Infernal: Thriller (German Edition)
ist irgendwie wie ein innerer Zwang. Doch wie groß sind die Chancen, dass dieses Feuer von einem Feuerteufel gelegt wurde? Vierundzwanzig Stunden nachdem ich die Verbindung zwischen den »Schlafenden Frauen« und den Opfern aus New Orleans entdeckte, wird die einzige Kontaktperson zu dem unbekannten Künstler lebendig verbrannt? Das Timing ist allzu perfekt. Dieses Feuer wurde gelegt, um Christopher Wingate zum Schweigen zu bringen. Und der Mann, der es getan hat, steht vielleicht jetzt in diesem Augenblick nur ein paar Meter von mir entfernt. Vielleicht habe ich sein Gesicht sogar bereits auf dem Film.
Aus den Berichten, die ich nach Janes Verschwinden gelesen habe, weiß ich, dass Serienmörder häufig zu den Orten ihrer Morde zurückkehren, um sich an ihren Taten zu weiden, ihre grauenhaften Verbrechen noch einmal zu durchleben oder gar dort zu masturbieren, wo sie dem Flehen ihrer Opfer gelauscht haben. Der Mord an Wingate ist sicher nicht mit dem Mord an den Frauen auf den Bildern zu vergleichen – dieser Mord ist ein Verbrechen aus Zweckmäßigkeit, ein Akt des Überlebens. Durchaus möglich, dass der Mörder trotzdem abwartet, um sich zu überzeugen, ob er sein Ziel erreicht hat. Und wer weiß schon, wie die beiden Männer miteinander in Verbindung gestanden haben? Was hat Wingate zu mir gesagt? Sie würden nicht glauben, was ich alles gesehen habe.
Als ich mich von dem brennenden Gebäude abwende, bemerke ich aus den Augenwinkeln eine flüchtige Bewegung. Weit aufgerissene Augen, die am Rand der Menge zu meiner Rechten in die Anonymität zurücksinken. Die Leute drängen sich mittlerweile in Fünferreihen hinter der Absperrung; ich kann die Augen nicht mehr entdecken. Doch während ich nach ihnen suche, bewegt sich eine Mütze hinter der Menge entlang in meine Richtung. Ich hebe meine Hand mit der Kamera und schieße ein Foto über die Köpfe der Leute hinweg. Der Kopf mit der Mütze verschwindet, dann taucht er noch näher vor mir wieder auf. Ich drücke erneut auf den Auslöser, doch es blitzt nichts, und ich spüre in meiner Hand, wie der Motor den Film zurückspult; der Lärm der Menge hat verhindert, dass ich es früher höre.
Mein Film ist voll.
Die Mütze bewegt sich nun nach vorn, schiebt sich langsam durch die Menge hindurch auf mich zu. Ich spüre die Versuchung, zu warten, bis ich das Gesicht darunter sehen kann, doch was mache ich, wenn er eine Pistole bei sich trägt? Nahe genug, um etwas zu sehen, ist auch nahe genug, um zu schießen, und ich will nicht hier sterben. »Jordan Glass, die bekannte Kriegsberichterstatterin und Fotografin, in Chelsea in der Fünfzehnten Straße erschossen.« Die Schlagzeile hat einen ironisch-wahren Unterton, und ich werde nicht darauf warten, bis sie von den Ereignissen bestätigt wird. Ich sehe mich hastig um und renne zum Einsatzleiter der Feuerwehr, der bei einem der Löschfahrzeuge steht und mit einem Cop redet.
»Captain!«
Er wirft mir einen verärgerten Blick zu.
»Jane Adams, von der ›Post‹. Ich habe die Menge da hinten geknipst, und ich bin an einem Typen vorbeigekommen, der nach Benzin gestunken hat! Als ich etwas gesagt habe, hat er mich durch die Menge verfolgt! Er trug eine von diesen Pudelmützen.«
Die Augen des Feuerwehrmannes werden weit. »Wo ist er?«
Ich wende mich um und deute zu der Stelle, die ich Augenblicke zuvor verlassen habe. Und tatsächlich, für einen Sekundenbruchteil ist die Mütze zu sehen, zusammen mit einem blassen, bärtigen Gesicht mit funkelnden Augen. Es verschwindet so hastig, dass ich mich frage, ob es überhaupt da gewesen ist.
»Dort! Haben Sie ihn gesehen?«
Der Feuerwehr-Captain rennt auf das Absperrband zu, dicht gefolgt von dem Cop, mit dem er sich unterhalten hat.
»Was war das?«, fragt ein anderer Cop, der unvermittelt neben mir erscheint.
»Ich habe einen Typen gesehen, dort drüben, der nach Benzin gestunken hat. Sie sind hingegangen, um es zu überprüfen.«
»Kein Scheiß? Gute Arbeit. Sie sind von der ›Times‹?«
»Nein, von der ›Post‹. Ich hoffe nur, dass sie ihn kriegen!« Und was sage ich zu ihnen, wenn sie ihn tatsächlich kriegen?
»Ja. Das ist vielleicht ein beschissener Tatort. Es könnte wirklich der Täter gewesen sein.« Der Cop ist jung und italienischer Abstammung, und er hat einen Dreitagebart.
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Sie haben eben jemanden in einem Wagen auf der anderen Straßenseite gefunden. Mausetot.«
»Was?« Ich wirbele herum und versuche etwas zu
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