wie eine beste Freundin. Als der Apotheker ging, wurde mir klar, dass jetztein Traum in Erfüllung gegangen war: Ein schwuler Freund war genauso gut, wenn nicht noch besser als (wie? als wie??? nenn mich Heidi) eine beste Freundin.
    Doof war nur, dass ich seinen Namen immer noch nicht kannte.
    »Sich glücklich fühlen können
    auch ohne Glück – das ist das Glück.«
    Marie von Ebner-Eschenbach
    Lesen Sie das doch bitte zweimal. Und jetzt schütteln Sie bitte
entnervt den Kopf. Genau. Ich habe mir sagen lassen,
dass das mit dem Glück ohne Glück nur mit Kokain funktioniert.
Ist aber leider nicht gut für die Gesundheit.
Außerdem viel zu teuer. Äh, und illegal, natürlich.
Also bleibe ich lieber weiterhin unglücklich und warte auf
einen Grund, glücklich sein zu können.
    (Ich wäre auch schon mit wenig zufrieden.)
    (So wenig aber auch wieder nicht.)

    Nach dem zehntägigen Aufenthalt in Zimmer 311 kam mir das Gästezimmer bei Ronnie und Mimi extrem luxuriös vor. Ich war ehrlich dankbar, wieder allein schlafen zu dürfen und ein eigenes Bad zur Verfügung zu haben. Allerdings war die Stimmung im Hause irgendwie seltsam, und Mimi verlor keine Zeit, mir mitzuteilen, warum.
    »Ich bin schwanger«, sagte sie barsch. Sie hob abwehrend die Hände. »Nein! Nicht umarmen, nicht heulen, nicht sagen, dass du dich freust. Diesmal wird sich erst gefreut, wenn das Kind da ist. Falls es jemals da sein wird.«
    »Aber na…«
    »Nein! Sag es nicht«, fiel Mimi mir ins Wort. »Keine Es-wird-schon-alles-gut-gehen-Parolen, dass das klar ist! Wir werden das so nüchtern wie möglich angehen. Wenn es schiefgeht, dann geht es eben schief. Wenn nicht, umso besser.«
    »Aber so …?«
    »Nein!« Mimi guckte grimmig. »Ich bin nicht gestört. Undich werde nicht zu dieser bekloppten Therapeutin gehen. Ich komme da auf meine Art mit klar. Ich hatte eine Fehlgeburt, also weiß ich, dass das möglich ist. Ich überlebe das nur ein zweites Mal, wenn alle meine Regeln befolgen und mit dem Schlimmsten rechnen.«
    »Okay. Darin bin ich gut.« Ich nahm Mimi trotzdem in den Arm. »Und was sagen Mama und Papa dazu?«
    »Nichts«, sagte Mimi. »Weil sie nichts davon wissen. Und sie sollen auch nichts davon erfahren. Sie könnten nur wieder ihren Mund nicht halten und würden es der Kreissäge erzählen. Und die würde mich wieder mit ihren Anrufen und blöden Ratschlägen foltern. Und dann – wenn es wieder passiert – wird sie auch wieder sagen: Ich würde ja gern mal wissen, was du falsch gemacht hast, und dann muss ich sie leider umbringen, und dann ist Manuel sehr traurig und Eliane eine Halbwaise.«
    »Irgendwann wird man es sehen.«
    »Ja. Vielleicht. Aber dann kann ich immer noch sagen, ich sei fett geworden. Du darfst es niemandem sagen. Nur du und Ronnie wisst davon, und dabei soll es auch bleiben.«
    »Und ich darf mich nicht freuen? Wie du weißt, habe ich im Moment wenig Grund, mich zu freuen, und das hier wäre nun wirklich …«
    »Nein! Es tut mir leid, aber es geht nicht. Nicht freuen, solange die Möglichkeit besteht, dass die Freude unbegründet ist. Gefreut wird sich erst, wenn es garantiert einen Grund dazu gibt.«
    »Okay. Aber es ist total bekloppt, weil es im Leben nie eine Garantie gibt, das weißt

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