Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln

Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln

Titel: Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Hitze und Licht trieben ihm die Tränen in die Augen, aber er sah trotzdem nicht weg, ja, er blinzelte nicht einmal. »Sie … sie fliegen!«
    »Sie haben das nicht gewußt?« fragte Indiana.
    Ganty schüttelte den Kopf, ohne Indiana anzusehen. »Nein.
    Ich … wußte nicht, was ihr Name wirklich bedeutet.«
    Immer mehr und mehr Krieger stürzten sich nun auf ihren bunten Riesenschwingen in die Tiefe, wo sie wie ein gewaltiger Schwarm bizarrer, übergroßer Vögel unter ihnen kreisten. Das grelle Licht der Lava, in das Indiana blickte, ließ ihre Umrisse verschwimmen und machte die dünnen elastischen Taue, an denen sie hingen, unsichtbar. Sie begannen immer schneller um- und übereinander zu kreisen, so daß Indiana sich unwillkürlich fragte, wieso sich die Seile nicht ineinander verhedderten oder sie in der Luft zusammenstießen.
    Nach einer Weile begann er ein System in dem nur scheinbar willkürlichen Gleiten und Schweben zu erkennen. Die Vogelmenschen kreisten nicht planlos herum, sondern folgten ganz bestimmten, komplizierten Bahnen, auf denen sie sich manchmal so nahe kamen, daß sie beinahe zu kollidieren schienen, sich immer wieder auch in jähen Sturzflügen mit angelegten Schwingen in die Tiefe warfen oder aber mit weit ausgebreiteten Flügeln auf der aufsteigenden heißen Luft nach oben ritten.
    Was sie beobachteten, war ein Kampf. Er war allerdings nicht echt, sondern ein stilisiertes Ritual von genau festgelegten Bewegungen, Attacken und Paraden, Ausweich- und Angriffs-bewegungen. Ein majestätischer Tanz, der bizarr und anmutig, erschreckend und faszinierend zugleich war.
    Eine gute halbe Stunde standen sie schweigend da und sahen dem Tanz der Vogelmenschen zu, der vom an- und abschwellenden Rhythmus der Trommeln untermalt wurde. Manchmal – Gesetzmäßigkeiten folgend, die Indiana nicht zu durchschauen vermochte – schied einer der Vogelmenschen aus dem Tanz aus und wurde nach oben gezogen, woraufhin sofort ein anderer seinen Platz übernahm. Die Zahl der Tänzer blieb so immer gleich.
    Indiana hob verstohlen den Blick und sah zum Kraterrand empor. Die Feuer brannten noch immer, und ihr roter Schein zeichnete noch immer das gleiche Muster in den Himmel.
    Es war Indiana selten so schwergefallen wie jetzt, Geduld zu beweisen. Natürlich wußte er, daß es viel zu früh war. Selbst wenn die HENDERSON dort draußen war und wenn Franklin sein Signal auffing und darauf reagierte, konnten seine Leute noch nicht hier sein.
    »Was haben Sie, Jones?« fragte Ganty neben ihm.
    Indiana drehte sich zu ihm um, allerdings erst, nachdem er einen raschen, sichernden Blick zu Sandstein hinübergeworfen hatte. Aber die Mi-Pao-Lo war von dem Geschehen unter ihnen ebenso gebannt wie alle anderen und schenkte weder ihm noch den übrigen Gefangenen auch nur die mindeste Beachtung.
    »Sie sehen nervös aus«, fuhr Ganty fort. Er sah kurz zum Kraterrand hinauf und lächelte. »Haben Sie Angst vor dem, was passiert, wenn Make-Make nicht antwortet?«
    Indiana schwieg weiter. Er spürte, daß Ganty auf etwas ganz Bestimmtes hinauswollte, und er ahnte sogar, worauf.
    Ganty runzelte die Stirn. Als er weitersprach, klang seine Stimme sehr ernst. »Ich habe eine Menge Hochachtung vor Ihnen, Dr. Jones«, sagte er. »Aber Sie können mir trotzdem nicht erzählen, daß es Ihnen gelungen sein soll, in nur drei Tagen diese Schriftzeichen zu entziffern. Was immer sie dort oben tun, sie rufen nicht die Götter an. Aber irgend etwas tun sie. Ich frage mich nur, was das ist.«
    Indiana zögerte noch eine letzte Sekunde – und dann sagte er es ihm.
    Ganty riß verblüfft die Augen auf. »Wie bitte?«
    Erschrocken gab ihm Indiana ein Zeichen, leiser zu sein.
    Ganty senkte zwar gehorsam die Stimme wieder zu einem Flüstern, aber er klang genauso verblüfft und ungläubig, als er weitersprach. »Das … das glaube ich nicht! So blöd können sie gar nicht sein!«
    Indiana lächelte flüchtig, wurde aber sofort wieder ernst. »Es ist kein Zeichen von Dummheit, auf etwas hereinzufallen, das man nicht kennt, Ganty.«
    »Sie sind wahnsinnig, Jones!« murmelte Ganty. »Wenn sie herausfinden, daß Sie sie betrogen haben, dann –«
    »– wird auch nichts anderes geschehen als das, was uns ohnehin bevorsteht«, fiel ihm Indiana ins Wort. Er deutete auf Sandstein. »Schauen Sie sie an, Ganty! Glauben Sie wirklich, sie würde auch nur einen von uns lebend hier weglassen?«
    Ganty folgte seinem Blick. Er schwieg, aber in seinem Gesicht arbeitete es.

Weitere Kostenlose Bücher