Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
verlor und auf
ihren Skiern ins Taumeln geriet. Sie schoß direkt durch eine Feuersäule hindurch; diesmal
schmerzte ihr Gesicht, und ihr Haar fing Feuer. Niobe schleuderte die Skistöcke beiseite und
sprang in den Schnee, um ihren flammenden Kopf zu löschen. Die Skier verkreuzten sich, und so
wurde aus ihrem Hechtsprung eine gewaltige Bauchlandung. Der Schnee war hart, fest wie Eis mit
einer weißen Puderschicht. Nun glitt sie völlig außer Kontrolle auf dem Bauch den Abhang
hinunter. Eines ihrer Beine hatte sich verdreht, und sie spürte, wie der Schmerz es
durchschoß.
Dann begann sie zu rollen, ihre Skier rissen sich los, sie verlor einen Schuh dabei, so daß ihr
Fuß nun nackt war. Der Abhang wurde immer steiler, wurde zu einer Klippe... sie stürzte... in den
See. Das Eis brach, und sie tauchte ein. Das eisige Wasser war ein Schock. Niobe versuchte, an
die Oberfläche zu schwimmen, doch schon war sie unter die Eisdecke abgetrieben worden und stieß
von unten mit dem Kopf dagegen. Sie öffnete den Mund, um zu schreien und schluckte Wasser.
Schon drohte ihr Bewußtsein zu schwinden, doch es gelang ihr, sich noch auf eines zu
konzentrieren: die Fäden. Sie riß einen davon aus der Tasche und schleuderte ihn so gut sie
konnte empor. Plötzlich bewegte sie sich nach oben. Sie durchstieß die Eisdecke, ohne sie zu
zerbrechen, und landete mit beiden Beinen auf der Oberfläche. Dank der Magie war es ihr gelungen,
den Ertrinkungstod zu vermeiden.
Sie blickte sich um. Das Eis vermochte ihr Gewicht an dieser Stelle zu tragen. An der Seite lag
ein einzelner Ski, der ihr bei ihrem Absturz gefolgt war; der andere schien im Schnee des Abhangs
verlorengegangen zu sein. Ein Skistock trieb im offenen Wasser, wo sie die Eisdecke durchbrochen
hatte. Ihr nackter Fuß fror, sie war zwar nur im Geiste hier, doch dieser Unterschied war nur
ihrem Verstand klar. Sie fühlte alles ganz genauso, als wäre sie in ihrem wirklichen Körper
gewesen. Nun hatte sie den Beweis dafür, daß jene, die in der Hölle litten, von wirklichen Qualen
gepeinigt wurden.
Niobe musterte ihre Fadensammlung. Die war um einiges geschrumpft. Denn während des Sturzes hatte
sie sich selbst gleich mehrere Male vernichtet! Jetzt war sie wieder mächtig im Rückstand.
Sie humpelte über das Eis und hustete den Rest des Wassers aus, den sie eingeatmet hatte. Dann
hob sie den einzelnen Ski auf und stellte fest, daß es der falsche war; sie hatte den linken Ski
gefunden, während doch ihr rechter Schuh verloren gegangen war. Zu allem Überfluß hatte sie sich
den rechten Fuß auch noch verstaucht, so daß Skifahren wahrscheinlich ohnehin allzu mühsam
gewesen wäre. Sie verwendete den Ski als Stock und begann, sich den nächsten Abhang
emporzuziehen, der ihr begehbar erschien. Es würde lange dauern, bis sie über den Klippenrand
hinausgestiegen war, um den anderen Ski mit ihrem fehlenden Schuh zu finden, doch es blieb ihr
keine andere Wahl.
Mühsam kämpfte sie sich empor. Ihr nackter Fuß schmerzte im Schnee, schon bald wurde er taub, was
kein gutes Zeichen war. Sie versuchte sich zu beeilen, doch auch ihr linkes Bein hatte einige
Prellungen abbekommen, wie sich nun heraus stellte, und jede Hast war unmöglich. Wie um alles
noch zu verschlimmern, kam Wind auf, der beißend durch ihre dünne Kleidung fuhr.
So würde sie es nie schaffen! Sie seufzte und tastete nach einem weiteren Faden. Den warf sie dem
Klippenrand entgegen und folgte ihm empor. So hatte sie sich vielleicht eine halbe Stunde
mühsamen Fußmarsch erspart, aber noch einen weiteren Faden verloren. Plötzlich ragte eine weiße
Gestalt vor ihr auf - ein Schneemensch!
»Verdammt!« fluchte sie. Sie hieb mit dem Ski nach dem Ungeheuer. Das Holz fuhr ohne Widerstand
durch die Gestalt hindurch. Niobe wurde vom Schwung mitgerissen und stürzte zu Boden. Wieder eine
Illusion!
Sie stand wieder auf und stapfte weiter, bis sie ihre eigene Gleitspur am Abhang wiedergefunden
hatte. Dieser folgte sie empor und entdeckte endlich den fehlenden Ski mit dem Schuh. Sie eilte
darauf zu und stürzte prompt in ein Loch.
Es war nur eine Eismulde, doch sie brauchte zwei weitere Fäden, um wieder herauszukommen. Dann
schlurfte sie zu ihrem Ski herüber, löste ihren Schuh, schüttelte den Schnee heraus und legte ihn
an. Der Strumpf war fort. Es machte kaum noch einen Unterschied; ihr ganzes Bein fühlte sich
inzwischen an wie ein Stück totes Holz.
Wohin nun? Sie mußte einen Ausweg
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