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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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du musst das Licht sehen! Bitte komm …«
    Bang starrte Ines in den Nebel hinaus. Sie hatte die Bronzelampe entzündet und das Fenster geöffnet. Die Luft, die ins Refugium kroch, war eisig und feucht. Ines fror in ihrem Kleid, aber sie wandte die Augen nicht vom Nebel ab.
    Â»Bitte, Vopelian … komm zu mir!«
    Sie schwenkte die Lampe hin und her. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
    Vopelian ist der Einzige, der etwas über die Refugien weiß. Er hat bestimmt eine Idee, wie ich das Buch zurückbekomme und diesen grauenvollen Alten loswerde. Er muss mir helfen!
    Sie warf einen Blick auf die Uhr, die gerade wieder einen Seufzer verlauten ließ. Siebzehn Minuten war sie nun schon hier.
    Ob ihre Eltern sich draußen Sorgen machten? Würden sie an ihre Tür klopfen und nach ihr sehen? Würden sie überhaupt merken, dass Ines nicht in ihrem Zimmer war, weil die Zeit in der richtigen Welt so viel langsamer verstrich?
    Â»Vopelian … komm doch bitte!«
    Der Nebel blieb ein graues, stummes Mysterium. Vergeblich suchte Ines nach einem Licht, einem Zeichen. Sie spürte plötzlich die unendliche Leere vor dem Fenster und wich erschrocken zurück.
    Was ist eigentlich, wenn Vopelian gelogen hat?, fragte sie sich. Wenn es keine anderen Refugien gibt und er nur durch den Nebel irrt? Wenn das Buch von Kappadokios tatsächlich ein Märchen ist oder Herr zu Hausen es falsch übersetzt hat? Ich weiß nichts über das, was im Nebel liegt!
    Sie war drauf und dran, das Fenster wieder zu schließen. Aber sie wagte sich nicht mehr an den Sims, so als fürchtete sie, in den undurchdringlichen Dunst hinabzufallen.
    Ratlos umklammerte sie die Bronzelampe und seufzte. Hinter ihr antwortete die Uhr auf der Kommode mit demselben Laut.
    Plötzlich mischte sich ein Scharren darunter.
    Ines’ Blicke huschten durch den Raum. Sie versuchte herauszufinden, woher das neue Geräusch kam.
    Dann wandte sie sich zur Tür.
    Die Klinke!
    Die Frau mit dem wehenden Gewand bewegte sich …
    Ines hätte vor Schreck beinahe die Lampe fallen gelassen.
    Jemand drückt die Klinke herab, begriff Ines. Aber das kann doch nicht sein!
    Die Tür öffnete sich langsam.
    Durch den Spalt konnte Ines eine kahle Wand erkennen und etwas, das grünlich schimmerte.
    Das war nicht ihr Zimmer!
    Die Tür schwang nun ganz auf und herein trat – Karol!
    Sie sahen sich an. Beiden war die Furcht ins Gesicht geschrieben.
    Â»Ka… Karol?«
    Er sah sich im Refugium um, wie er es vor einer knappen Stunde schon einmal getan hatte.
    Â»Was machst du hier?«, entfuhr es Ines. »Wie kommst du hier herein?«
    Karol zuckte mit den Schultern.
    Â»Ich … habe deine SMS bekommen«, murmelte er. »Da wollte ich nachsehen, ob ich das mit dem Raum nicht geträumt habe.«
    Nun wurde ihr klar, was das grüne Schimmern war: eine Klassenzimmertür!
    Draußen lag der Flur des Schulhauses. Derselbe Flur, in dem sie Karol geküsst hatte, in dem die Tür des Refugiums erschienen war, in dem Frau Wunder den alten Herrn zur Rede gestellt hatte …
    Wie konnte das möglich sein?
    Â»Wo warst du denn, Karol?«, fragte sie leise. »Ich habe in der Aula nach dir gesucht.«
    Â»Ich brauchte Zeit zum Nachdenken«, antwortete er. »Dann habe ich versucht dich zu finden. Sonja sagte, sie hätte dich seit einer halben Stunde nicht gesehen. Also bin ich in den Flur zurückgegangen und dann …«
    Seine Stimme stockte.
    Â»Und dann was?« Ines umklammerte die Lampe, als wäre sie ihr einziger Halt. Über ihre Schultern strich kalte Luft, die durch das Fenster hereinströmte.
    Â»â€¦ und dann habe ich jemanden getroffen.«
    Karol senkte die Augen und wandte sich um.
    Â»Sie können jetzt hereinkommen, glaube ich …«
    Im Türrahmen erschien eine große Gestalt.
    Â»Da bist du ja wieder, Ines«, hörte sie den Bass des alten Herrn. »Endlich können wir unsere nette Unterhaltung fortsetzen.«
    Â 

43.
    Ines bekam kein Wort heraus. Sie starrte abwechselnd auf den alten Herrn und auf Karol.
    Warum hast du das getan, Karol?, schrie es in ihr. Warum?
    Â»Es tut mir unendlich leid, dass unsere Unterhaltung von deiner Lehrerin unterbrochen wurde«, säuselte der alte Herr. »So ein Drachen … bestimmt ist sie im Unterricht äußerst streng. Ich beneide euch nicht.«
    Gemächlich schritt er in das Refugium.

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