Infernal: Thriller (German Edition)
mithilfe des winzigen Clips zwischen den Schalen meines Maidenform. »Fertig«, sage ich. »Fangen wir an.«
Sie machen die Augen wieder auf, und Kaiser öffnet die Hecktür.
»Vergessen Sie nicht«, sagt Baxter, »sobald Ihnen irgendetwas komisch vorkommt, rufen Sie laut, und die Kavallerie kommt herein.«
»Es wird schon nichts passieren.«
Die Pension, in der Thalia Laveau wohnt, hat ein neues Dach und einen Anstrich nötig, und es ist wenig wahrscheinlich, dass das Haus im Lauf der nächsten zehn Jahre das eine oder das andere bekommt. Die Tür zu ihrem Apartment in der ersten Etage liegt am Ende einer wackligen Holztreppe, die außen an der abblätternden Holzverschalung angebracht ist. Ich klammere mich an das Geländer, während ich die Stufen erklimme, denn ich fühle mich in den hochhackigen Pumps ungefähr so sicher wie in Schneeschuhen. Die Tür und die Verkleidung sind von Jahrzehnten achtloser Mieter verschrammt. Ich klopfe laut und warte. Einen Augenblick später höre ich Schritte.
»Wer ist da?«, fragt eine gedämpfte Stimme hinter dem Holz.
»Mein Name ist Jordan Glass. Ich würde mich gern mit Ihnen über Ihre Bilder unterhalten.«
Stille. Dann: »Ich kenne Sie nicht. Woher wussten Sie, wo Sie mich finden?«
»Roger Wheaton hat es mir gesagt.«
Das Geräusch von Riegeln, die zurückgeschoben werden, dann öffnet sich die Tür einen Spalt breit, gesichert von einem Kettenschloss. Ein dunkles Auge sieht heraus und mustert mich.
»Wer sagten Sie, sind Sie?«
So viel zu der Theorie, dass mein Gesicht sie so erschüttert, dass sie ein Geständnis ablegt. »Miss Laveau, wissen Sie von den Frauen, die in den vergangenen zweiundzwanzig Monaten spurlos aus New Orleans verschwunden sind? Zwei dieser Frauen wurden aus der Universität entführt.«
»Ob ich etwas darüber weiß? Ich trage seit drei Monaten eine Waffe mit mir herum. Was ist mit diesen Frauen?«
»Eine davon war meine Schwester.«
Das dunkle Auge blinzelt. »Das tut mir Leid. Aber was hat das mit mir zu tun?«
»Ich habe ein paar Gemälde der Opfer entdeckt. Sie wurden in Hongkong ausgestellt, doch das FBI fand ganz besondere Pinselhaare in der Farbe, und es konnte die Herkunft dieser Haare zu Roger Wheatons Programm an der Tulane University zurückverfolgen.«
Das Auge weitet sich, dann blinzelt es zweimal. »Das ist verrückt! Gemälde von den entführten Frauen?«
»Ja. Es handelt sich ausnahmslos um Aktgemälde, und die Frauen posieren darauf, als schliefen sie oder als wären sie tot. Miss Laveau, ich will herausfinden, ob meine Schwester noch lebt oder nicht, und das FBI hilft mir dabei. Oder besser, ich darf dem FBI helfen.«
»Warum sollte das FBI so etwas tun?«
Ich komme mir albern vor, in einen Türspalt zu reden, doch es ist nicht das erste Mal in meinem Leben, und man muss mit dem arbeiten, was man hat. »Weil meine Schwester und ich eineiige Zwillinge sind. Das FBI lässt mich vor den Verdächtigen aufmarschieren in der Hoffnung, dass ich den Täter so in Panik versetze, dass er sich verrät.«
»Oder sie sich?«, fragt Thalia Laveau. »Ist es das, was Sie mir sagen wollen? Dass ich wegen einiger Pinselhaare verdächtigt werde?«
»Niemand glaubt wirklich, dass Sie etwas damit zu tun haben könnten, doch die Tatsache, dass Sie Zugang zu diesen speziellen Pinseln haben, zwingt das FBI, der Sache nachzugehen.«
»Ich schätze, Sie würden gern hereinkommen?«
»Das würde ich, wenn Sie mit mir reden.«
»Habe ich die Wahl zwischen Ihnen und dem FBI?«
»So ist es im Grunde genommen, ja.«
Das Auge verschwindet, und ich höre sie seufzen. Die Tür schließt sich, die Kette klirrt, und dann wird die Tür erneut geöffnet. Ich schlüpfe hindurch, bevor sie es sich anders überlegen kann, und sie sperrt hinter mir ab.
Als ich Thalia Laveau gegenüberstehe, erkenne ich, wie irreführend das Foto war. Auf dem Bild, das ich gestern Abend gesehen habe, wirkte ihr schwarzes Haar fein und seidig, doch es muss viel krauser sein, denn heute hat sie es in lange dichte Strähnen gelegt, die aussehen wie Dreadlocks, aber keine sind, und die bis hinunter über die Brust reichen. Ihre Haut ist trotz ihres afrikanischen Blutes so hell wie meine, doch ihre Augen sind durchdringend schwarz. Sie trägt einen farbenfrohen, karibisch wirkenden Hausmantel, und sie sieht aus wie eine Frau, die sich in ihrer Haut wohl fühlt und sich insgeheim über die Dünkel anderer amüsiert. Der Gesamteindruck ist exotisch, als wäre sie die
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