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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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als du erkannt hast.« Die Maharani hielt ihre Schaukel an. »Tatjana war klüger geworden. Wahrscheinlich hat ihr zweiter Mann Eifersucht auch nicht als Spiel betrachtet. Es klingt, als wäre er ein Mann gewesen, der wußte, wie man mit Leidenschaft umgeht. Und so waren die beiden in der Lage, sich zu lieben, ohne sich zu vernichten.«
    »Meine Mutter hat eine Katastrophe gebraucht, um ihre Lektion zu lernen. Meinst du, ich kann es besser machen?« fragte Laura leise.
    »Wie ich schon sagte, heißt der Schlüssel dazu Vertrauen.« Kamala streckte die Beine aus und lehnte sich weit zurück, so daß die Schaukel träge hin und her schwang. »Wußtest du, daß Rajiv Singh mehrere Konkubinen hat?«
    Laura war schockiert. »Nein! Aber ich dachte, ihr zwei liebt euch so sehr?«
    »Es wird von einem Mann in seiner Position erwartet«, erwiderte die Maharani. »Er verbringt mit jeder eine Nacht im Monat. In den anderen Nächten schickt er nach mir. Ich könnte eifersüchtig werden, aber wozu wäre das gut? Ich bin die Liebe seines Herzens, seines Körpers, seiner Seele. Und das ist, was einzig zählt.«
    Laura brauchte einige Zeit, um das zu verdauen. »Diese Einstellung beweist große Reife«, sagte sie schließlich. »Ich bin nicht sicher, ob ich diese Einstellung je erreichen werde.«
    »Das mußt du ja nicht — dein Mann ist kein indischer Fürst«, erwiderte Kamala mit einem belustigten Funkeln in den Augen. »Ist Falkirk Sahib ein unehrenhafter Mann, der dein Vertrauen mißbraucht, oder einer, der das Ehegelübde brechen wird?«
    Ohne eine Sekunde zu zögern, antwortete Laura: »Niemals.«
    »Wo ist dann noch ein Grund für Eifersucht?«
    Laura runzelte die Stirn, und ihre Hände klammerten sich fester um die Seidenstricke. »Wie du es sagst, hört es sich so einfach an.«
    »Vielleicht«, sagte die Maharani scharfsinnig, »hast du es bisher zu kompliziert gemacht.«
    Erschüttert erkannte Laura, daß Kamala den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. »Du hast gesagt, ich habe zwei unterschiedliche Dinge durcheinandergeworfen«, sagte sie zögernd. »Das heißt, die Komplikationen entstehen daraus, daß ich meine normalen Ängste mit dem Unglück vermischt habe, das meine Eltern über sich selbst gebracht haben?«
    »Genau das«, erwiderte die Maharani zufrieden. »In diesem Bereich besitzt der Westen die geringere Weisheit. Ihr betrachtet Mann und Frau als zwei Gegenspieler und haltet die Leidenschaft für ein wildes Tier, das man einsperren muß. Doch zwei Gegenpole sind Teil eines Ganzen, die Leidenschaft gehört zur Natur sowohl eines Mannes als auch einer Frau. Hast du schon bemerkt, daß Hindu-Gottheiten immer Paare sind — männlich und weiblich? Verehrst du einen Gott, verehrst du auch eine Göttin. Vishnu und Lakshmi. Shiva und Parvati. Krishna und Radha. Das Ganze liegt im Gleichgewicht der beiden. Dies ist der Grund, warum Bilder heilig sind, auf denen Männer und Frauen bei der Liebe eins werden.«
    »Srinivasa sagte, meine weiblichen und männlichen Energien sind nicht ausbalanciert«, sagte Laura und versuchte, die Teile zu einem zusammenhängenden Ganzen zusammenzufügen.
    »Bei den Eltern, die du hattest, ist es natürlich nicht leicht, dein inneres Gleichgewicht zu finden. Immer wenn etwas wie Leidenschaft aussieht, wirst du wieder zu dem verschreckten Kind.« Kamala musterte sie ernsthaft. »Du versuchst so sehr, dich selbst zu beherrschen, daß als Ergebnis davon genau das Gegenteil herauskommt. Durch den Versuch, deine starken Gefühle zu unterdrücken, gibst du ihrer Macht zusätzliche Energie und machst sie gefährlich instabil. Ich glaube, daß das Verlangen in deinem Leben auf natürliche Art und Weise seinen Platz finden wird, wenn du es dir nur offen zugestehst.«
    Laura bremste die Schaukel langsam ab. »Was ist ein normales Maß für Leidenschaft?«
    Kamala lächelte. »Frag irgendein Paar, das schon eine lange Zeit verheiratet ist, ob die Lust nach zehn Jahren immer noch so überwältigend ist, wie nach sechs Monaten. In vielerlei Hinsicht ist eine reife, eheliche Intimität besser, sie ist tiefer und reicher, als jugendliche Hitze, doch in jedem Fall wird es zu einem Teil des normalen Lebens ohne einen Hauch von Wahnsinn. Wahnsinn taucht nur unter ungewöhnlichen Umständen auf — zum Beispiel durch Trennung. Wenn Rajiv Singh und ich einige Zeit getrennt waren, dann stürzten wir uns anschließend aufeinander, als wären wir frisch verheiratet. Die meiste Zeit aber ist das Verlangen nur

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