Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3

Titel: Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
Vom Netzwerk:
mußte, denn mit seiner Einwilligung
zur Heirat hatte er sich ja auch verpflichtet, dem Vater auf den Thron zu folgen. Er würde der
nächste Radschah sein, und ihm standen nur drei Jahre zur Verfügung, sich auf dieses Amt
vorzubereiten. Er verständigte sich in seinem Singsang, um sein Stottern vergessen zu machen. Und
wenn jemand auch den Singsang belustigend fand, so hütete er sich, seine Meinung offen zu zeigen;
denn der Radschah hatte einen Befehl erlassen, der jeden mit Tod durch Enthaupten drohte, der
sich über die Sprachgewohnheiten eines anderen belustigte. An einem Tag hatte Mym den Palast
verlassen. Als er über den Marktplatz schritt, lachte ein Mann über die Bemerkung eines Nachbarn,
die vermutlich nichts mit dem Prinzen zu tun hatte. Dennoch war eine Kavallerieschwadron in die
Menge geprescht, hatte die niedergeritten, die nicht schnell genug beiseite springen konnten, und
dem Mann, der gelacht hatte, auf der Stelle den Kopf abgeschlagen. Von dem Tag an fand niemand
mehr etwas lustig, ganz gleich worum es ging, wenn der Prinz sich in der Nähe aufhielt.
Um Gudscherat war es nicht zum Besten bestellt.
Viele Menschen waren arm, besonders in den niederen Kasten herrschte Hungersnot. Dafür gab es
zwei Gründe: Eine große Trockenheit in der Zentralregion hatte die dortige Reisernte vernichtet,
und in der Küstenregion wuchs die Überbevölkerung. Schon bei einer guten Ernte wäre es schwierig
gewesen, alle diese Mäuler zu stopfen. Nach der Mißernte war es vollends unmöglich.
Mym reiste mit dem fliegenden Teppich in die am ärgsten betroffenen Gebiete. Dort sah er viele
Menschen, die auf der Straße lagen. Sie fanden keine Arbeit und wußten nicht, wohin sie sich noch
wenden sollten. Bedienstete des Königs teilten an öffentlichen Plätzen Suppe aus, doch die war
dünn und sättigte nicht. Sie verlängerte nur das Leben der Ärmsten, änderte aber nichts an ihrer
Not. Die Suppenverteilung erfolgte geordnet und ohne Bevorzugungen, doch leider war einfach nicht
genug Suppe vorhanden.
Mym dachte an die zwei Jahre, die er im Palast gefangengehalten worden war. Dort hatte man ihm
die erlesensten Köstlichkeiten vorgesetzt, die er damals nicht zu würdigen gewußt hatte. Auch
seinen Bediensteten und Konkubinen hatte es an nichts gemangelt. Beim Anblick dieser Armut jedoch
verflucht er sich für seinen Eigensinn. Er hatte sein Königreich vernachlässigt, als diese
schlimme Lage vielleicht noch aufzuhalten gewesen wäre. Hätte er sich früher seiner Pflichten
erinnert, hätte er die allgemein Not lindern oder sogar rückgängig machen können. Wie viele gute
Menschen waren den Hungertod gestorben, während der Prinz seinen Vater mit der Weigerung geärgert
hatte, seine Pflichten als Thronfolger anzuerkennen.
Während er stand und die herrschende Not betrachtete, entdeckte er eine Gestalt, die zwischen den
Sterbenden herumlief. Er winkte dem Minister, der ihn begleitet hatte. Der Mann eilte herbei.
»Wer ist das dort drüben?« wollte Mym von ihm wissen.
Der Minister starrte auf die Stelle, auf die der Prinz zeigte, und machte eine unglückliche
Miene. »Wen meint Ihr denn, edler Prinz? Ich sehe nur die, die auf der Straße zum Sterben
liegen.«
»Ich meine den Mann in dem pechschwarzen Umhang«, sang Mym.
Der Minister strengte seine Augen an und runzelte endlich die Stirn. »Ich kann nirgendwo einen
solchen Mann entdecken.«
Mym hatte genug von ihm. Er marschierte los, und der Minister eilte ihm nach. Der Prinz schritt
auf den Mann mit dem Umhang zu, der sich gerade über eine Pritsche beugte, auf der ein Sterbender
lag. »He, Ihr da!« rief er. »Zeigt Euch!«
Die Gestalt beachtete ihn nicht. Empört über diese Mißachtung, stellte sich Mym direkt vor dem
Fremden auf und sah ihm ins Gesicht. »Sprecht, oder ich lasse Euch in ein Loch werfen!«
Langsam hob die Gestalt den Kopf. Unter der Kapuze erschien ein Gesicht, das unfaßbar
ausgemergelt war. Ein wirklicher Totenschädel mit tief eingesunkenen Augen und hervorstehenden
Zähnen. »Ihr könnt mich sehen?« fragte der Fremde.
Mym witterte eine neue Unverschämtheit und trat wütend einen Schritt zurück, bevor er erkannte,
daß dieser Mann unmöglich ein Normalsterblicher sein konnte.
»Natürlich sehe ich Euch! Ich will jetzt endlich von Euch wissen, wer Ihr seid und was Ihr hier
zu schaffen habt!«
Die tief in den Höhlen liegenden Augen konzentrierten ihren Blick auf den Prinzen, und die
Mundöffnung klaffte

Weitere Kostenlose Bücher