Innerste Sphaere
nur Minuten.
Jedenfalls war es nicht lang genug gewesen.
Als der Mond den Himmel überquert hatte, ließ Malachi mich los und erinnerte mich daran, dass wir am Morgen aufbrechen wollten. Er war einsilbig, als wäre nur ein Teil von ihm von seiner Reise über die Stadtmauer zurückgekehrt. Sobald wir die Treppe betraten, fing er wieder an, unnötigen Körperkontakt zu vermeiden. Es war, als wäre eine Barrikade zwischen uns, die ich gebaut hatte, um mich zu schützen, und die ich jetzt nicht mehr so einfach umgehen konnte.
»Auf, auf.« Ana trat gegen das Feldbett. »Ich kann nicht glauben, dass ich dir mein Bett überlassen habe. Du hast es kaum benutzt. Ich dachte schon, du wärst in der Dusche ertrunken.« Mühsam machte ich ein Auge auf und sah gerade noch, wie Ana meine Klamotten auflas, die ich nach einer kurzen, kalten Dusche hingeworfen hatte. Sie rümpfte die Nase. »Die riechen nach Malachi.«
Ich vergrub meinen Kopf im Kissen. »Wie weit ist es nach Harag?«, fragte ich verzweifelt bemüht, die Unterhaltung in andere Bahnen zu lenken.
Ana warf mit frischer Kleidung nach mir. »Wir kommen bis heute Abend nicht mal bis an den Rand, es sei denn Malachi macht uns Beine. Aber ich glaube, er will diesmal unsere Kräfte schonen.«
Ich zog ein Hemd über den Kopf. »Hey – kannst du mir mal was erklären? Du hast gestern zu Malachi gesagt, dass ihr euch alle Mühe gegeben habt, mich aus der Zone fernzuhalten.«
»Och. Das könnte ich. Aber dann würde Malachi gemein werden. Und der Junge hat eine spezielle Begabung für einfallsreiche Gemeinheiten.«
»Komm schon, Ana«, jammerte ich. »Nenn es Heimlichkeiten unter Mädchen. Du kriegst hier nicht viel Mädchenkram ab, stimmt’s?«
Ana sah mich argwöhnisch an. »Du sagst ihm nicht, dass ich es dir erzählt habe?« Ich schüttelte den Kopf, während ich eine Hose anzog. »Okay. Aber glaub mir, ich habe auch Begabungen, zum Beispiel verstehe ich mich darauf, Leute mit spitzen Dingen an ihren Schwachstellen zu treffen.«
Sie zog ein Messer aus dem Nichts, ließ es zwischen den Fingern herumwirbeln und steckte es genauso schnell wieder weg. »Malachis Mission Nummer eins seit den jüngsten Morden an Wächtern ist, das Mazikin-Nest zu finden. Er arbeitet seit Wochen daran. Zweimal wurde er deswegen schwer verwundet. Es beherrscht ihn komplett. Und du, mit deinem Gefängnisausbruchspielchen, hast ihm die beste Chance, die er je hatte, geboten, es zu finden.«
»Weil Sil mich dort hinbringen wollte.« Plötzlich von Übelkeit überwältigt, führte ich meine Hand zum Bauch. Er fühlte sich seltsam hohl an.
»Genau. Malachi hätte dich nur bis zum Nest verfolgen müssen und wir hätten sie gefunden.«
»Warum hat er es nicht getan?«
Ana scharrte mit den Füßen und zögerte. »Schau, Lela, ich mag dich irgendwie, also tut es mir ein bisschen leid, dass ich Malachis Entscheidung nicht billige. Das war seit einer Ewigkeit die einzige Chance zu sehen, wo sie die Leute hinbringen.«
»Jaja, den Teil hab ich kapiert. Warum hat Malachi diese Gelegenheit nicht genutzt?«
»Weil er dich nicht mehr rausbekommen hätte. Wir wissen nicht, wie viele Mazikin im Nest sind, aber ihr Bestand ist im letzten Jahr rapide gewachsen. Sil und Ibram – und bis vor ein paar Tagen auchJuri – sind in dieser Zeit sehr stark geworden. Sie rekrutieren jetzt aggressiv, als würden sie eine Offensive vorbereiten. Wir wären total in der Unterzahl gewesen, besonders weil wir kein ganzes Aufgebot an Wächtern mitnehmen konnten – Sil hätte dich getötet, sobald er uns gehört hätte. Da wir also nur zu zweit waren, wäre die einzige Möglichkeit gewesen, tatenlos zu beobachten, wie du in das Nest gehst.«
»Hättet ihr nicht Verstärkung anfordern können, nachdem ihr das Nest gefunden hättet?«
»Ich sagte doch, wie weit Harag weg ist. Es hätte mindestens einen ganzen Tag gedauert.«
Ich erinnerte mich, wie seltsam die Mazikin mich behandelt hatten. Im Grunde hatten sie sich auf ihre megagruslige Art um mich gekümmert. »Sie waren nicht grausam oder so. Sie haben mich ja nicht gefoltert. Ich wäre vielleicht ein, zwei Tage klargekommen.«
Ana sah mich mitleidig an. »Malachi hat dir nicht gesagt was sie tun, oder? O Gott, er hat sie nicht mehr alle. Lela. Schatz.
Natürlich
waren die Mazikin nicht grausam. Sie lieben solche, die aussehen wie du. Schön und stark. Sie hätten wirklich gut für dich gesorgt. Bis zu dem Moment, in dem sie dich auf einen Tisch gefesselt
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