Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
zurück. Leute eilten rückwärts durch den Park, ohne Norton Beachtung zu
schenken.
Doch nun wurde er sich eines weiteren Problems bewußt. Der Fortschritt der Zeit war
unvollkommen.
Zuerst hatte er geglaubt, es sei seine eigene Langeweile, die ihm vorgaukelte, daß die Zeit sich
träger voranbewegte als sonst,, doch als er seine eigene Uhr - die seine persönliche Zeit maß -
mit der Parkuhr verglich, mußte er feststellen, daß die Parkuhr etwa eineinhalb Minuten
benötigte, um eine Minute zurückzugehen. Was war hier verkehrt?
Dann begriff er es: Die Magie wurde schwächer. Die Sanduhr war zwar mächtig, doch nicht
allmächtig, und eine Umkehr der gesamten Weltzeit stellte eine beachtliche Anforderung dar. Nach
zwei Stunden hatte die Sanduhr an Kraft verloren und bewältigte die gewaltige Magie weniger
effizient als zu Anfang.
Er konzentrierte sich und befahl der Magie, wieder ihre volle Kraft anzunehmen, und die Zeit lief
wieder normal schnell. Doch jetzt mußte er sich darauf konzentrieren, denn sobald er mit seiner
Konzentration nachließ, geriet die Zeit wieder ins Gleiten. Er konnte also nicht einfach darauf
warten, daß der entscheidende Augenblick kam; er mußte sein Eintreffen befehlen. Zum Glück war
das nicht sehr schwierig.
Die Uhr schlug neun und machte sich dann in Richtung 08.30 Uhr in Bewegung. Dann schlug sie
erneut neun.
Beunruhigt zuckte Norton zusammen. Er war eingedöst, und die Zeit hatte sich nicht nur
verlangsamt, sie hatte sogar ihre Flußrichtung wieder verändert. So ging das nicht! Er
konzentrierte sich erneut, und da schlug die Uhr zum dritten Mal neun und setzte ihren
rückläufigen Gang fort.
Norton schritt im Park umher, weil er befürchtete, sonst erneut die Konzentration zu verlieren.
Er hatte noch einige Stunden vor sich und wollte sie bis zum Ende durchstehen.
Als er an eine Wegeskreuzung nahe einem rückwärts fließenden Springbrunnen gelangte, erblickte er
auf dem kreuzenden Pfad einen Dämon. Die Kreatur kam rückwärts heran, konnte Norton also nicht
sehen; das war schon das zweite Mal an diesem Tag, daß er solches Glück gehabt hatte. Doch durfte
er nicht stehenbleiben. Hastig zog er sich auf demselben Weg zurück, den er gekommen war. Er
versteckte sich hinter einem Baum und sah zu, wie der Dämon vorbeikam. Mit Sicherheit suchte das
Ding nach ihm, denn ohne vernünftigen Grund pflegte Satan seine Diener nicht auf die
Öffentlichkeit loszulassen, da die Menschen dazu neigten, auf Dämonen negativ zu reagieren. Nicht
daß Satan die Empfindungen der Menschen wichtig gewesen wären, doch er wollte vermeiden, daß sie
vor Schreck wieder ein rechtschaffenes Leben begannen, das ihn Seelen kosten würde. Also tarnte
er seine Operationen, abgesehen von seinen ständigen Werbefeldzügen, mit denen er die Leute davon
zu überzeugen suchte, daß die Hölle tatsächlich ein spaßiger Ort sei. Niemand, der recht bei
Sinnen war, glaubte daran - aber es gab auch sehr viele dumme Menschen auf der Welt. Außerdem
unterhielt Satan diskrete Rekrutierungsbüros, in denen jedoch niemals Dämonen zu sehen waren, da
dort ausschließlich die weiche Verkaufsmasche galt.
Freilich machte all dieses Umherirren und -streunen Norton langsam müde. Er hätte gerne seine
Füße ausgeruht - doch das wagte er nicht. Dann fiel sein Blick auf den Ring an seinem Finger.
»Sning!« sagte er glücklich. »Warnst du mich, wenn ich anfange, die Konzentration zu
verlieren?«
Druck.
Dankbar ließ er sich auf eine Parkbank sinken. Oh, wie seine Beine diese Ruhepause
genossen!
Fünfzehn Minuten später verpaßte ihm Sning einen ordentlichen, harten Doppeldruck. Norton
schreckte hoch. »Danke, Sning«, sagte er. »Das habe ich gebraucht. Weiter so.«
Auf diese Weise hielt er durch bis 8.00 Uhr. Dann erhob er sich und ging noch ein wenig umher. Er
mußte bis kurz nach fünf durchhalten; die Hälfte hatte er immerhin schon geschafft.
Er entdeckte einen weiteren Dämon und ging ihm aus dem Weg. Die durchkämmten wirklich das ganze
Gebiet! Zum Glück war es für sie ein Hindernis, sich rückwärts bewegen zu müssen. Doch am
dichtesten würden sie sich wahrscheinlich am Zeitpunkt und Ort der Neutralisation der Pille
scharen; wie sollte er dorthin kommen, ohne von ihnen erwischt zu werden?
Langsam wurde es schwieriger, die Zeitbahn aufrecht zu halten. Er mußte sich immer stärker
konzentrieren, um die schwächer werdende Kraft der Sanduhr auszugleichen. Er hatte das Gefühl,
als
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