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In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück

Titel: In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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bin?«
    »Du benutzt Feuchtigkeitscreme ?«
    »Natürlich! Bei meinen Sommersprossen brauche ich tagsüber auch im Winter einen hohen Sonnenschutzfaktor, und ich vergesse nie meine Augencreme.« Er schob die kleinen Kartons und Tiegel liebevoll in eine Reihe. »Diese Feuchtigkeitsmaske ist der Hammer. Ohne die könnte ich gar nicht mehr leben.«
    Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Mein Apotheker war schwul! Das erklärte auch, warum er Leos Verlobungsring nicht nur gesehen, sondern gleich analysiert hatte. Platin, mindestens vierzig Gramm .
    »Ach, ach, ach, ja«, sagte die alte Frau neben mir. Ich war versucht, das Gleiche zu sagen, denn ich war ein klitzekleines bisschen enttäuscht. Die ganze Zeit über hatte ich mir eingebildet, der Apotheker habe ein gewisses Interesse an mir, so von Mann zu Frau. Nichts Ernstes, natürlich, aber es hatte mir gutgetan, mir vorzustellen, dass es da draußen noch jemanden gab, der mich attraktiv fand, obwohl ich mich gerade innerlich wie äußerlich in einem sehr beklagenswerten Zustand befand.
    Tja.
    »Können wir loslegen?«, fragte der Apotheker. Er hatte eine weitere Tüte mit blütenweißen Handtüchern mitgebracht, die er nun hervorzog und auseinanderfaltete. Außerdem hielt er mir ein Frotteehaarband entgegen. »Das brauchen wir, um deinen Pony aus dem Gesicht zu halten. Apropos – warst du beim Friseur?«
    »Ach, ach, ach, ja«, sagte ich und sah mir den Apotheker zum ersten Mal genauer an. Ja, doch, wenn ich ein Mann wäre – er hätte durchaus mein Typ sein können. Seine Augen waren hellbraun, die Wimpern lang und gebogen, wie bei einem Reh. Die kurzen Haare hatten einen ungewöhnlichen kastanienroten Schimmer, und ich schloss nicht aus, dass er sie mit einer Tönungswäsche behandelt hatte. Obwohl – wenn man genauer hinsah, konnte man erkennen, dass auch die Bartstoppeln eine rötliche Färbung hatten – ziemlich rot sogar. Es war klug vom Apotheker, sich zu rasieren.
    »Zuerst das Peeling. Leg dich zurück und mach die Augen zu.« Er ging mit zwei Handtüchern zum Waschbecken. »Ich darf doch mal?«, sagte er zur Scholiene-Urgroßmutter.
    »Das ist verrückt«, sagte ich, schloss aber ganz brav die Augen – die Versuchung war zu groß. Ich hatte noch nie eine kosmetische Behandlung bekommen, ehrlich gesagt war mirdafür immer mein Geld zu schade gewesen. Außerdem konnte ich nicht gut still liegen. Jetzt aber blieb mir ja ohnehin nichts andere übrig. Zuerst bekam ich heiße, feuchte Kompressen, dann verabreichte der Apotheker mir mit sanften Fingerspitzen eine Gesichtsmassage mit einer feinkrümeligen Creme, dann kamen wieder die Kompressen, und schließlich tupfte er mir eine kühle Maske auf die Haut. Wäre ich eine Katze gewesen, hätte ich sicher geschnurrt. Leider kam mittendrin die Scholiene-Familie zu Besuch (»Der Onkel macht die Tante schön, Scholiene, sollen wir dat mit dem Omma auch ma machen, ja? Omma, dat wird dir guttun, die Scholiene is jetzt ma deine Kosmetikerin, ja? Schön machste dat, Scholiene, nur nich inne Augen mit der Nivea, dat is nich gut für dem Omma seinen grauen Star.«) und störte ein wenig die entspannte Schönheitssalon-Atmosphäre.
    Ich konnte nicht selber erkennen, ob die Behandlung auch optisch Wirkung zeigte, aber als der Apotheker das letzte Handtuch entfernt hatte und ich mich aufsetzen durfte, fühlte sich meine Haut wunderbar weich, glatt und zart an. Dem armen Omma neben mir sah aus wie ein Geist, weil Scholiene ihr Niveacreme im ganzen Gesicht aufgetragen hatte, nur die Augen waren frei geblieben und blickten furchtsam im Raum umher. Die Tochter flößte ihr zum Beruhigen Klosterfrau Melissengeist ein, und der Alkohol entspannte die Gute dann wieder.
    Der Apotheker lächelte mich an, während er die nassen Handtücher zurück in die Plastiktüte räumte. Ich bewunderte derweil seine gepflegten und perfekt manikürten Hände. »Na, wie fühlst du dich jetzt?«
    Ich lächelte zurück. »Grundlos glücklich?«
    »Du siehst auf jeden Fall viel besser aus. Wieder wie siebzehn.« Der Apotheker sah auf seine Uhr. »Leider muss ichjetzt los. Aber ich könnte übermorgen noch mal wiederkommen.«
    »Ja, denn eine Fußpflege hätte ich auch sehr dringend nötig«, sagte ich spöttisch.
    »Kein Problem«, erwiderte der Apotheker. »Wir haben tolle Fußpflegeprodukte im Programm. Und ich kann sogar Nägel lackieren, ehrlich wahr!«
    »Das glaube ich sofort.« Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, warum Sie so wahnsinnig

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