Initiation
gerissen worden und sie ist gestorben.
Ich bitte den Schülerrat, meine Beweisführung anzuhören und ein Urteil zugunsten von Cordelia Hammer zu fällen. Lassen Sie nicht zu, dass die kriminellen Handlungen dieser vier Feiglinge unsere Schule für immer als gefährlichen Ort für paranormale Kinder in Verruf bringen. Lassen Sie Gerechtigkeit walten. Verurteilen Sie alle Angeklagten.«
Sie nickte dem Rat zu und setzte sich wieder neben mich.
»Ich hätte noch viel mehr schwafeln können, aber unsere Eröffnungsreden sind auf fünf Minuten begrenzt«, flüsterte sie.
Ten sah zum gegnerischen Anwalt, einem winzigen Pixie-artigen Wesen. »Sally, sind Sie bereit?«
»Ja«, antwortete sie mit leiser eintöniger Stimme. »Das mit dem Kneifen wollte ich selber machen, aber da Octavia das bereits für mich getan hat, kann ich mich eigentlich gleich wieder hinsetzen. Ich will sagen… das Mädchen ist offensichtlich nicht tot. Das kann jeder sehen.« Sie kicherte und setzte sich.
»Das war’s?«, fragte Ten.
Sally nickte und lächelte in die Menge. Die Niedlichnummer hatte sie voll drauf.
Octavia seufzte. »Genial von ihnen, Sally als meine Gegnerin auszusuchen.«
»Ist sie wirklich gut?«, fragte ich besorgt.
»Ja, sie ist wirklich gut. Aber nicht so gut wie ich. Mach dir keine Gedanken. Wir wollen sie, sowohl wegen schwerer Körperverletzung als auch wegen Mordes, verurteilt sehen. Warten wir mal ab, was sie morgen hat.«
»Die Zeit, die uns für heute zur Verfügung stand, ist abgelaufen. Wir treffen uns morgen um die gleiche Zeit wieder, um den ganzen Tag lang Aussagen anzuhören. Der Anwalt der Klägerseite ist zuerst an der Reihe.« Ten klopfte mit dem Richterhammer und entließ uns.
»Ich muss schnell weg, aber können wir uns später treffen?«, fragte ich Octavia.
»Ja, wir müssen einige Sachen durchgehen. Schick mir eine SMS, wenn du Zeit hast.« Und weg war sie.
Ich spürte, wie mir das Blut in den Adern gefror, als ich den Geruch des Adlermädchenss wahrnahm. Sie war im Gerichtssaal. Ich überflog den Raum, wobei ich die Menge verzweifelt musterte, die auf den Ausgang zudrängte. Ich bewegte mich schnell auf den Geruch zu, aber er war verschwunden. Dann drehte ich mich im Kreis, um den Geruch wieder aufzuspüren. Ohne Erfolg.
Da ich schon spät dran war, sprintete ich auf mein Zimmer, um Faustine zu holen. Sie war schon soweit fertig und mampfte mit Quinn Frühstück.
»Wir haben aufgrund der Lage beschlossen, auf dem Zimmer zu essen«, erklärte Quinn.
»Gute Idee.« Ich nahm mir ein Stück von seinem Steak. »Oh, das ist so lecker!«
»Und? Wie war’s?«
»Erzähl ich dir später, Quinn. Aber es war okay. Fertig, Faustine?«
»Ja. Muss ich irgendetwas mitnehmen?«
»Nein, ich glaube nicht. Auf geht’s.«
Zehn Minuten später kamen wir vor Professor Berns Büro an. Ihr Sekretär sah uns über seine Lesebrille an. »Bitte tretet gleich ein. Sie erwartet euch.«
Ich klopfte leise und zog die Tür ohne die Antwort abzuwarten auf und steckte meinen Kopf ins Zimmer. Das Büro schien leer zu sein, aber ich trat trotzdem ein, gefolgt von Faustine. Das riesige Büro war voller Bücher- und Papierstapel, die in unordentlichen Türmen überall auf dem Boden standen. Das Zimmer wurde von Kerzen erhellt. Das musste sie offensichtlich bevorzugen, denn ich entdeckte überall Steckdosen und in einer davon war ein MacBook eingestöpselt.
»Willkommen, bitte setzt euch.« Professor Berns Stimme kam anscheinend von der anderen Seite des Schreibtischs.
Faustine sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich zuckte die Schultern.
»Kinder, setzt euch!«
Wir setzten uns auf die lederbezogenen Sessel, sahen zum Schreibtisch und warteten.
»Es ist sehr schön euch beide kennenzulernen. Dich, Cordelia, habe ich selbstverständlich schon gesehen. Ich habe gehört, das du Faustines Mentorin bist und auf sie aufpasst.«
»Ja, das stimmt.« Mit der Luft zu sprechen war komisch. Sprach sie über eine Gegensprechanlage mit uns? Wir hätten doch skypen können, wenn sie zu viel zu tun hatte.
»Dann werde ich mich dir richtig vorstellen, Faustine. Wie man dir gestern bei dem Initiationsmeeting gesagt hat, bin ich Professor Bern, Leiterin der Abteilung für Paranormale Kräfte und Praktiken. Diese Abteilung überwacht alle praktischen Aspekte der Entwicklung deiner übernatürlichen Fähigkeiten. In der Abteilung sind ungefähr hundert Mitarbeiter eingestellt, die meisten sind Privatdozenten oder
Weitere Kostenlose Bücher