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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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militärischer Erfahrung, habe auf der Stelle erraten, mit wem er sich hier schlagen sollte. »In der Neuen Welt ist nur ein Feldherr zu einer solchen strategischen Leistung fähig: Don Pedro de Valdivia, der Eroberer Chiles«, soll er gesagt haben. Sein Gegner enttäuschte ihn nicht und ließ ihn auch nicht zu Atem kommen. Nach etlichen Stunden Gefecht und schweren Verlusten mußte Gonzalo Pizarro seine Niederlage einsehen und Valdivia sein Schwert übergeben. Tage später wurde er zusammen mit seinem alten Oberfeldmeister in Cuzco enthauptet.
    La Gasca hatte seinen Auftrag erfüllt, die Erhebung war erstickt und Peru für Karl V. zurückgewonnen; nun war es an ihm, das Amt des gestürzten Gonzalo Pizarro und die damit einhergehende umfassende Macht zu übernehmen. Seinen Sieg verdankte er dem aufrechten Hauptmann Pedro de Valdivia, und er zeigte sich erkenntlich, indem er dessen Titel »Gouverneur von Chile« anerkannte, der Valdivia einst von den Bürgern Santiagos verliehen und der von der Krone bislang nicht bestätigt worden war. Außerdem ermächtigte er ihn, Soldaten und neue Siedler für Chileanzuwerben, sofern es sich nicht um aufständische Anhänger Pizarros oder peruanische Indios handelte.
    Ob Pedro an mich dachte, als man ihn in den Straßen von Cuzco feierte? Oder dachte er selbstverliebt einzig an sich? Ich habe mich hundertmal gefragt, weshalb er mich auf diese Reise nicht mitnahm. Hätte er es getan, wäre alles anders gekommen. Gewiß, es war eine militärische Mission, aber ich war seine Gefährtin im Krieg wie im Frieden gewesen. Schämte er sich meiner? Mätresse, Kebse, Konkubine. In Chile war ich Doña Inés Suárez, die Gouverneurin, und niemand verschwendete einen Gedanken daran, daß wir nicht rechtmäßig verheiratet waren. Ich selbst pflegte es zu vergessen. In Cuzco und später in der Stadt der Könige muß Pedro von Frauen umschwärmt worden sein, er war der unumschränkte Held des Bürgerkriegs, Herr und Gebieter über Chile, mutmaßlich reich und noch immer eine schmucke Erscheinung; für jede Frau wäre es eine Ehre gewesen, an seinem Arm zu gehen. Außerdem fanden sich bereits die ersten Verräter zusammen, die den fanatisch strengen La Gasca aus dem Weg schaffen und Valdivia an seine Stelle setzen wollten, aber niemand wagte es, ihn in das Vorhaben einzuweihen, denn er hätte es als Affront verstanden. Das Schwert der Valdivias hatte von jeher treu dem König gedient, es würde sich nie gegen ihn wenden, und La Gasca repräsentierte den König.
    In meinem Alter lohnt es nicht, daß ich mir den Kopf über die Frauen zerbreche, die Pedro womöglich in Peru hatte, zumal mein eigenes Gewissen nicht lupenrein ist: Damals begann meine Liebelei mit Rodrigo de Quiroga; was aber nicht heißen soll, daß er je von sich aus Schritte unternahm oder auch nur zu erkennen gab, daß er mein vages Verlangen erriet. Ich wußte, er würde seinen Freund Pedro de Valdivia niemals hintergehen, deshalb hütete ich mich vor dieser gegenseitigen Anziehung nicht weniger als er. War es meine Enttäuschung, die mich Rodrigonäherbrachte? Wollte ich mich an Pedro rächen? Ich weiß es nicht, jedenfalls hegten Rodrigo und ich eine tiefe, aber keusche Zuneigung füreinander, die ohne Hoffnung auf Erfüllung war, sich nur in Gesten und Blicken äußerte und nie in Worte gefaßt wurde. Von meiner Seite war es nicht das lodernde Verlangen, das ich für Juan de Málaga oder Pedro de Valdivia empfunden hatte, sondern der stille Wunsch, in Rodrigos Nähe zu sein, sein Leben zu teilen, ihn zu umsorgen. Santiago war eine kleine Stadt, in der sich nichts geheimhalten ließ, aber Rodrigos Ansehen war über jeden Zweifel erhaben, und es gab kein Gerede, obwohl wir uns täglich sahen, sofern er nicht im Kampf war. An Vorwänden mangelte es nicht, weil er mich bei meinen Vorhaben unterstützte, beim Bau der Kathedrale und der Kapellen im Umland, bei der Anlage des Friedhofs und dem Aufbau des Hospitals, und weil ich mich seiner Tochter angenommen hatte.
    Du wirst Dich nicht mehr daran erinnern, Isabel, Du warst ja damals erst drei Jahre alt. Eulalia, Deine Mutter, die Dich und Rodrigo sehr geliebt hat, starb in jenem Jahr, als der Typhus grassierte. Dein Vater führte Dich an der Hand zu mir und sagte: »Würdet Ihr bitte ein paar Tage auf sie aufpassen, Doña Inés, ich muß einige Wilde zur Strecke bringen, bin aber bald zurück.« Du warst ein stilles und aufmerksames Kind, hattest ein Gesicht wie ein Lama, dieselben

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