Infernoclub 3 Mein verlockender Earl
gesenktem Kopf erhob Mara sich und ging zur Tür. „Hier entlang, Sir.“
Galant ließ Jordan der jungen Dame den Vortritt. Dann trat er hinter sie, brachte sich somit schützend zwischen sie und die alte Hexe und schloss die Tür.
Als sie den Korridor hinuntergingen, reagierte Mara kaum auf seine fröhliche Plauderei. „Wo kommen Sie her? Haben Sie die anderen Gäste bereits kennengelernt? Ein schönes Haus, nicht wahr? Und wunderschöne Gärten. Ich bin mir sicher, dass wir unseren Aufenthalt sehr genießen werden.“
Am Treppenabsatz blieb Mara plötzlich stehen, drehte sich zu Jordan um und blickte ihm in die Augen. „Sie haben alles gehört, nicht wahr?“
Ihre direkte Frage überraschte ihn. „Äh, wie bitte?“ Ungeduldig zog sie ihre dunklen Augenbrauen zusammen. Da er ihren Stolz nicht verletzen wollte, zögerte Jordan, doch sie schien nur an der Wahrheit interessiert. Mit einem Achselzucken verwarf er die Idee, sie anzulügen. „Ich habe genug gehört, um zu wissen, dass Sie die Rüge nicht verdient haben. Geht es Ihnen gut? “ Steif wandte Mara den Blick ab. „Ich bin daran gewöhnt. Sie haben sich nicht wirklich verirrt, nicht wahr?“
Mit einem reuevollen Lächeln schüttelte Jordan den Kopf. Etwas wehmütig sah Mara ihn erneut an. „Vielen Dank für Ihre Hilfe.“
„Gern geschehen.“ Dann schüttelte er voller Unverständnis über Lady Helens Grausamkeit den Kopf. „Warum behandelt sie Sie so?“
Mara zuckte mit den Schultern. „Das hat sie schon immer getan. Es gibt keinen Grund dafür.“
Entgeistert starrte er sie an. „Das tut mir unendlich leid.“ „Das muss es nicht. Vermutlich werde ich es nicht viel länger über mich ergehen lassen müssen“, murmelte Mara und wandte sich wieder den Stufen zu, um Jordan in den Frühstückssalon zu führen.
Während er ihr folgte, beobachtete Jordan sie fasziniert. Je weiter sie sich von ihrer Mutter entfernte, desto mehr verwandelte sich Maras niedergeschlagene Haltung in Entschlossenheit. „Was meinen Sie damit?“
„Hm? Oh, nichts.“ Sie warf ihm einen Seitenblick zu, und ihr bitteres, hartes Lächeln stand in krassem Gegensatz zu ihrer Jugend.
Diese Art Lächeln hatte Jordan zuvor schon oft gesehen. Bei Virgil. Es war das entschlossene, tapfere Lächeln eines Überlebenskünstlers.
Während sie den Korridor hinuntergingen, blickte Miss Bryce starr geradeaus. „Würden Sie mir einen Gefallen tun?“
„Was immer Sie wünschen.“ Jordan klang eifriger als beabsichtigt.
Mara blieb stehen und wandte sich ihm noch einmal zu. „Erzählen Sie niemandem davon.“
Als er in ihre Augen blickte, erkannte er darin eine Tiefe und Reife, die er nie zuvor bei einem jungen Mädchen gesehen hatte. „Natürlich nicht“, flüsterte er. „Keine Sorge, bei mir ist Ihr Geheimnis sicher aufgehoben. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort.“
In ihrem wunderschönen Lächeln spiegelten sich Dankbarkeit und Erleichterung wider. „Ich danke Ihnen.“ Dann senkte sie die dichten, verführerischen Wimpern und wandte sich wieder dem Korridor zu. „Wir sind am Frühstückssalon angekommen, Mylord.“
Jordan konnte den Blick nicht von ihr wenden, als er sie nun in den Raum geleitete. Jegliche Anzeichen des erlittenen Kummers und der Erniedrigung waren verschwunden, als Mara jetzt stolz erhobenen Hauptes in den Salon trat. Sofort wurde sie überschwänglich begrüßt, nein, geradezu mit der Aufmerksamkeit der jungen Herren überhäuft, denen sie schon vorgestellt worden war.
Die zerbrechliche Verletzlichkeit, die Jordan noch Momente zuvor bemerkt hatte, war verschwunden oder besser: sorgfältig hinter einer Maske der Unbeschwertheit versteckt.
Miss Bryce gab die perfekte Vorstellung von mädchenhafter Lebendigkeit, sie lachte und flirtete. Und während die anderen jungen Damen im Raum sie mit Blicken durchbohrten, waren die begehrtesten Junggesellen - Jordan eingeschlossen - von ihrem Charme geblendet. Unter ihnen auch der große laute Idiot Viscount Pierson.
Mara faszinierte Jordan sehr, doch gleichzeitig war er nicht sicher, ob ihm gefiel, was er sah. Nun erkannte er die Bedeutung ihrer geheimnisvollen Bemerkung, sie habe die Tiraden ihrer Mutter nicht viel länger zu ertragen.
Das Mädchen hatte ein klares Ziel vor Augen, und Jordan konnte es ihr nicht verübeln. In diesem Moment sah Mara ihn über die Köpfe ihrer Verehrer hinweg an, als ob sie Jordans Blick gespürt hätte.
Vielsagend hob er eine Augenbraue, und ihre Antwort bestand aus einem
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