Infiziert
Plastik. Dieses Reflektieren war der einzige Grund, warum sie es entdeckt hatte.
Mit der linken Hand schob sie die Kamera näher an das schwarze Material heran. Mit der rechten Hand kontrollierte sie den so genannten Trokar, eine Röhre, durch die spezielle chirurgische Instrumente in den Körper des Patienten eingeführt werden konnten, ohne dass man ihn aufschneiden musste. Ihr Trokar enthielt eine winzige Fremdkörperfasszange. Wie ein Kind mit einem Einhunderttausend-Dollar-Videospiel schob sie die Zange an das schwarze Plastikstück heran. Ihr Zeigefinger ruhte auf einem Abzug, mit dem sich die Zange schließen ließ, sobald sie zudrücken würde.
Margaret korrigierte die Kameraeinstellung. Das aufgrund der Vergrößerung leicht verzerrte Bild zeigte die geheimnisvoll schimmernde Substanz. Die Zange ähnelte zwei metallischen Monsterklauen, die kurz davor standen, einen einsamen Schwimmer aus einem schwarzen Meer zu ziehen.
Vorsichtig betätigte sie den Abzug. Die Zange schloss sich fest um das seltsame Material, wobei sie dicke, stinkende Schleimblasen herausdrückte.
»Saubere Arbeit«, sagte Amos. »Schon beim ersten Versuch. Gebt der Lady eine dicke Zigarre.«
Sie lächelte und zog die Zange zurück. Das Material leistete Widerstand. Sorgfältig betrachtete sie den Monitor. Dann begann sie, die Zange vorsichtig hin und her zu drehen, um das fest umschlossene Objekt zu lockern. Der Grund für den Widerstand klärte sich – der Gegenstand schien in einer Rippe zu stecken. Sie zog langsam, doch mit immer mehr Kraft. Das Objekt löste sich ein Stück und kam dann ganz frei. Sie hörten ein schmatzendes Geräusch, als sich die winzige, mit schwarzem Schleim verschmierte Zange vollständig aus der Wunde löste.
Amos hielt eine Petrischale unter die Zange. Margaret ließ den Abzug los, doch die Substanz klebte am Schleim des unteren Teils der Zange. Er nahm ein Skalpell und schob das Objekt mit dessen Spitze in die Petrischale.
Sie griff nach der Schale und hob sie vor ihren Helm. Das Material besaß eine ausgeprägte Form, und sie erkannte, warum es so fest im Knochen verankert gewesen war. Es sah genauso aus wie der Dorn einer schwarzen Rose.
Befriedigung erfüllte sie. Sie waren noch hunderte Meilen davon entfernt, den Schlüssel zu diesem grauenhaften Rätsel zu entdecken, doch dank Charlotte Wilson hatte sie gewusst,
wonach sie suchen musste und wie viel Zeit ihr zur Verfügung stand. Der schwarze Gegenstand war etwas Neues, und er brachte sie der Antwort einen Schritt näher.
»Hey«, sagte Amos. »Was hältst du davon?« Er stand neben Brewbakers Hüfte, die am wenigsten von den Flammen zerstört worden war. Seine Finger ruhten neben einer kleinen Läsion, die aussah wie ein verschrumpelter Pickel.
Ein verschrumpelter Pickel, aus dem eine winzige blaue Faser ragte.
»Er hatte also Akne«, sagte Margaret. »Glaubst du, dass das von Bedeutung ist?«
»Ich glaube, dass alles von Bedeutung ist. Sollen wir es entnehmen und zur Untersuchung schicken?«
Sie dachte einen Augenblick nach. »Noch nicht. Es sieht nicht so aus, als ob die Zersetzung an dieser Stelle schon begonnen hat, und ich will sie selbst untersuchen. Konzentrieren wir uns auf die Teile, die bereits verwesen. Wir wissen ja, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, um mit denen zu arbeiten. Danach sehen wir uns diese Stelle an, okay?«
»Klingt gut«, sagte Amos und nahm die Kamera vom Tisch mit den Instrumenten. Er beugte sich vor, machte ein Foto und legte die Kamera zurück auf den Tisch. »In Ordnung. Wir werden uns später darum kümmern.«
»Wie lange dauert es, bis wir die Gewebsanalysen aus der Wucherung bekommen?«
»Wir werden die Informationen morgen haben. Ich bin sicher, dass sie die Nacht durcharbeiten. DNA-Analyse, Proteinsequenzierung und alles, was sonst noch sinnvoll sein könnte.«
Sie sah auf die Uhr. Es war 22.07 Uhr. Sie und Amos würden die ganze Nacht und noch einen großen Teil des nächsten
Tages wach sein. Sie wussten aus Erfahrung, dass sie nur wenige Tage hatten, bevor Brewbakers Leiche vollständig verwest sein würde.
13
Der Dienstag wird nicht besser
»Mein Gott, Perry«, sagte Bill. »Zwei Tage nacheinander. Ich habe schon erlebt, wie Hunde, die Flöhe hatten, sich so gekratzt haben, aber noch nie einen Menschen.« Bill hing halb über der Trennwand zwischen den Arbeitsbereichen und sah hinab auf Perry, der sich wie verrückt kratzte.
»Natürlich nehme ich nur an, dass du ein Mensch bist«, fügte
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