Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
das denn nicht verstehen? Ihr würdet doch genauso handeln!«
Das Heulen von Polizeisirenen wurde hörbar. Ein Leiterwagen bog in die Dorfstraße ein und holperte langsam näher, gefolgt von einem Streifenwagen.
»Schau an, Doktor Wegner hat also tatsächlich angerufen«, sagte Pippa fast erleichtert.
»Das ist der Hippokratische Eid. Der muss das tun«, entgegnete Martha Subroweit mit deutlichem Bedauern in der Stimme.
Ernie Wisswedel zuckte mit den Schultern und hob beide Hände. Mit seinen roten Pausbacken sah er aus wie ein großer Gartenzwerg, als er den finalen Kommentar abgab: »Nu ist die Palle alle.«
Epilog
E s geht los!«, rief Ernie Wisswedel aufgeregt.
Sofort scharten sich alle Besucher in Hilda Krauses proppenvoller Ade-Bar um den großen Monitor, auf dem ein animierter Storch quer übers Bild flog. Im Schnabel trug er kein Tuch mit einem Baby, sondern ein beschriftetes Banner: +++ Sondersendung +++ Bürgermeisterwahl Samtgemeinde Storchendreieck +++ Sondersendung.
»Guten Abend, meine Damen und Herren, es ist achtzehn Uhr, und wir begrüßen Sie herzlich zur ersten Sendung von Ciconia TV, dem einzigen Sender aus der Region – für die Region!«, verkündete eine Männerstimme, die durch den Beifall von Hildas Gästen beinahe übertönt wurde.
Der gezeichnete Storch verschwand vom Bildschirm, und stattdessen erschien Sebastian Brusche in der zu einem improvisierten Studio umgebauten Eingangshalle des Storchenkrugs. »Guten Abend, liebe Zuschauer daheim und beim Public Viewing in der Ade-Bar, im Getränkemarkt von Storchentramm und im Geräteschuppen der Freiwilligen Feuerwehr Storchhenningen sowie auf den Wahlpartys in der Werkshalle von Lüttmanns Lütte Lüd und nebenan in der Schankstube des Storchenkrugs! Mein Name ist Sebastian Brusche. An diesem herrlichen Septembersonntag begrüße ich Sie ganz herzlich zur ersten Sendung von Ciconia TV. Vor einer Minute haben die Wahllokale geschlossen, und wir dürfen gespannt sein auf die erste Hochrechnung.«
Sein Gesicht wurde ernst, als er fortfuhr: »Dieses Jahr war für das Storchendreieck ein Jahr der Umwälzungen. Unsere gesamte Region trauert um unsere beliebte Mitbürgerin Christabel Gerstenknecht, die im Alter von einhundertundeinem Jahr so plötzlich und unerwartet starb. Unser tiefempfundenes Mitgefühl gilt ihrer Familie und allen Hinterbliebenen.«
Verschiedene Bilder einer gigantischen Trauergemeinde wurden gezeigt; unter anderem eins von der schwarzgekleideten Mandy Klöppel, die an einem offenen Grab stand und unter Tränen eine Rede hielt. Die Gäste der Beisetzung trugen Gartenzwerge statt Blumen in den Händen.
»Es wird allgemein angenommen, dass die mörderischen Zeiten im März und April diesen Jahres, als sich eine Doppelkopfrunde aus prominenten Persönlichkeiten der Region gegenseitig auslöschte, bei unserer Grande Dame des Storchendreiecks ihren Tribut forderten und letztendlich auch sie das Leben kosteten.«
Brusche räusperte sich, um seine Rührung zu überspielen, und fuhr fort: »Alle Mitbürger atmeten auf, als endlich der erste Storch des Jahres wie eine Friedenstaube in Storchwinkel landete und Normalität ins Dorf zurückbrachte.«
Ein Amateurfilm mit einem winzigen nasebohrenden Gartenzwerg in der linken unteren Ecke zeigte eine strahlende Martha Subroweit, die Kusshände hinauf zum Nest auf ihrem Hausdach warf, in dem sich ein stattlicher Storch niedergelassen hatte.
»Außerdem haben wir einen Zuzug aus Salzwedel zu verzeichnen«, sagte Brusche, als er wieder ins Bild kam. »Exkommissar Paul-Friedrich Seeger, den wir alle während seiner Ermittlungen in den bereits erwähnten Todesfällen kennen- und schätzenlernten, wurde von der Bevölkerung Storchwinkels mit offenen Armen aufgenommen.«
Ein Foto mit der Aufschrift »Archivbild« zeigte Seeger in Manchesterhose und Karohemd, auf einen Spaten gestützt, im Vorgarten des ehemaligen Hauses von Waltraut Heslich, in dem nichts mehr an die formale Strenge der Buchsbaum-Zinnsoldaten erinnerte, die seine Vorbesitzerin so geschätzt hatte. Stattdessen blühten üppige Stauden mit Sommerflieder um die Wette.
»An einem Tag wie heute ist unser Blick nach vorne gerichtet«, moderierte Brusche weiter, »denn es entscheidet sich, von wem die Samtgemeinde Storchendreieck in Zukunft regiert wird: von Mandy Elise Klöppel, die ihren Wählern eine familien- und umweltorientierte Regionalpolitik verspricht, oder von einer geschäftstüchtigen Doppelspitze aus Zacharias
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