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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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ihn, weil er mehr Frauen besaß und sich dicker tat als alle anderen Männer zusammen,ja mit seinem Haus wohl selbst die Kirche in den Schatten stellen wollte. »Der Baske hält sich für größer als Gott«, spotteten die Soldaten. Die Frauen in meinem Haus hatten den ganzen Winter genäht und auch anderen ihre Fertigkeiten beigebracht. Die Moral der stets eitlen Spanier stieg, als sie ihre neuen Hemden, gestopften Beinkleider und ausgebesserten Wämser sahen. Selbst Sancho de la Hoz unterließ es einmal, von seiner Zelle aus weiter Unruhe zu stiften. Der Gouverneur kündigte an, wir würden bald den Bau der Brigantine wieder aufnehmen, zum Goldwaschplatz zurückkehren und die Silbermine suchen, von der der Kazike Vitacura gesprochen hatte und von der bisher jede Spur fehlte.
    Unsere frühlingshafte Zuversicht währte nicht lang, weil der Mapuchejunge Felipe in den ersten Septembertagen die Nachricht brachte, daß noch immer feindliche Krieger ins Tal kamen und sich ein Heer formierte. Cecilia schickte ihre Dienerinnen aus, um der Sache auf den Grund zu gehen, und die bestätigten, was Felipe allein durch Vorahnungen zu wissen schien, und meldeten außerdem, daß etwa fünfhundert Krieger fünfzehn oder zwanzig Meilen vor Santiago lagerten. Valdivia rief seine treuesten Hauptleute zu sich und entschied einmal mehr, dem Feind eine Lektion zu erteilen, ehe der seine Reihen geordnet hätte.
    »Geh nicht, Pedro«, bat ich ihn. »Ich habe ein mulmiges Gefühl.«
    »Du hast immer ein mulmiges Gefühl in solchen Fällen, Inés«, sagte er in diesem Tonfall des verständnisvollen Vaters, den ich nicht ausstehen konnte. »Wir sind daran gewöhnt, gegen eine hundertmal größere Zahl zu kämpfen, fünfhundert Wilde sind ein lachhafter Haufen.«
    »Womöglich sind mehr da und halten sich noch verborgen.«
    »Mit Gottes Hilfe schlagen wir sie, sei unbesorgt.«
    Mir schien es unklug, unsere ohnehin kläglichen Kräfteaufzuteilen, aber wer war ich, daß ich die Strategie dieses erfahrenen Feldherrn hätte in Frage stellen dürfen? Immer wenn ich versuchte, ihn von einer militärischen Entscheidungen abzubringen, weil der gesunde Menschenverstand es mir gebot, wurde er zornig, und wir endeten im Streit. Ich war damals nicht mit ihm einverstanden und auch später nicht, als er wie im Fieber neue Städte gründen wollte, die wir weder besiedeln noch verteidigen konnten. Sein Starrsinn führte ihn in den Tod. »Frauen können nicht im Großen denken, sie machen sich kein Bild vom Morgen, haben keinen Sinn für Geschichte, für sie zählt nur, was im Haus und was sofort getan werden muß«, sagte er in diesem Zusammenhang einmal zu mir, mußte es aber zurücknehmen, als ich ihm die Liste all dessen herbetete, womit ich und andere Frauen zur Eroberung und zu den Stadtgründungen beigetragen hatten.
    Pedro ließ fünfzig Soldaten und hundert Yanaconas zum Schutz der Stadt zurück und unterstellte sie dem Befehl der Hauptleute Monroy, Villagra, Aguirre und Quiroga. Zusammen mit Jéronimo de Alderete, etwas über sechzig Soldaten und unseren restlichen Indios verließ er die Stadt bei Sonnenaufgang unter wehenden Standarten, mit Fanfaren und Salutschüssen, um durch möglichst viel Getöse den Eindruck zu erwecken, ihre Schar sei weit größer. Von der Dachterrasse des Hauses Aguirre, das uns als Wachturm diente, sahen wir sie davonziehen. Der Morgen war klar, und die verschneiten Gipfel im Hintergrund wirkten gewaltig und zum Greifen nah. Neben mir stand Rodrigo de Quiroga und versuchte, seine Unruhe zu verbergen, die nicht geringer war als meine.
    »Sie sollten nicht gehen, Don Rodrigo. Santiago ist ohne Verteidigung.«
    »Der Gouverneur weiß, was er tut, Doña Inés«, sagte er wenig überzeugt. »Es ist besser, sich dem Feind zu stellen, damit er begreift, daß wir ihn nicht fürchten.«
    Dieser junge Offizier war in meinen Augen der beste Mann unserer kleinen Kolonie, nach Pedro, versteht sich, denn er war tapfer wie kein zweiter, war erfahren im Kampf, beklagte sich nie, war loyal und selbstlos; daneben besaß er die seltene Gabe, jedermann Vertrauen einzuflößen. Sein Haus sollte nah an unserem entstehen, aber die ständigen Scharmützel der letzten Monate hatten ihn so in Anspruch genommen, daß bisher nur die Stützpfeiler und zwei Mauern standen und er noch zwischen Zeltplanen unter einem Strohdach hauste. So wenig behaglich war sein Heim, daß er in den Wintermonaten viel Zeit bei uns verbracht hatte, da sich das Haus des

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