Ins Leben zurückgerufen
Frau zu sein. Als die Bush Westropps Antwort zu Kohler in die Zelle brachte, brach ein Streit zwischen den Frauen aus – es kann wegen des Briefs, es kann aus einem anderen Grund gewesen sein –, es kam zu Handgreiflichkeiten, und Daphne Bush wurde getötet.«
»Warten Sie«, sagte Hiller. »Ich habe das ganze Beweismaterial gelesen. Da war kein Brief, der in der Zelle gefunden worden war.«
»Ich glaube, daß Mrs. Friedman ihn kassierte, zusammen mit allem anderen, aus dem hervorgegangen wäre, daß sich zwischen der Bush und der Kohler etwas abspielte. Teilweise, um den Ruf einer Kollegin zu schützen, teilweise, weil es in ihren Augen keine mildernden Umstände gibt, wenn ein Häftling eine Wärterin umbringt.«
»Das hat sie zugegeben?«
»Sie gibt gar nichts zu. Sie ist eine sehr vorsichtige Frau. Wieviel sie wirklich weiß – ich möchte es nicht sagen müssen. Ich wette, nicht allzu viel. Ich glaube, sie wurde wirklich sauer, als ihre Freundin anfing, der Kohler schöne Augen zu machen, und es kam zum Streit. Sie hat den Mund nicht aus Prinzip gehalten, als der Kohler der Prozeß gemacht wurde, sondern aus einem besonderen Haßgefühl heraus. Es machte ihr ein teuflisches Vergnügen, ihr Scherflein dazu beizutragen, daß die Kohler ein zweites Mal zu lebenslänglich verurteilt wurde.«
»Warum ist aber Miss Marsh überhaupt zu Cissy Kohler gegangen?« fragte Trimble. »Waren sie befreundet? Oder hat sie es aus rein altruistischen Motiven getan?«
»Das bezweifele ich«, sagte Pascoe. »Sie kam mir wie jemand vor, der weiß, wie man sein Schäfchen ins trockene bringt.«
»Was veranlaßt Sie zu dieser Bemerkung?« fragte Hiller.
»Man braucht sie sich doch nur anzusehen! Da wohnte sie in ihrer Nobelwohnung wie in Abrahams Schoß, nur weil Partridge ihr ein Kind gemacht hat und sie ihm die Schlinge um den Hals gelegt hat!« rief Pascoe aus. »Das habe ich Ihnen doch gerade alles erklärt.«
»Ja, haben Sie«, sagte Hiller. »Und es will mir nicht aus dem Sinn. Ihre Quelle ist ein alter Waliser, sagen Sie, der in einem der Dörfer wohnt, die zum Gut gehören?«
»Richtig.«
»Trauen Sie keinem Waliser, Mr. Pascoe«, sagte Hiller fast scherzend. »Der Pathologe hat Mr. Dekker noch etwas gesagt. Miss Marsh sei mit Sicherheit keine Jungfrau gewesen. Aber ebenso sicher habe sie nie ein Kind gehabt.«
Pascoe war sprachlos, und bevor er sich erholen konnte, hieb Trimble in die Kerbe: »Vielleicht ist die Marsh ja wegen des Bluts zur Kohler. Vielleicht hat sie ihr ja angeboten, auszusagen, und das hat bei der Kohler den Wunsch geweckt, aus der Haft entlassen zu werden.«
»Warum hat sie so lange damit gewartet?« fragte Pascoe.
»Vielleicht hat es ihr seit Jahren auf dem Gewissen gelegen, und sie hat sich eingeredet, daß es keinen Unterschied macht. Und als sie dann zufällig in Beddington College arbeitete, keine acht Kilometer vom Gefängnis entfernt, kam die Sache wieder an die Oberfläche. Wie die Kohler dann die Bush umbrachte, war das für die Marsh nur die Bestätigung, daß das erste Urteil doch richtig gewesen war.«
Es ergab durchaus Sinn, mit Sicherheit mehr als seine eigenen Theorien.
Trimble kam zum Ende seiner Ausführungen. »Wenn sich die Grundlage Ihrer Schlußfolgerungen als falsch herausstellt, dann ändern Sie die Schlußfolgerungen. So lautet eine der Grundregeln der kriminalistischen Arbeit, Mr. Pascoe.«
Im Kopf vernahm Pascoe eine andere Stimme. »Junge, wenn du dir sicher bist, daß du richtig angekommen bist, wen interessiert es dann verdammt noch mal, daß du vom falschen Punkt aus losgegangen bist?«
Hiller stand auf. Trimble fragte: »Wollen Sie sich noch mit mir unterhalten, Geoff ?«
Grau und müde schüttelte der DCC den Kopf.
»Ich glaube, lieber nicht. Unter den gegebenen Umständen. Mr. Pascoe, danke.«
Er ging.
Trimble sagte: »Nun, Peter, es sieht so aus, als ob derselbe Engel, der Andy Dalziel seit Jahren beschützt, auch Sie unter seine Fittiche genommen hat. Aber seien Sie gewarnt. Es gibt Leute, die warten nur darauf und sind auch dazu in der Lage, Engel vom Himmel zu holen, wenn sie es für nötig halten.«
Eine seltsame Bemerkung. Aber Pascoe hörte gar nicht richtig zu. Er sah die Tür an, die sich gerade hinter Hiller geschlossen hatte, und fragte sich, warum er das Gefühl hatte, gerade einen Mann erlebt zu haben, der seine eigene berufliche Karriere zerstört.
Zehn
»Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf,
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