Indische Naechte
bestand keine Gefahr!«
Aber sie hatten Steine und hätten sie auch eingesetzt, aber Laura hatte keine Lust, ihn darauf hinzuweisen. Offenbar war das Bezwingen eines aufgebrachten Mobs eine Alltäglichkeit für ihren Mann. »Ich war überrascht, daß du den Mann, der dich Engländer genannt hat, nicht korrigiert hast«, witzelte sie.
Ian grinste. »Selbst ein sturer Schotte erkennt gelegentlich, daß man sich manchmal nicht mit Nebensächlichkeiten aufhalten sollte.«
Sein Haar schimmerte wie dunkles Feuer in der untergehenden Sonne, und er war ganz und gar unwiderstehlich. Wenn sie zu Fuß gewesen wären, hätte Laura ihn geküßt, ob er es nun gewollt hätte oder nicht.
In dem Wunsch, die Richtung ihrer Gedanken zu ändern, sagte sie: »Ich bin bereit, zuzugeben, daß Schießübungen nicht ganz und gar nutzlos sind.«
»Sieh an«, meinte er tonlos, aber mit einem schelmischen Funkeln in den Augen. »Bedeutet das, ich darf nun eine gehorsame Frau erwarten?«
»Nein«, sagte sie fröhlich. »Aber ich werde ein bißchen mehr üben.«
Sein Lachen war fast so gut wie ein Kuß. Fast.
Kapitel 19
Nach ihrer Begegnung mit der aufgebrachten Menge folgten sie der Straße in nordwestlicher Richtung und hielt erst an, nachdem die Sonne bereits eine Weile am Horizont versunken war. Als Laura sich steif vom Sattel gleiten ließ, erkannte sie, daß Ian einen Lagerplatz ausgesucht hatte, der an drei Seiten geschlossen war.
Zafir half dem indischen Mädchen beim Absteigen und machte sich dann daran, Holz zu suchen und ein Feuer zu entzünden. Da Ian sich um die Pferde kümmerte, konnte Laura sich sozusagen unter vier Augen mit dem Mädchen unterhalten. Nachdem sie sich und die Männer vorgestellt hatte, fragte Laura: »Hast du irgendwelche Brandwunden oder andere Verletzungen, Meera?«
Das Mädchen musterte die geschwärzte Seide ihres Saris und sagte dann mit bewundernswert gelassener Stimme: »Mein Bein ist ein wenig gerötet, aber sonst habe ich nichts, Memsahib.«
Laura suchte in ihrer Habe nach Salbe und reichte dem Mädchen den Topf. »Das wird das Brennen lindern«, sagte sie und begann dann, die Dinge, die sie für das Essen brauchten, auszupacken. »Es ist zwar gegen den Brauch deines Volkes, mit Ungläubigen zu essen, aber du bist herzlich eingeladen, mit uns zu teilen, was wir haben.«
Meera hob ihr kleines Kinn. »Ich bin nun eine Ausgestoßene, Memsahib. Ich esse, was immer du mir schenkst, und bin dankbar dafür.«
Als Laura das Blech über das Feuer stellte, damit es aufheizte, kam Meera zu ihr. »Laß mich das machen, Memsahib. Ich habe deinem Mann gesagt, ich will seine Sklavin sein, also will ich auch dir dienen.«
Laura setzte sich auf ihre Fersen zurück und sagte zweifelnd: »Du solltest nach einem so schlimmen Erlebnis lieber ein wenig ausruhen.«
Das Mädchen lächelte schief. »Ich bin keine zarte Lotosblüte, Memsahib. Auch wenn mein Gemahl aus einer hohen Kaste stammte und sehr vermögend war, bin ich niedriger geboren. Ich weiß wie jede andere Frau, wie man kocht und putzt.« Als Beweis kniete sie sich nieder und begann, Wasser und Mehl zu mischen, um das Brot zu machen. Ihr Schmuck funkelte unregelmäßig im Feuerschein auf, als sie geschickt den Teig knetete.
»Es ist sehr nett von dir, uns zu helfen«, bemerkte Laura, »aber du wirst nicht ewig dienen wollen. Kannst du zu deiner Familie zurückkehren?«
Meera schüttelte den Kopf. »Nein. Mein ältester
Bruder würde mich vielleicht wieder aufnehmen, aber Mohans Söhne würden ihm sehr viel Ärger bereiten.« Sie blickte Laura ernst an. »Eine englische Lady sollte nicht ohne Dienerin reisen, Memsahib. Bitte erlaube mir, dir zu dienen - ich schwöre, ich werde sehr hart arbeiten.«
Laura biß sich auf die Lippen, während sie überlegte, was sie mit dieser eifrigen jungen Frau machen sollte. »Mein Mann und ich sind nicht mehr lange in Indien. Nach einem kurzen Besuch in Dharjistan werden wir nach Bombay reisen. Wenn du willst, kannst du für mich arbeiten, bis wir Indien verlassen. Mit Beziehungen wird es sicher dann nicht mehr schwer sein, für dich eine andere Stellung zu finden.« Sie schüttelte den Kopf, als sie die schmale, teuer gekleidete Frau musterte. »Aber es wird ein gewaltiger Abstieg für dich sein.«
»Verglichen mit dem Tod, Memsahib«, erwiderte Meera, »ist es nicht so schlecht, zu dienen.«
Das konnte Laura nicht bestreiten.
Da Meera die Chapatis buk, kümmerte Laura sich um das Pilaf, und so war das Essen
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