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Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
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viel niedriger als in der Realität. Und das, würde ich sagen, ist doch zweifellos ein positiver Aspekt.«
    »Da ist was dran«, bestätigte Paul.
    »Ja«, mischte sich Dieter ein, »aber die meisten stellen sich im Web doch ganz anders dar, als sie tatsächlich sind. Jeder gibt sich doch am liebsten als Superheld aus. Ein toller Hecht ohne Schwächen, der sich mit dem Leben auskennt. Da hält einen doch jeder Buddie für den perfekten Menschen, den er gern zum Freund hätte.«
    »Buddie?«, Martin hob fragend die Augenbrauen und nippte an seinem Kaffee.
    »So nennt man die Chatpartner«, erklärte Dieter.
    »Für dein Alter weißt du gut Bescheid«, staunte Hartwig.
    »Wen wundert’s?« Michael lehnte sich zurück. »Dieter ist unser wandelndes Lexikon.«
    »Jedenfalls«, fuhr Dieter fort, »kann man so nie ein realistisches Bild von seinem Chatpartner haben. Dazu fehlen viel zu viele Aspekte, um jemanden richtig beurteilen zu können.«
    »Zum Beispiel?«, fragte Paul.
    »Zum Beispiel das Aussehen, die Mimik, wie jemand handelt oder riecht.«
    »Na, das kann unter Umständen ein Vorteil sein«, lachte Hartwig. »Ansonsten hast du sicher recht.«
    »Ich finde es manchmal schon bedenklich, wenn die Kommunikation nur noch auf Geschriebenes reduziert ist.«
    »Ja, ja. Das Internet, Fluch und Segen zugleich«, sagte Martin abschließend, bevor er Hartwig verabschiedete und das Team seine Besprechung fortsetzte.
    »Dieter, was hast du auf der Bank herausbekommen?«
    »Also, das mit den Überstunden, die Tobias erwähnt hat, ist merkwürdig. Laut Anja Schultes Chef hat sie nie Überstunden gemacht. Sie ist jeden Tag pünktlich um fünf gegangen.«
    »Das heißt, dass die liebe Anja Schulte irgendetwas getrieben hat, wovon der Sohnemann nichts wissen sollte.« Michael griff nach der Namensliste auf dem Tisch.
    »Das liegt nahe«, überlegte Martin.
    »Vielleicht hat es was mit dieser Liste zu tun?« Michael überflog die Namen. »Tobias hat doch von verschiedenen Verabredungen gesprochen. Vielleicht hat sie ihre angeblichen Überstunden mit den Leuten auf der Liste verbracht?«
    »Und LS heißt in deiner Fantasie dann Liebe und Sex, oder was?«, zog Paul den Kollegen auf.
    »Wer weiß?«
    »Ja, wer weiß?« Dieter nahm seine Brille ab und putzte sie, während er fortfuhr: » Ich weiß. LS kann viel bedeuten. Es ist zum Beispiel die offizielle Abkürzung vom Landesinstitut für Schulentwicklung. Die verstehen sich als landesweiter Dienstleister für Bildungsplanarbeit und schulische Qualitätsentwicklung. Aber LS steht auch für list segments . Das ist eine Software, ein Dienstprogramm, und davon gibt es jede Menge verschiedene Versionen. Das benutzt man, um sich den Inhalt eines Arbeitsverzeichnisses anzeigen zu lassen. LS ist eines der am häufigsten benutzten Unix-Kommandos.« Er setzte die Brille wieder auf. »Aber, das ist nicht alles. LS kann auch Landwirtschaftssimulator bedeuten.«
    »Landwirtschaftssimulator? So was gibt’s doch nicht. Das hast du dir jetzt ausgedacht«, mutmaßte Paul.
    »Ob du’s glaubst oder nicht, das gibt es tatsächlich. Außerdem wird auch der Landesbetrieb Straßenwesen mit LS abgekürzt. Und wahrscheinlich gibt es noch jede Menge andere Bedeutungen für LS. Leider kenne ich sonst keine.«
    »Dieter«, Michael blickte ihn staunend an, »du bist echt der Knaller.«
    »Ich nehme das mal als Kompliment.«
    »Unbedingt.«
    Martin schmunzelte. »Ich würde sagen, wir reden schnellstmöglich mit Tobias und sehen dann, ob der Landwirtschaftssimulator infrage kommt, was immer das auch ist. Bevor ich nach Hause fahre, schaue ich bei ihm rein«, beschloss Martin und nahm die Liste an sich. »Was wissen wir sonst noch?«
    »Ich habe mir die Telefonverbindungsnachweise angesehen«, meldete sich Paul zu Wort. »Und eine Nummer gehört zu einem Udo Gleisinger. Vielleicht ist das der Udo, der am Todestag noch bei Frau Schulte war.«
    »Sehr gut, dem Herrn statten wir einen Besuch ab. Wo wohnt er?« Martin war voller Tatendrang.
    »In Mainz. Hier ist die Adresse.«
    »O.k., dann fahren wir jetzt da hin. Michael, du kommst mit mir. Und du, Paul, siehst bitte die Mails durch. Wenn du was Interessantes findest, ruf mich an, sonst fahre ich gleich weiter zu Tobias.« Martin stand auf.
    »Bevor du dich in neue Ermittlungen stürzt, hab ich noch Ergebnisse, was Bielmann angeht«, sagte Dieter schnell und kramte eine Liste hervor. »Hier sind die Daten, die wir aus Flensburg vom KBA bekommen haben. In

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