Inferno
es, den Mephisto-Turm niederzubrennen und Luzifer zu entthronen.«
Das klang für Cassie nach einer ziemlich gewaltigen Aufgabe. Eigentlich wollte sie ja nur ihre Schwester finden, aber sie würde jede Hilfe annehmen, die sich ihr bot.
Als sie unten am Feld ankamen, wurde es schlagartig mucksmäuschenstill. Die gesamte Armee stand stramm und blickte Cassie an, die in ihren Flipflops den Hügel herunterstolperte.
Ist das peinlich , dachte sie.
Dann rief jemand: »Die Heilige!«, und die Rebellenarmee jubelte, warf ihre Waffen in die Luft und schwenkte Fahnen.
»Schau mal, du bist ein Star«, meinte Via.
Aber Cassie flüsterte zurück: »Schon, aber ich fühle mich ihnen jetzt irgendwie verpflichtet.«
»Das bist du auch. Sie haben dir das Leben gerettet.«
Das konnte Cassie schlecht bestreiten, aber … »Ich weiß, aber ich bin doch nur eine Goth aus D.C., diese ganze Ätherkind-Sache ist eigentlich gar nicht mein Ding. Ich will einfach nur mit meiner Schwester sprechen und dann wieder nach Hause gehen, wo ich hingehöre.«
Hush grinste Via an, als wäre das ein Witz.
»Was?«
»Cassie, du hast unglaubliche Kräfte. Wenn die Aufständischen hinter dir stehen, könntest du hier unten wirklich etwas verändern. Sei nicht so selbstsüchtig. Besondere Kräfte bringen auch besondere Verantwortung mit sich. Das hat schon Spiderman gesagt … Und der hat auch gegen die Bösen gekämpft, weil es seine Verantwortung war.«
»Ich bin aber nicht verantwortlich für die Leute in der Hölle.«
»Und ob du das bist. Je länger du hier bist, desto stärker werden sich deine Kräfte entwickeln. Bald schon wirst du mehr Zeit in der Hölle verbringen als in der Welt der Lebenden. Die Leute hier haben Recht: Du bist wirklich eine Heilige.«
Cassie sank frustriert in sich zusammen. Ich will keine Heilige sein. Ich will einfach nur Rob Zombie hören und die Goth Times lesen .
Aber wenigstens schien Via jetzt um einiges zuversichtlicher zu sein, dass sie Lissa finden würden. Ein weiterer Nektoport öffnete sich auf dem Feld, und mehrere hundert hübsche Mädchen traten daraus hervor. Sie trugen weiße Kleider und Blumen im Haar, und sie alle hüpften fröhlich durch die Reihen hingeschlachteter Dämonen, hoben die Waffen auf und nahmen ihnen die Rüstungen ab. Danach erschien ein Magier im weißen Umhang, in der Hand zwei Kristallkugeln. Er stimmte einen Gesang an, und als er die Kugeln aneinander stieß, zerbrachen sie, und mit einem Schlag gingen all die nackten Leichname in Flammen auf.
»Prachtvoll, nicht wahr, o Heilige?«, bemerkte der Ritter.
»Ähm – ja«, entgegnete Cassie, zuckte aber beim Anblick des gewaltigen Feuers zusammen. Eine pilzförmige Wolke stieg auf. »Das ist, ähm, ein echt cooler Trick.«
»Schande über Luzifer. Tod allen Feinden des Engels der Reue. Mögen die Seelen derer, die heute hier starben, in alle Ewigkeit in den Körpern von Exkre-Würmern schmachten.«
Innerhalb kurzer Zeit verdunkelte der dichte schwarze Rauch das dunkelrote Zwielicht über ihren Köpfen. Das Feuer prasselte und tobte. Entfernte Schreie waren aus der Glut zu hören, von den wenigen Dämonen, die noch nicht ganz tot waren.
Viele der schwarzen Ritter zogen sich jetzt in die leuchtenden Nektoports zurück, während mehrere Züge von Dentapeds – die riesigen Münder auf menschlichen Beinen – begannen, die rauchenden Leichname aufzufressen.
»Also«, Cassie wurde langsam ungeduldig, »wo bleibt denn jetzt dieser Ezoriel?«
Da ertönte hinter ihr eine Stimme, die wie ein helles Licht klang. »Hier bin ich, o Heilige. Ich lebe auf ewig, um Euch zu dienen.«
Cassie drehte sich erschrocken um und stand vor einer Gestalt, die mindestens zweieinhalb Meter groß sein musste.
»Er ist es!«, flüsterte Via ehrfürchtig. Selbst Hush wirkte überwältigt, als sie zu ihm aufsah. Cassie dachte nur, Heilige SCHEISSE …
Ezoriel, der Engel der Reue, der Herausforderer Luzifers, des Morgensterns, blickte aus leuchtend blauen Augen auf sie herab. Er trug eine Tunika ähnlich der eines römischen Legionärs und darüber eine schwarze Lederrüstung. Das Schwert an seiner Seite war dreißig Zentimeter breit und anderthalb Meter lang. Auf dem Rücken trug er noch die Überreste seiner einst riesigen Flügel, die nun kaum mehr als ein Knochengerüst waren, verkohlt von seinem Sturz aus dem Himmel. Er trug einen klassischen griechischen Helm aus poliertem Messing.
Cassie konnte nicht anders, als die perfekte, muskulöse
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