Infantizid
wären. Nicht zu vergessen das Wort âºInfantiâ¦â¹. Wer und was stecken dahinter?«
Bräunig zuckte mit den Schultern, es war sonnenklar, dass er diese Frage stellte.
»Keine Ahnung. Ich weià es auch nicht. Das Wort bedeutet Infantizid. Wir verfolgen diesbezüglich gerade eine Theorie. Mal sehen, was es bringt. Zur Aufklärung der Personen Jentzsch und Arndt fahren meine Leute am Montag nach Berlin und versuchen zu ermitteln, ob zwischen den beiden irgendein Zusammenhang besteht. Die anderen kümmern sich parallel dazu um Recherchen. Vielleicht ist so etwas zumindest in ähnlicher Form schon einmal passiert. Die Frage ist: Was machen wir mit Klatt und seiner Kontaktaufnahme zu dieser Firma Omicron? Wie geht es danach weiter?«
»Was weiÃt du über diesen Klatt?« Immer wenn die beiden allein waren, duzten sie sich.
»Augenblick, die wichtigsten Daten, die ich auf die Schnelle bekommen konnte, habe ich hier festgehalten.« Bräunig zog ein Notizbuch aus der Innentasche seiner Jacke. »Matti Klatt, geboren am 25. November 1959 in Erfurt, Schule, Ausbildung, drei Jahre Fallschirmjäger, Sprengtaucher, danach Studium, wollte nicht aufgrund âºvolkswirtschaftlicher Interessenâ¹ in irgendein Kaff versetzt werden, bewarb sich bei der Polizei, wurde nach über einem Jahr angenommen, Fernstudium Kriminalistik, sehr gute Ergebnisse, Thema der Abschlussarbeit: âºDie Motivation der Täter bei vorsätzlicher Tötung beziehungsweise bei Totschlagâ¹. Wollte danach zur Mordkommission, wurde abgelehnt. Die lieÃen ihn nicht gehen. Es gab nur eine Möglichkeit, dort wegzukommen.«
Der Staatsanwalt übernahm die wichtigsten Stichpunkte in sein eigenes Notizbuch und schaute auf. »Und die wäre?«
»Es gab eine Truppe bei der Polizei in der DDR, die hieà âºDiensteinheit IXâ¹. Wer sie war und was sie machte, wussten nur ganz wenige. Es war für alle besser, erst gar nicht danach zu fragen, nicht zuletzt zu ihrer eigenen Sicherheit. Fakt war, wenn die Obrigkeit jemanden in dieser Einheit haben wollte und dieser Jemand einverstanden war, gab es einen Befehl und damit war er auch schon weg. Dann führte kein Weg mehr zurück. Und keiner konnte etwas dagegen tun. So war es bei Klatt. Wahrscheinlich war das seine persönliche Rache, weil er nicht zur Mordkommission gehen durfte. Irgendwie kann ich ihn verstehen.« Bräunig musste grinsen.
»Ich auch. Was passierte dann?« Dr. Müller schrieb weiter.
»Er hatte die denkbar günstigsten Voraussetzungen, um dort zu arbeiten. Wie wir jetzt wissen, war die Einheit für Terrorismusbekämpfung, Verhaftung von Schwerstkriminellen und Geiselbefreiung zuständig. Natürlich gab es diese Delikte auch in der DDR. Offiziell wurde das aber vehement bestritten. Deshalb die Geheimniskrämerei um diese Truppe. Wenn es die Diensteinheit offiziell gegeben hätte, hätten die Politiker mit Sicherheit unangenehme Fragen beantworten müssen. Soweit mir bekannt ist, hatten die mehr als genug zu tun. Warum er dort aufgehört hat, müssen wir ihn selbst fragen.«
»Interessant. Und was macht er jetzt? Ist er aktenkundig?«
»Nein, ist er nicht. Er hat gerade sein Haus und seine Firma verkauft, ist geschieden und lebt allein.« Der Hauptkommissar rutschte auf seinem Stuhl ein Stück nach vorn.
Der Staatsanwalt schaute Bräunig an und bemerkte dessen Unruhe. »Also, was schlägst du vor?«
»Du kennst die Vorschriften. Ich kann keinen Zivilisten in die Ermittlung mit einbeziehen. Zumal wir noch gar nicht wissen, was diese Firma Omicron AG macht und welche Rolle Matti Klatt zu spielen hat. Es muss irgendwie offiziell und wieder nicht offiziell sein«, druckste Bräunig herum.
»Klaus, hör auf herumzusülzen. Also sag, was schlägst du vor?«
»Ihm einen Beratervertrag zu geben, wie wir das mit Psychologen oder Sachverständigen machen. Zeitlich auf diese Ermittlung begrenzt, gegen Bezahlung. Damit sind alle Seiten abgesichert. Das wäre der inoffizielle Teil. Ich habe so ein Gefühl, dass wir mit diesem Fall noch lange nicht am Ende sind. Und deswegen will ich ihn offiziell aus dieser Sache heraushalten. Wir sollten seine Kontaktaufnahme mit der Omicron AG abwarten und dann sehen, wie wir weitermachen.«
»Wir müssen noch mal mit ihm sprechen. Am besten morgen früh, hier bei mir. Ich habe gestern mit meinem
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