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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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sich Staub sammelt und sich Zweifel ins Herz schleichen. Wir sollten aufbrechen, Finn. Dies ist keine Zufluchtsstätte. Dies ist eine Falle.«
    Ein Schatten ließ sie aufblicken. Blaize stand auf der Galerie, die rings unter den Oberlichtern entlangführte, und schaute zu ihnen herunter, die Hände fest aufs Geländer gestützt.
    Â»Ihr müsst Euch ausruhen«, sagte er gelassen. »Außerdem führt kein Weg von hier hinunter. Es sei denn, ich entscheide mich dafür, Euch in meinem Schiff mitzunehmen.«
    Â 
    Claudia hatte alles akribisch geplant. In allen Kellerräumen hatte sie Scanner angebracht und Holo-Bilder von sich selbst und Jared vorbereitet, wie sie friedlich in ihren Betten schliefen. Einen der
niederen Dienstboten hatte sie mit einer saftigen Bestechungssumme dazu gebracht, ihr zu verraten, wann die Debatte zu Ende sein sollte, wie viele Klauseln der Ehevertrag enthalten würde und welche Zeit benötigt würde, um all diese Punkte zu besprechen. Schließlich hatte sie Evian aufgesucht und ihm aufgetragen, wegen jeder noch so unwichtigen Kleinigkeit herumzustreiten, damit ihr Vater auf jeden Fall bis deutlich nach Mitternacht in der Großen Kammer festsitzen würde.
    Als sie in ihrer dunklen Kleidung zwischen den Fässern herumhuschte, fühlte sie sich wie ein Schatten, der schließlich doch noch dem endlosen Bankett weiter oben entflohen war: dem höflichen Geplänkel, Königin Sias erstickenden, zwischen roten Lippen hervorgehauchten vertraulichen Bemerkungen und der unerträglichen Art und Weise, wie sie Claudias Hand ergriffen und gepresst hatte, während sie sich darin erging, sich auszumalen, wie glücklich Caspar und Claudia sein und wie viele Paläste sie bauen lassen würden. Unaufhörlich hatte sie davon geschwatzt, was für Jagdgesellschaften und Bälle das junge Paar veranstalten und welche Kleider sie selbst und Claudia tragen würden. Caspar hatte Claudia mit finsteren Blicken bedacht, viel zu viel Wein getrunken und sich dann so schnell wie möglich aus dem Staub gemacht, um sich mit irgendeinem Dienstmädchen zu treffen. Ihr Vater, ernst und gesetzt in seinem schwarzen Gehrock und seinen glänzenden Schuhen, hatte über die lange Tafel hinweg zu ihr hinübergeschaut, und zwischen den Kerzen und Blumen hatten sich für einen kurzen Moment ihre Blicke gekreuzt.
    Ob er geahnt hatte, dass sie etwas plante?
    Aber es blieb jetzt keine Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie duckte sich unter einem tief hängenden Spinngewebe hindurch, und als sie sich wieder aufrichtete, stand sie so unvermutet vor einer großen Gestalt, dass sie beinahe vor Schreck aufgeschrien hätte.

    Jared berührte sie am Arm und sagte: »Ich bin es, Claudia. Entschuldige.«
    Auch Jared trug dunkle Kleidung. Claudia fuhr ihn an: »Gott, du hast mich beinahe zu Tode erschreckt! Hast du alles?«
    Â»Ja.« Er war sehr bleich, und unter seinen Augen lagen dunkle Ringe.
    Â»Deine Medizin?«
    Â»Alles.« Er brachte ein kümmerliches Lächeln zustande. »Man könnte denken, ich wäre hier der Schüler.«
    Sie lächelte zurück und wollte ihn aufmuntern. »Es wird schon alles gut gehen. Wir müssen es uns einfach mit eigenen Augen ansehen, Meister. Wir müssen uns innerhalb umschauen.«
    Er nickte. »Dann schnell.«
    Gemeinsam eilten sie durch die Kuppelhallen. In dieser Nacht schienen die Backsteine noch klammer als beim letzten Mal, und die Ausdünstungen der mit Salz verkrusteten Wände waren so übel riechend, dass es ihnen den Atem verschlug.
    Das Tor schien heute höher, und als sie näher kamen, stellte Claudia fest, dass wieder Ketten davor gespannt waren. Jedes Metallglied war dicker als ihr Arm. Aber es waren die Schnecken, die ihr einen Schauder über den Rücken jagten: fette, große Tiere, deren silbrige Spuren kreuz und quer über den feuchten Niederschlag auf dem Metall führten. Es wirkte, als ob sie sich hier unten schon seit Jahrhunderten vermehrten.
    Â»Igitt!« Claudia zog eine Schnecke vom Gitter; sie löste sich mit einem leisen Ploppen, und Claudia schleuderte sie von sich. »Hier wären wir also. Mein Vater hat eine Kombination in das Bedienfeld eingetippt.«
    Der Havaarna-Adler spreizte seine ausladenden Schwingen. In der Kugel, die er in den Klauen hielt, befanden sich sieben kleinere, runde Vertiefungen. Claudia wollte sie

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