In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück
Glück und so. Sicher läuft man sich mal wieder über den Weg. Immerhin wohnen wir ja in der gleichen Stadt.«
»Ja, ich wünsche dir auch viel Glück. Für alles.« Ich nahm meine klirrende Handtasche und stieg aus. Leo wollte es mir allein überlassen, ein Wertgutachten für die Sachen einzuholen. Vertrauen gegen Vertrauen, hatte er gesagt, wo wir beide zusammen doch die ganze blöde Erbauseinandersetzung so elegant zu Ende gebracht hätten.
Die Tasche war so schwer, dass ich Angst hatte, die Henkel könnten abreißen. Sicherheitshalber stützte ich sie von unten mit den Armen. »Übrigens, du kannst deiner Larissa sagen, dass sie beizehn Prozent bekommt – Familienrabatt.« Eigentlich waren es zwanzig Prozent, aber Larissa gehörte ja auch nicht wirklich zur Familie. Ich wollte sie nur unbedingt mal kennen lernen.
»Oh. Das ist aber nett«, sagte Leo. »Da werden sich auch Helen und Corinne freuen – die beiden sind ganz scharf auf Schuhe.«
Ah. Ja, stimmt, die gab es ja auch noch.
Ich wartete, bis Leos Wagen um die nächste Ecke gefahren war, dann überquerte ich mit meiner zentnerschweren Handtasche die Straße und lief zur Apotheke.
Janina war gerade dabei, das Geschäft zu schließen.
»Da bist du ja wieder«, sagte sie. »Justus hast du leider verpasst. Er wollte noch in den Baumarkt. Irgendwas bastelt er wieder, da unten in seiner Werkstatt.«
Ich stellte meine Tasche auf einen Stuhl. »Sag mal, Janina, kanntest du eigentlich Tina ?«
»Tina? Dieses Biest? Klar kannte ich die«, schnaubte Janina. »Ich konnte sie ehrlich gesagt nie leiden, aber für Justus war sie absolut fehlerfrei. Ich meine, wie verblendet kann ein Mann eigentlich sein? Auf jeder verdammten Party hat sie versucht, meinen Freund anzumachen. Und Justus’ Bruder Jakob. Und überhaupt jeden Typ. Aber Justus hat immer gesagt, sie sei doch nur nett. Und ein bisschen flirten sei doch harmlos. Na ja, das hat er so lange gesagt, bis er sie dann mit seinem Bruder im Bett erwischt hat. In seinem eigenen Bett, wohlgemerkt. Er hat es auf dem Flohmarkt verkauft.«
»Sie hat mit Justus’ Bruder geschlafen?« Kein Wunder, dass Justus schwul geworden war.
»Oh ja. Zwei Wochen vor der Hochzeit. Alles war schon bis aufs i-Tüpfelchen geplant. Tina hatte ein Modellkleid, das sechstausend Euro gekostet hat. Und Justus hat es bezahlt. Aber das Schlimmste war, dass sein Bruder nach dieser Geschichte wieder mit dem Trinken angefangen hat. Vorher war er ein Jahr trocken gewesen.«
»Armer Justus. Das ist ja schrecklich.«
»Ja.« Janina schob die Gitter vor dem Schaufenster zusammen, und ich half ihr, das Schloss zu befestigen. »Das kann man wohl sagen. Obwohl wir echt froh waren, als mit den beiden Schluss war. Ich meine – die haben sowieso nicht zusammengepasst. Und jetzt geht es ihm ja auch wieder gut. Obwohl diese blöde Schlampe ihm bis heute nicht den Verlobungsring wiedergegeben hat! Hat einfach gesagt, sie habeihn verloren! Von wegen! Das Ding hat viertausend Ocken gekostet, das verliert man nicht mal einfach so. Platin mit einem superschönen Diamant. Justus musste ja ohnehin für die ganzen Kosten der geplatzten Hochzeit aufkommen. Und die falsche Schlange hat sich auch noch überall bemitleiden und es so aussehen lassen, als sei Justus das Arschloch.«
»Was für ein Biest. Was ist denn aus ihr geworden?«
»Oh, das Ganze ist jetzt beinahe zwei Jahre her – und mindestens ein Jahr davon hat sie Justus total gestalkt. Sie wollte ihn unbedingt zurückhaben, und ständig ist sie unangekündigt hier aufgetaucht und hat eine Szene gemacht. Aber seit ein paar Monaten scheint sie einen neuen Dummen gefunden zu haben. Einer Freundin von mir hat sie erzählt, es sei ein Banker aus Bonn und er wolle ihr ein Mercedes-Cabrio schenken, wenn sie sich dafür seinen Namen auf den Hintern tätowieren lassen würde. Ich glaub nicht ein einziges Wort davon, du etwa?«
Mich interessierte eigentlich etwas ganz anderes. »Und wann ist Justus dann … – ich meine, wann hat er gemerkt, dass er … äh, hat er lange gebraucht, bis er über Tina hinweggekommen ist?«
»Er hatte schon ziemlich lange daran zu knabbern«, sagte Janina. »War schwer für ihn, als kompletter Hornochse dazustehen. Er hat richtig das Urvertrauen in die Frauen verloren, würde ich sagen. Bis auf ein paar One-Night-Stands ist seitdem nichts mehr bei ihm gelaufen.« Janina seufzte, und ich hielt die Luft an.
»One-Night-Stands mit Frauen?«, platzte es dann aus mir
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