Infanta (German Edition)
Mann gelegen«, sagte sie, und er suchte nach Spuren seiner Liebkosungen in ihrem Haar. Seine andere Hand strich über Maylas geduckten Leib. Sie kniete noch immer und bewegte sich nicht. Nur ihre Finger, die das Bettuch hielten, wurden zu Fäusten. Er pustete auf ihre Kruste und pustete ihr den Flaum aus der Stirn. Sie schloß die Augen, und er wand ihr das Tuch aus den Händen. Kurt Lukas sah die kleinen weißen Polster ihrer Brüste, sah ihren Bauch und die schattigen Senken, die von der Taille abwärts führten, bis sie sich trafen. Das Haar zwischen ihren Beinen war so fein, daß er daran zog, um es besser zu spüren. Mayla suchte seinen Mund, und er sprach in ihre Küsse hinein. »Du darfst keine Angst haben.«
»Ich habe keine Angst.«
Kurt Lukas kniete sich ihr gegenüber.
»Aber ich habe welche.«
»Ich hoffe, sie ist nicht zu groß.«
Er legte ihr die Hände auf die Schultern.
»Sag jetzt nichts mehr, atme nur.«
Von seinen Händen ging ein schwacher Druck aus, und Mayla legte sich auf den Rücken. Er berührte ihre Ferse, sie streckte das Bein. Er strich über ihr Knie, sie winkelte es ab. Er küßte ihr den Puls, und sie öffnete die Fäuste. Auch seine kleinsten Bewegungen verfolgte sie mit größter Aufmerksamkeit. Plötzlich griff sie in sein Haar und rieb ihre Wange an seinem Hals; etwas später fielen noch zwei Sätze.
Er flüsterte: »Es wird weh tun.«
Sie antwortete: »Mach es möglich.«
Mayla nahm seine linke Hand, nicht wissend, daß er mit der rechten ein Anfänger war, führte sie an den Mund und schloß ihre Zähne darum. Das war tief in der Nacht. Die ganze Station schien zu schlafen, doch ihre Bewohner lagen wach; jede Liebesbegegnung, auch die behutsamste, hat ihr Geräusch.
Erst als sie seine Hand wieder freigab, löste er sich von ihr. Von seinem Gesicht tropfte es auf ihr Gesicht, ihren Hals, ihre Brust. Er griff nach dem Bettuch, bevor sie es tat. Der Wunsch, ihr jede Geste einer Reinigung unter seinen Augen zu ersparen, ließ ihn den Tuchsaum zwischen ihre Beine legen. Mayla rollte sich auf den Bauch. Er strich ihr das Haar aus dem Nacken und küßte die Mulde, küßte ihre Schulterblätter und den nassen Hang des Rückens, die warmen Hüften und das Glatte der Kniekehlen. Sie blutete noch. Wie aus einem kleinen Leck rann es heraus, durchzogen von milchigen Fäden. Er fing diesen Rückstrom und tupfte ihn sorgfältig ab. Gewohnt, daß sein Samen mit den Frauen verschwand, tat er sich schwer. Und auf einmal drehte sich Mayla wieder und sagte mit ruhiger Verwunderung, daß sie ihn liebe.
Er entgegnete nichts. Er glaubte ihr. Sie nahm sich eine Zigarette und rauchte im Liegen, eine Hand am Hinterkopf, die andere am Mund – ein schönes ernstes Bild, das sich ihm einprägte.
»Und wirst du bald zurück in Rom sein?« fragte sie.
»Ich denke nicht.«
»Und deine Familie?«
»Ich habe keine Familie. »
»Jeder hat eine Familie.«
»Ich habe Verwandte. Niemand vermißt mich, höchstens der Hausmeister. Ich informiere ihn, wenn ich länger weg bin, damit er den Briefkasten leert. Aber er wird ihn auch so leeren. Ich kann also bleiben. Wenn ich es will.« Er sah durch die offene Balkontür auf einen Himmel wie mit silbrigem Pulver bestreut und schwieg. »Bitte habe nicht den Ehrgeiz, es zu wollen«, flüsterte Mayla, und in dem Augenblick liebte auch er sie, liebte sie für die Art, in der sie ambition aussprach, mit langem I und weichem, wie einem Kind mit in den Schlaf gegebenem Sch . . . Er sprach es ihr nach, und sie gab ihm eine sachte Ohrfeige, die erste von vielen.
Weit unten im Tal schrien Hähne. Die Luft war leicht bewegt und roch nach taunassem Gras. Am Himmel standen noch Sterne, aber sie glitzerten nicht mehr. Kurt Lukas war auf den Balkon gegangen. Er lehnte an der Brüstung. Als Mayla neben ihn trat, wußte er, daß er von nun an ihr Freund war.
»Was macht deine Hand, Lukas?«
»Sie wird blau.«
Er drehte sich um. Mayla war angezogen und hielt das Bettuch im Arm.
»Man wird das Tuch hier vermissen.«
Sie bedachte seinen Einwand.
»Die Fathers betreten die Kammer nicht, wenn ein Gast darin wohnt. Morgen bringe ich es wieder.«
»Heißt das, du kommst jede Nacht?«
»Das wird nicht gehen.«
»Dann komme ich zu dir.« Er wollte sie an sich ziehen, aber ihr Blick – etwas müde, etwas trunken – hielt ihn ab. Mayla umarmte seinen Kopf, sie sprach ihm ins Ohr. Es gehe nicht, daß er zu ihr komme. Er müsse hier auf der Station bleiben, sie werde
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