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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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durch ist?«
    »Genau. Besser gesagt, seine Günstlinge tun das. Die meisten, die in die Hölle kommen, werden auf die ein oder andere Art in die Arbeit eingebunden. In gewissem Sinne ist die Mephistopolis genau wie jede andere Stadt: Es gibt Geschäfte und Parks und Bürogebäude, ein öffentliches Verkehrssystem und Polizisten und Krankenhäuser, Kneipen, Konzerthallen, Apartmentanlagen, in denen Leute wohnen, Gerichte, wo Verbrecher für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden, Regierungsgebäude, in denen Politiker herrschen. Genau wie in jeder anderen Stadt – beinahe zumindest.«
    Via übernahm das Reden. »In der Mephistopolis werden die Leute nicht geboren – sie treffen ein. Und sie leben ewig. Und während auf der Erde die soziale Ordnung auf dem Streben nach Frieden und Harmonie unter den Bewohnern aufbaut …«
    »Ist die soziale Ordnung in der Hölle das Chaos«, beendete Xeke.
    »Ihr habt Demokratie, wir haben D ämono kratie. Ihr habt Physik und Naturwissenschaften, wir haben schwarze Magie. Ihr habt Barmherzigkeit und Wohlwollen, wir haben systematischen Horror. Das ist der Unterschied. Luzifers sozialer Entwurf muss als genaues Gegenteil von Gottes Entwurf funktionieren, denn Luzifer hat all das aufgebaut, um das Wesen zu beleidigen, das ihn hierher verbannte.«
    »Also liegt sie nicht unterirdisch, wie man sagt?«, fragte Cassie. »Sie ist nicht irgendwo auf der Erde?«
    »Sie liegt auf einer anderen Erde, die denselben Raum beansprucht«, erklärte Xeke. »Sie ist einfach nur eine andere Existenzebene, die Gott geschaffen hat. Genau wie der Himmel.«
    »Wenn man also stirbt …«, begann Cassie.
    »Dann kommt man entweder in den Himmel oder hierher. Genau wie es in der Bibel steht. Wie es die meisten Religionen vermuten.« Xeke zog eine Augenbraue hoch. »Eigentlich keine besonders große Überraschung.«
    Während Cassie weiterhin auf die Stadt in der Ferne starrte, überschlugen sich in ihrem Kopf unzählige Fragen. Wie sollte sie auf alle Antworten finden?
    »Gehen wir einfach weiter«, schlug Via vor, als könnte sie Gedanken lesen. »Deine Fragen werden sich dann alle beantworten.«
    Sie marschierten los, Hush zupfte wieder an Cassies Arm. Doch Cassie war entsetzt. »Hey, wartet! Ihr wollt doch wohl nicht zu Fuß laufen? Das ist doch total weit!«
    Xeke warf lachend den Kopf zurück und schüttelte seinen Pferdeschwanz. »Natürlich nicht. Wir nehmen den Zug.«
    Cassie zögerte. »Den … Zug?«
    »Klar. Aber es ist mit Sicherheit kein Intercity, das kann ich dir verraten.«

KAPITEL SECHS

I

    Der schmale Pfad schlängelte sich durch die Dunkelheit. Es war Nacht, wie Cassie erklärt wurde – hier war es immer Nacht -, doch das trübe rote Licht von oben wirkte eher wie beginnende Morgenröte in einer seltsamen, fremdartigen Gegend. Der Hügel, den sie hinabstiegen, schien genau dem Hügel vor Blackwell Hall zu entsprechen, aber das war es auch schon. Sonst war nichts gleich. »Die Wälder«, erkundigte sie sich, »die Äcker und die Weiden? Wo sind sie geblieben?«
    »Auf der Existenzebene, die du gerade verlassen hast«, sagte Via. »Es gab hier vor langer Zeit Wälder, aber sie wurden alle gerodet.« Sie zeigte in die Ferne. »Und wenn du das da Ackerland nennen willst« – sie ließ den Rest unausgesprochen.
    In der Ferne erkannte Cassie dürre Gestalten, die sich auf den neblig-rauchigen Feldern abmühten. Stämmige, haarlose Tiere zogen Pflüge durch rötlich-schwarzen Boden; weitere dürre Gestalten trotteten hinterher, zupften verwachsene Knollen und ekelhaft aussehendes Gemüse aus dem Staub. Der Anblick dieser Bauern schockierte sie.
    Sie sind so entsetzlich dünn …
    »Das ist die Auszehrungseinheit«, klärte Xeke sie auf. »Die Verbrecher der Hölle werden von den Constablern hierher gebracht und zur Arbeit gezwungen, bis nur mehr Haut und Knochen übrig sind.«
    »Sie werden zu Tode gehungert?«
    »Sie hungern, bis ihr Astralkörper stirbt. Wenn man in der Welt der Lebenden stirbt und hierher kommt, bekommt man einen physischen Körper, ähnlich demjenigen, den man zu Lebzeiten hatte; das ist der Astralkörper. Aber wenn der stirbt, dann wird deine Seele in eine andere Lebensform überführt, eine, die hier geboren ist. Sagen wir mal, die Kapnomanten verbrennen deinen Körper zu Asche. Dann stirbt deine Seele, also dein Bewusstsein, nicht; sie stirbt nie, sie kann nicht sterben.«
    »Und was passiert damit?«
    »Wenn du in der Gunst der Hölle stehst, dann fährt deine

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