Insel der glühenden Sonne
unterhalten hätte.
Sie sah so hinreißend aus, dass es ihm den Atem verschlug; sie war über Nacht vom verwahrlosten Dienstmädchen zur würdevollen Frau im schwarzen Kleid mit Spitzenkragen geworden. Hätte er ihr nur nicht von Glenna erzählt, es war ohnehin sinnlos, Marie musste ihn für einen Narren halten.
Ist er dein Freund?, hatte Penn gefragt.
Marie hatte es rasch verneint, was Sean zu denken gab.
Penn war guter Laune, als Sean gegangen war, die Rolle als Dame des Hauses war aufregend gewesen. Sie hüpfte den Strand entlang, wedelte mit den Armen und drehte sich im Kreis, bis sie fast ins Wasser fiel.
»Schluss mit dem Tanzen, wir gehen zurück.«
»Ich möchte aber bis zum Ende gehen und mir das große Haus anschauen. Die kriegen bestimmt eine Menge Besuch.«
Marie nickte und schlenderte neben ihr her, war in Gedanken aber bei ihrem eigenen Besucher. Sie war glücklich, dass Sean überhaupt zu ihr gekommen war. Hoffentlich hatte diese Glenna ihn vergessen.
»Mr. Shanahan war mein erster Gast«, verkündete Penn. »Sam zähle ich nicht mit. Er ist nur mein Lieferant.«
»Dann müssen wir dem Lieferanten sagen, dass er uns Baumwollstoff für neue Sommerkleider mitbringt.«
»Was ist denn mit diesem hier?«
»Es ist zu eng«, sagte Marie, in Gedanken noch immer bei Sean.
»Schon gut. Aber ich hätte diesmal gern ein weißes Kleid mit viel Spitze, wie Mami immer eins trägt. Und mit bunten Bändern.«
»Was immer du willst«, murmelte Marie, worauf Penn auf den Felshaufen losstürmte, auf den sie immer gern kletterte und sich oben wie eine Königin aufbaute.
Sie würde Penn weiße Kittel nähen, beschloss Marie, die sie mit Spitze verzieren konnte.
Zu ihrem Erstaunen entdeckte sie einen Herrn, der Penn von den Felsen herunterhalf. Ein stämmiger Typ mit dunkler Haut, langer Nase und schnurglattem Haar, der alles andere als angenehm wirkte. Doch sein Hemd, das er am Hals offen trug, war aus Seide, die Hose gut geschnitten und sicher nicht billig. Er trug offene Sandalen, eine ganz neue Modeerscheinung, die ihr selbst gefallen hätte.
»Der Herr wohnt oben im großen Haus!«, rief Penn ihr zu. »Stimmt doch, oder?«
»Ja.«
»Wir wohnen am anderen Ende. Ich bin Miss Warboy, und das ist Marie.«
»Sehr erfreut, die Damen. Darf ich mich vorstellen, immerhin sind wir praktisch Nachbarn.« Er verneigte sich. »Mr. Grover Pellingham zu Ihren Diensten.«
Penn nickte. Sein Haus interessierte sie mehr, sie sah sehnsüchtig hinauf. »Können Sie ganz nach oben auf das Türmchen gehen?«
»Ja, das ist meine Lieblingsaussicht.«
»Können Sie bis Hobart gucken?«
»Nein, aber ich kann mir die Schiffe auf dem Fluss ansehen.«
»Wie herrlich.«
Einen Moment lang fürchtete Marie, Penn werde sich selbst ins Haus einladen, um den Blick zu genießen, und schritt rasch ein. »Miss Penn, wir müssen jetzt zurück, ein Wind kommt auf.«
»Wirklich?«
»Ja.«
Pellinghams Blick wanderte zu Marie. »Es war mir eine Freude, Sie kennen zu lernen, Miss. Vielleicht begegnen wir uns wieder einmal, wenn ich mir die Füße vertrete.«
»Vielleicht«, antwortete sie bemüht freundlich. Sie war ihm bisher noch nie am Strand begegnet.
Auf dem Rückweg war Penn besorgt. »Meinst du, er hat meinen nassen Rock bemerkt?«
»Nein.« Aber dein Bäuchlein, Miss Warboy.
Sie marschierte drauflos. Pellingham, der Richter, der Matt zu weiteren hundert Hieben verurteilt hatte! Und zum Tode!
Die Tränen liefen ihr übers Gesicht.
»Ich hätte Mr. Pellingham zum Tee einladen sollen.«
»Nein, das wirst du nicht tun! Du darfst nie wieder mit ihm reden, sonst sage ich es deinem Großvater. Pellingham ist ein böser Mensch.«
»Er hat aber ein hübsches Haus.«
In dieser Nacht wütete ein Sturm über der Bucht, die Wellen brachen sich am Strand, das Haus zitterte und bebte. Marie bemerkte es kaum. Sie war zu durcheinander und verärgert, weil es ihr nicht
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