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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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aus wie ein wildes Pferd, was ich nie zuvor gespürt hatte. Mir schoß das Blut in die Schläfen, meine Knie sackten weg, und dann wurde mir schwarz vor Augen. Ich schaffte es noch eben zu einem Stuhl, sonst wäre ich auf dem Steinboden zusammengebrochen. Die Ohnmacht dauerte nur wenige Augenblicke, und als ich wieder zu mir kam, kauerte ich da mit dem Kopf auf den Knien. Ich verharrte so, bis das Hämmern in meiner Brust nachließ und ich wieder gleichmäßig atmen konnte. Ich schob die kurze Bewußtlosigkeit auf meinen Zorn und auf die Hitze, noch ahnte ich nicht, daß mein Herz entzweigegangen war und ich dreißig Jahre mit diesem Riß würde leben müssen.
    »Da ihm so sehr daran liegt, mir zu helfen, hat sich Pedro gewiß auch die Mühe gemacht, einen Ehemann für mich auszuwählen, richtig?« sagte ich, als ich wieder einen Ton herausbrachte.
    »Der Gouverneur hat ein paar Namen genannt …«
    »Ihr könnt Pedro ausrichten, daß ich in den Handel einwillige und mir meinen Zukünftigen selbst aussuche, denn ich gedenke, aus Liebe zu heiraten und sehr glücklich zu sein.«
    »Inés, bitte, ich sage es nicht gern, aber Hochmut ist eine Todsünde.«
    »Sagt mir eins, Pater, stimmt es, daß Pedro zwei Mätressen mitgebracht hat?«
    González de Marmolejo sah mich schweigend an und bestätigte damit die Gerüchte, die mir zu Ohren gekommen waren. Pedro hatte eine Frau von vierzig Jahren durch zwei von zwanzig ersetzt. Es waren Spanierinnen, María de Encio und ihre rätselhafte Zofe Juana Jiménez, die ebenfalls das Lager mit Pedro teilte und angeblich beide durch ihre Schwarze Magie beherrschte. Schwarze Magie? Die hatte man mir auch unterstellt. Zuweilen muß man nur den Schweiß von der Stirn eines müden Mannes tupfen, und er frißt aus der Hand, die ihn liebkost. Dafür muß man keine Schwarzkünstlerin sein. Loyal sein und heiter, zuhören oder wenigstens so tun, als hörte man zu, schmackhafte Speisen bereiten, ihn im Auge behalten, ohne daß er es merkt, damit er keine Dummheiten macht, genießen und ihm in jeder Vereinigung Genuß verschaffen und ein paar andere sehr schlichte Dinge mehr, das ist der ganze Zauber. Oder, um es kurz zu sagen: Zuckerbrot und Peitsche.
    Ich weiß noch, als Pedro mir von dem Nachthemd mit dem kreuzförmigen Schlitz erzählte, das seine Frau Marina getragen hatte, schwor ich mir im stillen, meine Blöße niemals vor dem Mann zu verbergen, mit dem ich das Lager teilte. Bei dieser Entscheidung bin ich bis zum letzten Tag an Rodrigos Seite geblieben und habe sie so schamlos befolgt, daß er nie gewahrte, wie mein Fleisch, gleich dem jeder alternden Frau, welkte. Die Männer, die mich berührt haben, waren von schlichtem Wesen: Ich tat, als sei ich schön, und sie glaubten es. Jetzt bin ich allein und habe niemanden mehr, den ich in der Liebe glücklich machen könnte, aber ich weiß, daß Pedro es mit mir gewesen ist, und Rodrigo ebenfalls, selbst als er schon so krank war, daß er nicht mehr viel tun konnte. Entschuldige, Isabel, ich weiß,diese Zeilen werden Dich ein wenig aufwühlen, aber es ist wichtig, daß Du lernst. Hör nicht auf die Pfaffen, die von diesen Dingen nichts verstehen.
    Santiago zählte bereits fünfhundert Stadtbürger, aber Klatsch verbreitete sich schnell wie auf dem Dorf, deshalb entschied ich, mich nicht lange zu zieren. Allerdings vollführte mein Herz noch Tage nach dem Gespräch mit dem Priester Bocksprünge. Catalina bereitete mir einen Sud aus Cochayuyu, getrocknetem Seetang, den sie über Nacht einweichte. Seit dreißig Jahren trinke ich diese schleimige Flüssigkeit nach dem Aufstehen, habe mich an ihren widerlichen Geschmack lange gewöhnt, und sie hält mich am Leben. Am Sonntag nach der Unterredung mit Marmolejo kleidete ich mich in meine besten Sachen, nahm Dich, Isabel, bei der Hand – Du lebtest ja schon seit Monaten bei mir –, und als die zweite Morgenmesse beendet war und alle aus der Kirche kamen, schritt ich quer über den Platz auf das Haus von Rodrigo de Quiroga zu, damit mich auch ja jeder sah. Catalina ging, in ihren schwarzen Umhang gehüllt, neben uns her und murmelte ihre Beschwörungen auf quechua, die in solchen Fällen wirksamer sind als christliche Gebete, und Baltasar trottete auf seinen alten Hundepfoten hinterdrein. Ein Indio öffnete uns die Tür und führte mich in die Stube, während mein Gefolge in dem staubigen Hof wartete, in dem die Hühner scharrten. Ich sah mich um und begriff, daß ich reichlich zu tun haben

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