Infernal: Thriller (German Edition)
Schreibtisch. »Es war ein gestohlenes Handy. Umprogrammiert. Keine Möglichkeit, den Killer auf diese Weise zurückzuverfolgen. Das Labor konnte die Chips retten, und sie haben die einprogrammierten Kurzwahlnummern. Eine davon ist die Nummer von Marcel de Becque.«
John reißt die Faust zu einer Siegesgeste hoch. Ein Bild des alten französischen Exilanten geht mir durch den Kopf, wie er an seinem großen Fenster steht und mir mit seiner kultivierten Stimme von meinem Vater und den glorreichen Tagen in Vietnam erzählt.
Baxter drückt einen Knopf auf seinem Telefon. »Einsatzzentrum? Hier ist Baxter. Verraten Sie mir, wo sich Marcel de Becque in diesem Augenblick aufhält.« Wir sitzen schweigend da, während Baxter wartet. Dann wird sein Gesicht aschfahl. »Wann? ... Informieren Sie die FAA und die ausländischen Gesandtschaften. Dann rufen Sie mich zurück.«
Er legt auf und reibt sich mit der Hand über das Kinn. »De Becques Jet hat Grand Cayman vor sechs Stunden verlassen. Der Pilot hat als Flugziel Rio de Janeiro angegeben, doch er kam nie dort an. De Becque könnte überall sein.«
»Gottverdammter Mist!«, flucht John.
Bevor irgendjemand einen Kommentar abgeben kann, klingelt Bowles’ Telefon erneut. Baxter aktiviert den Lautsprecher.
»Baxter hier.«
»Wir haben Chief Farrell am Telefon. Er will mit Ihnen reden.«
»Ich höre.«
»Daniel?«, fragt eine volle afroamerikanische Stimme.
»Hallo Henry. Was gibt’s denn?«
»Wir haben soeben einen Anruf wegen des Fotos im Fernsehen erhalten. Eine Witwe draußen in Kenner sagt, dass sie dem Kerl ein Zimmer vermietet hätte. Sie ist absolut sicher. Sein Name wäre Johnson, und er wäre so gut wie nie in der Stadt gewesen. Er wäre ein Handelsvertreter. Die Adresse lautet zwei-einundzwanzig Wisteria Drive. Das ist die Südseite von I-10, direkt beim Flughafen. Jefferson Parish.«
Selbst auf Baxters Gesicht zeigt sich die Aufregung, als er die Adresse auf einen Aktendeckel kritzelt. »Hat der Sheriff bereits jemanden hingeschickt?«
»Er weiß noch gar nichts davon. Ich dachte, dass ich zuerst bei euch Jungs anrufe.«
Baxter blickt dankbar zur Decke hinauf. »Wir schicken die Spurensicherung gleich los. Wir kümmern uns um die Regelung der Zuständigkeit.«
»Viel Glück, Daniel. Der Name der Lady ist Pitre.«
»Wir sind Ihnen was schuldig, Henry.«
»Schätze, ich werde noch reichlich Gelegenheit haben, das wieder einzufordern. Viel Glück.«
Baxter legt auf und sieht Bowles an. »Hätten wir vor fünf Jahren so einen Anruf bekommen?«
»Im Leben nicht. Farrell ist ein harter Bursche. Er hat in den letzten fünf Jahren Hunderte von Cops gefeuert oder hinter Gitter gebracht.«
Baxter tippt eine Nummer in das Freisprechtelefon.
»Spurensicherung hier«, meldet sich eine weibliche Stimme.
»Zwei-einundzwanzig Wisteria Drive, Kenner. Nehmen Sie die ganze Einheit.«
»Alarmsirenen und alles?«
»Nein, aber treten Sie aufs Gas. Wir treffen uns vor Ort.«
»Wir sind schon unterwegs.«
Mrs Pitre lebt in einem Straßenlabyrinth gleich nördlich der Rollbahnen des New Orleans Moisant International Airport. Als Baxter, Lenz, John und ich an den Zuckerbäckerhäusern vorbeifahren, kommt ein landender Jet wie ein riesiger Vogel über uns herein und passiert Crown Victoria mit markerschütterndem Brüllen.
»Nette Gegend«, sagt Baxter, der hinter dem Steuer sitzt. »Man könnte glatt jemand erschießen, wenn so ein Ding landet, und keiner würde es hören.«
»Darüber sollte man vielleicht nachdenken«, sagt Lenz vorne auf dem Beifahrersitz.
Baxter dreht sich zu mir um. »Sorry, Jordan.«
»Sie müssen sich nicht für die Wahrheit entschuldigen«, entgegne ich trotzig.
Das Haus ist ein typisches Vorstadt-Siedlungshaus. Als wir in die Einfahrt einbiegen, erkenne ich das Dach einer zweistöckigen Garage hinter dem Haus. Die Holzkonstruktion sieht aus wie nachträglich angebaut, und nicht von einem Meisterzimmerer. Die Wände sind schief, und über dem Dach hängen die Äste einer Ulme, die besser bereits vor dem Bau gefällt worden wäre.
Als Baxter den Motor abschaltet, tritt eine Frau mit einer Zigarette im Mundwinkel aus der Garagentür und winkt mit einem Schlüsselbund. Sie ist sicher schon Ende fünfzig, doch das hindert sie nicht daran, ein pinkfarbenes, enges Spandex-Top zu tragen und blaue Shorts, die den Blick freigeben auf ihre mit Krampfadern übersäten Beine.
John will die Wagentür öffnen. »Los geht’s.«
»Nehmen Sie Ihren
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