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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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etwas dran ist, war Mickledore einer noch größeren Täuschung als Tallantire erlegen. Und er verschlimmerte seinen Fehler durch den Druck, den er auf die Polizei ausübte, in höchstem Tempo zu arbeiten und die Unannehmlichkeiten für seine Gäste minimal zu halten.
    Nur ein Narr versucht ein Maultier oder jemanden, der aus Yorkshire gebürtig ist, zur Eile anzutreiben.
    Tallantire stellte auf stur und bestand darauf, jeden Erwachsenen auf Mickledore Hall ausführlich zu befragen.
    Die Gäste, deren Zimmer alle auf demselben Flur lagen, konnten ihm nur wenig weiterhelfen. James Westropp, Jessica Partridge und meine Mutter waren rasch eingeschlafen. Die beiden Frauen erinnerten sich daran, die Stalluhr noch Mitternacht schlagen gehört zu haben, aber Westropp war so müde gewesen, daß noch nicht einmal dieser Lärm ihn gestört hatte. Unten hatten Partridge und Mickledore gleichermaßen ungestört Billard gespielt, während Rampling nach Amerika telefoniert hatte und mein Vater über das Gutsgelände gewandert war.
    Tallantire knöpfte sich das nächste Stockwerk vor. Hier, direkt über den Gästen im ersten Flur, waren die Kinder und ihre Kindermädchen untergebracht, während nach hinten die Gilchrists, Butler und Wirtschafterin, ihre Wohnung hatten.
    Cissy Kohler war nicht in der Lage, eine Aussage zu machen. Sie war so verstört, daß sie kaum ein Wort herausbrachte, ohne daß ihr die Tränen kamen. Man erklärte sich ihren Zustand damit, daß ihr die Zwillinge, die ihre Mutter verloren hatten, so nahestanden. Miss Marsh hingegen war wie immer die Ruhe in Person. Sie hatte eine heftige Nasenprellung, und als Tallantire seine Befragung mit einer diesbezüglichen Bemerkung eröffnete, erklärte sie, daß sie etwas in der Nacht geweckt habe, ein Geräusch, und da sie angenommen habe, es komme von einem der Kinder, sei sie im Dunklen aus dem Bett gesprungen. Unglücklicherweise habe sie dabei vergessen, daß sie nicht in ihrem Zimmer auf Haysgarth war, dem Familiensitz der Partridges, und sei genau in einen Kleiderschrank gelaufen. Da ihr Zimmer fast genau über der Waffenkammer lag, wurden Zeitpunkt und Art des Geräuschs wichtig. Sie konnte jedoch nur sagen, daß es ein einmaliges Geräusch gewesen war, das sich nicht wiederholte, daß es nicht, soweit sie feststellen konnte, von den Kindern stammte und daß es sie nicht lange vor dem mitternächtlichen Schlagen der Stalluhr geweckt hatte.
    Die Gilchrists hatten nichts gehört, und der Butler hielt nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg, daß die Dinge in der Vergangenheit besser bestellt waren, als kein Polizist unter dem Rang eines Polizeipräsidenten das Gutshaus durch den Haupteingang betreten durfte.
    Die anderen im Haus wohnenden Dienstboten, Mrs. Partington, die Köchin, und Jenny Jones und Elsbeth Lowrie, die beiden Hausmädchen, die ihre Quartiere im obersten Stock hatten, waren weniger hochnäsig, aber kaum hilfsbereiter. Jenny Jones, einem hageren Mädchen in wohlgestärkter Uniform, gelang es, den Eindruck zu erwecken, mehr zu wissen, als sie zu sagen bereit war, aber Tallantire ging davon aus, daß sie sich nur aufspielte, um sich interessant zu machen.
    Die Verhöre hatten ein gut Teil des Sonntags in Anspruch genommen. Man kann sich vorstellen, welche Schadensbegrenzungsmaßnahmen auf der Achse Westminster–Buckinghampalast getroffen wurden. Bis jetzt waren die Medien fast vollständig im dunkeln gelassen worden. Die Sonntagszeitungen waren natürlich voll von Stephen Wards Tod und ließen sich die Chance nicht entgehen, die ganze traurige Geschichte und die dazugehörigen Gerüchte noch einmal kräftig durchzukauen. Die wildesten Gerüchte rankten sich um die Identität des, wie man ihn nannte, Mannes mit der Maske und des Mannes ohne Kopf. Bei ersterem handelte es sich um eine Gestalt, die, bis auf eine Ledermaske nackt, auf präorgiastischen Banketten als Kellner auftrat und die Gäste aufforderte, ihn zu bestrafen, wenn sein Service nicht einwandfrei war. Mit letzterem war die Fotografie eines nackten Mannes gemeint, dessen Kopf durchgestrichen war. Bei der Boulevardpresse rangierte Thomas Partridge zusammen mit den meisten seiner Kollegen als Kandidat für beide Rollen. Ein Grund, warum Partridge sehr bemüht war, sich schnellstens von dem neuen Skandal zu distanzieren. Am Montagmorgen, als die Polizei ihre Arbeit im Gutshaus wieder aufnehmen wollte, hatte die Familie Partridge gepackt und war zur Abreise bereit.
    Er könne nicht weg,

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