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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Themenwechsel schien ihm keinerlei Schwierigkeiten zu bereiten. »Ja«, antwortete er stolz. »Sie gehören alle mir.« Es schwang mehr Gefühl darin mit, als er in unserer gesamten bisherigen Unterhaltung gezeigt hatte. »Ich habe zwölf.«
    »Wunderschöne Tiere«, bemerkte Anderson.
    »Das sind sie«, pflichtete Bishop bei.
    »Ich selbst habe nie Polo gespielt«, sagte ich. »Aber ich hatte immer vor, es zu lernen.«
    »Ich hoffe, Sie werden irgendwann einmal mein Gast sein«, erwiderte Bishop. »Vielleicht im Myopia. Er liegt ganz in der Nähe von Boston.« Sein Tonfall sagte mir, dass ich vermutlich lange auf eine Einladung warten musste.
    »Das würde mich freuen.« Ich betrachtete abermals die Porträts. »Sind das Ihre Lieblinge? Von Ihren zwölf, meine ich.«
    »Eigentlich nicht. Sie standen dem Maler rein zufällig zur Verfügung.«
    »Haben Sie je eines von ihnen mehr geliebt als die anderen?«
    Bishop grinste. »Ich empfinde für alle dasselbe.«
    »Ist es so wie die Liebe zu einem Haustier?«, fragte ich. »Zu einem Hund oder einer Katze?«
    »Nein«, erwiderte er. »Es ist eher wie die Liebe zu einem Tennis- oder Golfschläger.«
    »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen«, sagte ich.
    »Man liebt sie«, antwortete er, »in dem Maße, in dem sie einem zum Sieg verhelfen.«
    Claire Buckley führte uns hinaus. Als wir auf die Auffahrt hinaustraten, kamen zufällig Garret Bishop und seine Mutter vom Tennisplatz auf das Haus zu. Wir verlangsamten unsere Schritte.
    Der ältere Bishop-Junge, der weiße Shorts und ein weißes T-Shirt trug, war mit seinen siebzehn Jahren bereits fast einsachtzig groß und so kräftig gebaut wie sein Vater. Doch während der Gang des Vaters entschlossen und aggressiv war, bewegte sich sein Sohn wesentlich zaghafter. Er zog die Schultern hoch und beugte beide Knie ein wenig, sodass jeder Schritt etwas schlurfend wirkte.
    Julia Bishop, in einem schwarzen Pareo und einem weißen T-Shirt, war kleiner und zierlicher, als ich von ihrem Foto im Arbeitszimmer vermutet hätte. Sie ging mit gesenktem Kopf.
    Aus zwanzig Meter Entfernung wirkten Mutter und Sohn wie ein Pärchen auf dem Rückweg von einem Tennisturnier, doch als sie näher kamen, wurde deutlich, dass man Julia ihr Alter – Mitte dreißig – durchaus ansah und dass sie der Verlust ihrer Tochter schwer getroffen hatte. Ihre Wangen waren ein wenig aufgedunsen, und die roten Flecke an ihrem Hals waren deutliche Anzeichen, dass sie viel geweint hatte. Nichtsdestotrotz war ihre Schönheit unleugbar, strahlend wie ein Scheinwerfer im Nebel. Als Erstes fielen mir ihre Smaragd-Augen auf – ein tiefes Grün, das von dem Rahmen aus schulterlangem schwarzem Haar, dem Haar einer Geisha, noch betont wurde. Dann wanderte mein Blick zu ihren hohen Wangenknochen und den vollen Lippen, dem schlanken Hals, der Anmut und blanke Sexualität verschmolz.
    Ich konnte meine Augen nicht von ihr losreißen. Sie trug ein kurzärmeliges weißes T-Shirt, das so eng anlag, dass sich darunter ihr spitzenbesetzter Bügel-BH abzeichnete, und kurz genug war, um den Blick auf ihren Nabel und gute zehn Zentimeter ihres sonnengebräunten Bauchs freizugeben. Noch etwas tiefer lugte ein schmaler Streifen eines schwarzen Bikini-Höschens unter dem schwarzen Leinen-Pareo hervor, der an einer Hüfte zusammengeknotet war und ein makellos geformtes Bein entblößte.
    Ich streckte meine Hand aus, während Anderson uns einander vorstellte, und Julia ergriff sie.
    »Es tut mir Leid, dass Sie den ganzen Weg hier herausgekommen sind, Doktor«, sagte sie mit einer Stimme so voller Verletzlichkeit, als würde sie jeden Moment darum bitten, in den Arm genommen zu werden.
    Je länger ich sie ansah, desto mehr schien mich ihre innere Leuchtkraft einzuhüllen. Es war wie ein himmelblauer Nebel. Als sie mir ihre Hand entzog, überkam mich fast so etwas wie ein Gefühl des Verlusts. »Ich hatte Gelegenheit, mit Ihrem Mann zu sprechen«, sagte ich. »Ich bin froh, dass ich hergekommen bin.«
    Julia sah zu Claire. »Wie geht es Tess?«, fragte sie besorgt.
    »Bestens«, versicherte Claire. »Sie war vorhin ein bisschen quengelig …«
    Julia seufzte und schaute zum ersten Stock des Hauses hinauf. »Ich hätte sie nicht allein lassen sollen. Ist sie …?«
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte Claire beschwichtigend. »Ich hab ihr ein Fläschchen gegeben, und sie hat sofort aufgehört. Jetzt macht sie ein Nickerchen.«
    Julia nickte geistesabwesend und spielte nervös an

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