Insel der glühenden Sonne
Einige Sträflinge saßen wegen Trunkenheit hinter Gittern, es hatte einen Ausbruchsversuch in der Frauenfabrik und eine Protestversammlung vor dem Sitz des Gouverneurs gegeben, weil es Franklin anscheinend nicht gelang, die Schwarzen aus der Umgebung der Stadt fern zu halten. Man ließ die Leute in Ruhe, weil der Gouverneur und seine Frau mit Freunden eine Segeltour machte.
Als das Wort Vergewaltigung fiel, runzelte Hippisley die Stirn und griff zögernd zum Federhalter. »Handelt es sich um einen Mann oder eine Frau?«
»Eine Frau natürlich! Männer werden nicht vergewaltigt. Es geht um ein junges Mädchen. Wir kennen den Schurken und möchten Sie bitten, ihn umgehend zu verhaften. Es geschah auf der Warboy-Farm, die meinem Vater gehört, der übrigens ein persönlicher Freund des Gouverneurs ist. Wir würden es angesichts der heiklen Lage zu schätzen wissen, wenn die Sache so diskret wie möglich behandelt würde.«
»Ich verstehe. Aber sind Sie sicher, dass es sich um eine Vergewaltigung handelt?«
»Ganz sicher. Es kann kein Zweifel bestehen, das wird mir jeder Arzt bestätigen.«
»Ist es eine weiße Frau? Ich meine, die Schwarzen sind …«
»Ja, ein unschuldiges Mädchen. Bei Gott, ich würde nicht im Traum auf die Idee kommen, mich leichtfertig bei Ihnen zu beschweren. Die Angelegenheit ist wirklich ernst.«
»Und Sie kennen den Mann, der das Verbrechen begangen hat?«
»Gewiss, aber ich möchte, dass Sie sich darum kümmern, schließlich vertreten Sie das Gesetz. Ich habe ihn nicht darauf angesprochen, damit er sich in Sicherheit wiegt, bis Sie eintreffen.«
»Und wer ist dieser Gentleman?«
»Er ist kein Gentleman, sondern ein Sträfling, den man unserer Farm zugeteilt hat.«
Nur ein Sträfling, dachte Hippisley erleichtert.
Da sich die Warboys in illustren Kreisen bewegten, hatte er schon befürchtet, es könne sich um einen der lebenslustigen Offiziere handeln, die gern junge Damen in der Öffentlichkeit begleiteten. Es kam selten vor, dass ein Mädchen einen Offizier der Vergewaltigung beschuldigte, und wenn, wurden diese Fälle nicht von der Polizei, sondern vom Militär verfolgt. Die Armee hatte große Macht in Van Diemen’s Land.
»Wo ist der Bursche jetzt?«
»Auf der Farm. Völlig ahnungslos.«
»Und die junge Dame?«
»Sie werden ihr dort begegnen. Vielleicht könnten Sie mit meiner Frau und mir Tee trinken, bevor Sie die Verhaftung vornehmen.«
Hippisley richtete sich zu voller Größe auf und blickte auf Jubal herab.
»Ich glaube, das wäre ziemlich unpassend. Ich werde mir die Sache ansehen und dann entscheiden, ob eine Verhaftung angebracht ist. Also keine Alleingänge, Sir. Und ich benötige den Namen der Dame, die behauptet, vergewaltigt worden zu sein.«
»Ist das wirklich nötig? Es muss doch nicht in den Akten erscheinen. Sie werden sie kennen lernen …«
»Den Namen, bitte.«
Warboy hüstelte. »Selbstverständlich. Sie heißt Penelope Warboy.«
»In welcher Beziehung steht sie zu Ihnen?«
Erneutes Hüsteln. »Sie ist meine Tochter.«
»Verstehe. Ich habe noch zu tun. Um sechs Uhr komme ich mit einem Wachtmeister zur Farm. Und, wie gesagt, Tee ist nicht nötig.«
Sean fuhr mit dem Wagen in die Stadt, wo er die Pferde in der Nähe des Hafens im Schatten an ein Geländer band. Dann kaufte er sich für einen Penny vier dünne Stumpen und zündete sich genüsslich einen an. Die Freude währte nicht lang, aber es war guter Tabak. Er nahm einen letzten Zug und warf den Rest widerstrebend auf den Boden. In diesem Augenblick entdeckte er unter den Arbeitern, die sich am Kai versammelt hatten, ein bekanntes Gesicht.
»He, Flo!«, rief er und ging zu der Gruppe hinüber.
»Wie geht es dir? Hab gehört, du hast Prügel bezogen.«
»Ja, das Schwein Harris hat mich von hinten erwischt und mir fast den Schädel zerschmettert. War aber härter, als ich dachte, und ich hab mich schnell erholt. Dafür darf ich jetzt diese Scheißarbeit machen.«
»Was wird das denn?«
»Neue Kaianlagen. Wir stehen den halben
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